Paris.Die Führungen der französischen Staatsbahn SNCF und ihres Infrastrukturbetreibers RFF könnten bald in andere Hände übergehen. Die Pariser „Les Echos“ berichtete über entsprechende Spekulationen in Verbindung mit der zukünftigen Reformstrategie im Bahnbereich. Zu dieser hat sich die neue Regierung von Staatspräsident François Hollande bisher noch nicht geäußert. Führungswechsel an der Spitze staatlich kontrollierter Großunternehmen finden überdies in aller Regel im Anschluss an Präsidentschafts- und Parlamentswahlen in Frankreich statt.
Sollte es diesmal auch bei der Bahn dazu kommen, wird der jetzige SNCF-Chef Guillaume Pepy schon jetzt von vielen Beobachtern als Nachfolger von Henri Proglio als Vorstand des staatlichen Energiekonzerns EDF gehandelt. Pepy steht den Sozialisten nahe und war Kabinettschef der vormaligen Verkehrsministerin Martine Aubry, heute Bürgermeisterin der Stadt Lille und Generalsekretärin der Sozialistischen Partei (PS). Proglio dagegen missfällt der jetzigen Regierung wegen seiner engen Verbindung zu Hollandes Vorgänger Nicolas Sarkozy.
Auch RFF vor Führungswechsel
Die Amtszeit von Hubert de Mesnil, der RFF vorsteht, endet offiziell am 5. September. In Paris fragt man sich, ob sie verlängert werden wird oder nicht. Einige Meinungen tendieren dahin, dass de Mesnil zumindest eine gewisse Zeit lang im Amt gehalten werden dürfte, weil seine Verabschiedung zum jetzigen Zeitpunkt gewisse Schlüsse über die derzeit noch ungewisse Bahnstrategie der Regierung zulassen könnte. Auf deren Bekanntmachung wartet das Land schon seit mehreren Monaten.
Bei den Ende letzten Jahres stattgefundenen „Assises du ferroviaire“, einer Art kollektivem Brainstorming aller am Schienenverkehr interessierten Kreise, hatte sich am Ende eine Übereinkunft dahingehend abgezeichnet, die Trennung des Bahnbereichs in Betrieb und Infrastruktur wieder aufzuheben und sich am entsprechenden Modell der Deutschen Bahn zu orientieren. Für diesen Fall aber würden sowohl Pepy als auch de Mesnil den Chefposten haben wollen. Werden beide Bereiche wieder vereinigt, wird einer der beiden jetzigen Führungskräfte das Nachsehen haben müssen. (jb)