Schwerin/Rondeshagen. Die Asbesttransporte zur Deponie Ihlenberg in Nordwestmecklenburg sind vorerst gestoppt. Die Landesregierung Mecklenburg-Vorpommerns habe rechtliche Zweifel, ob Transporte mit den vorgesehenen Sicherheitsmaßnahmen über diese Strecke zulässig sind, sagte Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) am Dienstag nach einer Kabinettssitzung in Schwerin. „Deshalb haben wir beschlossen, ein eigenes Rechtsgutachten in Auftrag zu geben", kündigte Sellering an. Das solle „so schnell wie möglich" geschehen. Die landeseigene Deponie Ihlenberg werde bis zum Vorliegen des Gutachtens keine Asbestlieferungen annehmen. „Wir sind froh, dass die Geschäftsführung unserer Bitte entsprochen hat", sagte Wirtschaftsminister Harry Glawe (CDU). „In den nächsten Wochen wird es keine Transporte geben."
Auch der Bürgermeister von Rondeshagen, Andreas Albrecht, ist erfreut über diesen vorläufigen Aufschub. Seine Gemeinde hatte am Montag beim Verwaltungsgericht Schleswig eine einstweilige Anordnung gegen Transporte auf die Deponie Rondeshagen erwirkt. „Es wäre fatal gewesen, wenn dennoch Laster mit Asbestmüll durch unsere Gemeinde rollen würden", sagte er am Dienstag. Denn es sei zu befürchten, dass die für die Deponie Ihlenberg bestimmten Transporte die Autobahn A1 bei Bad Oldesloe verlassen und über Bundesstraßen Richtung Mecklenburg-Vorpommern fahren könnten, um Autobahnmaut zu sparen, sagte Albrecht.
Der Schleswig-Holsteinische Landtag hatte bereits vor rund zwei Wochen die Aussetzung der Transporte auf die Deponie Rondeshagen bis Mitte Dezember beschlossen, die je zur Hälfte den Ländern Schleswig-Holstein und Hamburg gehört. Das Umweltministerium hatte daraufhin die Deponieleitung gebeten, vorerst keine Asbesttransporte aus Niedersachsen anzunehmen.
Das Schweriner Kabinett berief sich bei seinem Beschluss für ein Gutachten auf eine Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg von 2009. Das Gericht hatte damals unter anderem geurteilt, dass bei der Entsorgung von asbesthaltigem Material hohe Sicherheitsstandards einzuhalten seien und Asbestschlämme nur in sogenannten Big Bags verpackt transportiert werden dürfen. Damals sollte der Asbestschlamm von einer Halde in Wunstorf bei Hannover über eine relativ kurze Distanz nach Hannover-Lahe verlagert werden. Für den jetzt geplanten Transport der 170.000 Tonnen Asbestmüll sind nur mit Planen bedeckte Kipplader vorgesehen, die im günstigsten Fall drei Stunden unterwegs seien. Gegner aus Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein befürchten Gesundheitsgefahren für Anwohner der Strecke und der Deponie durch freigesetzte Asbestfasern.
Der Rechtsgutachter solle nun die Verträge für die Asbestmülllieferungen noch einmal unter diesem Aspekt prüfen und sehen, ob diese überhaupt rechtskräftig seien, sagte Sellering. Er stellte klar, dass die Minister die Deponie Ihlenberg für geeignet halten, den Asbestschlamm dort zu deponieren. Die Deponie brauche solches Material zum Verfüllen, da sie „langsam zu Ende gehen" solle.
In Mecklenburg-Vorpommern haben nach Angaben von Hedlef Uilderks von der Bürgerinitiative mehrere Menschen Beschwerde bei der EU wegen Fördermittelmissbrauchs eingereicht. So sollen laut Uilderks in Niedersachsen sechs Millionen Euro Steuermittel fließen, um die stillgelegte Asbesthalde der Firma Fulgurit zu beseitigen. Auf der zwei Hektar großen Fläche wolle eine Spedition einen Parkplatz bauen.
Insgesamt koste die Sanierung fast zehn Millionen Euro. Ohne diese Förderung wäre das Vorhaben wahrscheinlich nicht in Angriff genommen worden, meinen die Kritiker. Nach Ansicht von Fachleuten könnte die Halde ebenso gut in Wunstorf mit Erde abgedeckt und gesichert werden. (dpa)