Rietheim-Weilheim. Wenn ein Zug durch seine kleine Ortschaft rauscht, dann fühlt sich Josef Werner (Name geändert) in seine Kindheit zurückversetzt. Er wohnt direkt an Baden-Württembergs seltsamsten Bahnübergang - im schwäbischen Rietheim-Weilheim (Kreis Tuttlingen). Zwei Bahnmitarbeiter ziehen dort vor jedem durchfahrenden Zug rot-weiße Ketten über die Straße. "Ich erinnere mich noch, wie ich als Kind hier vor meinem Elternhaus saß, und der Bahnwärter die Schranken runterkurbelte", sagt der 71-Jährige: "Ungefähr so ist es heute auch wieder, nur dass es eben Ketten und keine Schranken sind." Es sollte lediglich ein Provisorium sein, doch seit über drei Jahren stehen die Wachposten der Bahn schon an den Gleisen in der Ortsmitte der 1.100-Seelen Gemeinde Weilheim - 21 Stunden am Tag im Schichtbetrieb. Und das, obwohl die Erneuerung des Bahnübergangs seit August 2008 fertig ist. "Parallel laufende Arbeiten am Stellwerk in Rottweil sind dafür verantwortlich", sagt eine Sprecherin der Deutschen Bahn. Aus Sicherheitsgründen könne man die beiden Stellewerke nicht parallel ins Netz aufnehmen. Bürgermeister: "Das ist Bürokratie pur" Der Bürgermeister der Doppelgemeinde, Jochen Arno, meint: "Für mich ist das Bürokratie pur". Die ersten Gespräche über die Umbauten begannen bereits im Jahr 2002. Immer wieder mussten die Pläne umgeschrieben und neu genehmigt werden. Man hatte festgestellt, dass große Lastwagen nach dem Bahnübergang nicht ungehindert abbiegen können. "Die Kreuzung musste verbreitert werden, damit kein Lkw auf den Gleisen stehen bleibt." Erst im Sommer 2007 lagen dann die endgültigen Genehmigungen vor. Aus Sicherheitsgründen kamen die Wachposten der Bahn jedoch bereits im Jahr 2006 nach Weilheim.
Seltsamer Bahnübergang: Ketten statt Schranke

Seit drei Jahren ziehen Wachtposten Ketten statt die Schranken runter zu lassen.