Schlitten fahren im Emsland

Exklusivtermin im Emsland: Ersteinsatz des Vorserien-Schlittenchassis Schlitten fahren im EmslandMomentan erleben Schlittenchassis eine neue Hochphase. Jüngster Vertreter dieser hochkomplexen, achslastfreundlichen Spezies ist das Krone-Sled-Chassis.Zugegeben, besonders prickelnd hört sich das noch nicht an: Nicht etwa als "Sled-Liner" oder "Box-Liner Sled" kommuniziert Krone intern das neue Schlittenchassis, sondern emsländisch-trocken als SDC 27 eLTU6. Dabei hat dieser Schlitten einen edlen Namen verdient. Er soll noch einfacher zu bedienen sein als Vergleichbares der Thüringer Konkurrenz. Ein hohes Ziel, denn auch die Achslastoptimierer aus Gotha und Triptis sind Musterbeispiele dafür, wie relativ komplexe Technik einfach zu handhaben ist. Eigentlich muss man nur lesen können und ungefähr wissen, welcher Hebel was in Bewegung setzt. Dann stellt man ein, welche Containergröße man fahren möchte, bringt die Twist-locks in Stellung, zieht oder schiebt per LKW den Schlitten in Position, und es kann geladen werden. Extrem elegant wird das Ganze natürlich, wenn man die Vorwahl über ein absolut idiotensicheres elektronisches Menü auf einem Display serviert bekommt. Das hat nur vier Tasten, mit dem man das Chassis aktiviert, seine Box auswählt und dann bestätigt. Im Test des Vorserienprototypen wählen wir also "Zwanzig Fuß Fahrposition" und bestätigen das. Dann erscheint die Anzeige "LKW vorziehen". Man steigt ein und zieht bis zum Rastpunkt vor, während die gebremsten Achsen das Chassis halten. Den "Umbauvorgang" begleitet ein Warnpiepen. Für den Ernstfall hat Krone auch noch einen Notaus-Knopf auf der Rechnerbox vorgesehen. Container festziehen und abfahrenDann bringt man die Twistlocks, die Krone bei der Gelegenheit nochmal überarbeitet hat, in Stellung, und die Box wird aufgesetzt. Wegziehen, Container festschrauben und los geht's. Souverän dann der Auftritt beim Kunden: Man wählt "Zwanzig Fuß heckbündig", symbolisiert durch einen Stapler, bestätigt und wartet auf das LKW-Symbol. Dann einsteigen, zurückschieben bis zum Rastpunkt und fertig. Tatsächlich hat Krone die Bedienung dank Rechnerunterstützung hier nochmal vereinfacht. Profitiert haben die Emsländer dabei laut geschäftsführendem Konstrukteur Uwe Sasse vom Know-how der Kollegen aus Spelle, die für ihre Landmaschinen hochkomplexe Steuersysteme entwickeln. Obwohl das Chassis den Testlauf problemlos absolviert, will Perfektionist Sasse bis zur Serie noch einige Details ändern: "Der Bestätigungspfeil auf dem Display ist mir zu klein. Das muss noch eindeutiger werden", grübelt er. Auch die schwarze Blechbox, in die Krone das "Gehirn" des Schlittens gepackt hat, soll bis zum Serienbeginn noch eleganter werden. Der Hals stammt aus dem Baukasten Trotz des massiven Softwareeinsatzes haben die Emsländer die konstruktiven Basisdetails nicht aus dem Auge verloren. Die Bremszylinder hat man hoch über die BPW-Achsen gepackt, dass sie auch in "Marterhäfen" wie Hamburg nirgends abgeschert werden können. Am Heck schützt ein kräftiger Stoßfänger die Rückleuchten, die es optional auch in resistenterer LED- Ausführung gibt. Geld, das im harten Containeralltag gut angelegt ist. Den Hals mit drei Stegen übernahm man bis zu den Hakon-Stützwinden quasi unverändert aus dem Boxliner-Baukasten. Der automatische vordere Ausschub wurde nochmal überarbeitet, um die Strom- und Luftdosen besser zu schützen. Alle Kabel sind sauber geführt und an kritischen Durchbrüchen mit Gummis gegen Aufscheuern gesichert. Hinten findet man den rollengelagerten Zentralausschub, der zusätzlich über die fast unkaputtbaren Aramidplatten geführt wird und sich erst bei aufgesetztem Container satt auflegt. Bei den Kotflügeln begnügt man sich mit zwei Segmentschalen. Oben deckt das Rad eine Gummimatte ab, die man in die Schalen einhängt. "Das geht in der Serie allerdings auch noch etwas eleganter", merkt Sasse an. Trotzdem wird man bei dieser "dünnen" Lösung bleiben, denn Halbschalen "sind im rauen Containeralltag schneller durchgescheuert, als sie schauen können", erklärt Konstruktionsleiter Gerhard Papenbrock. Die Seitenbegrenzungsleuchten verstecken sich unter soliden Metallträgern, die allerdings angeschweißt sind. Die vorderen Leuchten hat man wie bei Schmitz weit nach hinten verlegt, da sie am vorderen Auszug ohnehin nur abgeschossen würden. "Hier folgen wir den Kollegen in Gotha. Leuchten, die zwar etwas weit hinten sind, aber funktionieren, taugen allemal mehr als welche, die nur zur HU repariert werden, ansonsten aber nie funktionieren", begründet Papenbrock den Montageort. Hier dürfte ihm auch Technikleiter Jürgen Klapdor von Paul Günther zustimmen, der auch das eine oder andere Mal über den Krone-Schlitten geschaut hat und dessen Meinung man in Werlte gerne einholt. Eine rein mechanische Version folgtWem der vollautomatisch zu bedienende Schlitten zu teuer oder zu luxuriös erscheint, kann auch eine rein mechanische Version ordern, die sich vom Bedienprinzip her stark an den Thüringer Konkurrenten orientieren dürfte. Die soll laut Papenbrock etwa 50 Kilogramm leichter ausfallen als die 5,82 Tonnen schwere vollautomatische Version. Zwischen 200 und 250 Stück der schicken Schlitten will Krone pro Jahr an den Mann bringen. Der erste Eindruck rechtfertigt diese für ein ehemaliges Nischenprodukt hohe Vorgabe, zumal auch einige Vermieter Interesse an dem komplexen Alleskönner angekündigt haben. Doch Sasse bleibt vorsichtig: "Jetzt will die Branche diese Bauart – vor einigen Jahren hat sie niemanden interessiert." ❙❚■ Gregor Soller

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