Hamburg. Möwen kreisen über dem Schiff. Die "Bugsier 5" dümpelt am Elb-Ponton in Neumühlen in Wartestellung. Auf der Brücke herrscht Betriebsamkeit: Kapitän Sebastian Kisser erhält per Funk einen neuen "Job", wie die Seeleute sagen. "Musca", ein 346 Meter langer Container-Riese der französischen Gruppe CMA CGM, soll in den Parkhafen an den Burchardkai geschleppt werden.
Kurze Besprechung, Maschinist Jörg Wasikowski wirft die 6530-PS-starke Diesel-Maschine an, Schiffsmechaniker Carsten Jonas macht die Leinen los und die Bugsier 5 legt dank ihrer drei Azimuth-Propeller an Backbord- und Steuerbord-Bug sowie Achtern einfach seitwärts ab - Richtung Teufelsbrück. Die rundum-verglaste Brücke bietet einen herrlichen Ausblick auf das Hafen-Panorama mit Kirchtürmen und Kränen. Steuerbord, am Elbestrand herrscht Andrang von Spaziergängern - es ist wie auf einem Ausflugsschiff. Kisser, ganz entspannt, trinkt einen Becher Kaffee, und lässt, während er über seine Kapitänslaufbahn spricht, Fährschiffe und Segler nicht aus dem Blick, die kreuz und quer über die Fahrrinne schippern.
"Das hier ist ein Traumjob für mich"
"Das hier ist ein Traumjob für mich." Seit Jahresbeginn hat der 32-jährige Rostocker die Bugsier 5 als festes Schiff bekommen und ist glücklich, nach ein paar Jahren auf See einen festen Arbeitsstandort im Hamburger Hafen zu haben. Er passierte Afrika, Australien, Südamerika mit einer Container-Reederei, fuhr als Offizier mit Hapag-Lloyd durch Asien und Europa. Als Steuermann und Kapitän auf Schleppern lernte er die nördlichen Reviere kennen, bugsierte Bohrinseln, Pontons, zog Havaristen in den Hafen und unausgebaute Schiffskörper aus der Werft. Auf der Bugsier 5 fühlt er sich Zuhause: "Hier geht es familiär zu. Das ist das Schöne." Eine Woche lang verbringt das Team rund um die Uhr auf dem Schiff, die zweite Woche kann der Kapitän bei seiner Familie in Rostock leben.
Vor der Lotsenstation gegenüber Teufelsbrück bremst Kisser den Hafenschlepper ab, dreht das Schiff "auf dem Teller" und geht an einem der Duckdalben in Warteposition. Ebenso der zweite georderte Schlepper, die Bugsier 9. In der Ferne taucht die "Musca" auf und wächst im Näherkommen zu einen stahlblauen Gebirge mit Containern heran. Bis auf wenige Meter steuert Kisser direkt vor den hohen Wulst-Bug und passt das Tempo dem des Container-Frachters an. Nicht ungefährlich: "Wenn wir dem zu nahe kommen, sind wir reif für die Schrottpresse." Kisser fährt rückwärts zur Fahrtrichtung, um den Schiffs-Riesen im Blick zu behalten. Mit Hilfe einer Wurfleine wird die schwere Schlepp-Trosse nach oben gezogen und auf dem Container-Schiff festgemacht. Nun sind Frachter und Schlepper fest verbunden und steuern den Hafen an.
Riesen-Frachtschiff auf dem Weg in den Parkhafen
Kurz vor dem Burchardkai beginnt der eigentliche Job. Das Tempo wird auf drei Knoten gedrosselt. Langsam spannt sich die Trosse. Mit einem Pfahlzug von 80 Tonnen zieht die kleine Bugsier 5 das Riesen-Frachtschiff in den Parkhafen und wendet es damit der Bug elbabwärts liegt. Zum Schluss gibt es einen Stups. Kapitän Kisser dreht das Schlepperheck mittschiffs an den Koloss und gibt "Vollgas". Vibrierend presst die Bugsier 5 den Stahlriesen Richtung Kaimauer. Dann wird er vertäut.
Zweieinhalb Stunden hat der Job gedauert. Die Schlepper ziehen ab nach Neumühlen und der Hafenlotse geht von Bord. Drei bis vier Einsätze fährt Kisser am Tag und auch während des Hafengeburtages vom 6. bis 8. Mai, geht der Betrieb weiter. Dort ist ein Schlepper-Ballett geplant. "Doch wenn es darauf ankommt, geht der Job vor", sagt Kisser. Aufwendige Proben benötigen die erfahrenen Kapitäne nicht. Sie beherrschen ihr Metier und tanzen nach Fahrplan und Funkanweisung des Hafenlosten. (dpa)