Schenker wächst, Cargo schrumpft

Mehr Umsatz, mehr Gewinn. Dazu erneut ein Fahrgastrekord im Fernverkehr. Der Chef der Deutschen Bahn (DB), Richard Lutz, und sein Vorstandsteam konnten auf der Bilanzpressekonferenz vergangene Woche in Berlin positive Zahlen für den Konzern präsentieren. Und da in der breiten Öffentlichkeit und auch bei den Pressevertretern der Nicht-Fachmedien der Personenverkehr eine ähnlich dominante Rolle spielt wie bei US-Präsident Donald Trump die USA, fand man die schlechten Zahlen bei DB Cargo in der Berichterstattung kaum. Dabei gibt es durchaus Anlass, sich Sorgen zu machen um den Schienengüterverkehr in Deutschland. Dass beim Umsatz und bei der Verkehrsleistung nur ein geringer Rückgang zu verzeichnen war (siehe Grafik Seite 28), ist schon die gute Nachricht. Bei der viel wichtigeren Größe hingegen - dem EBIT - trat nochmals eine Verschlechterung im Vergleich zum ohnehin schon schlechten Vorjahr ein.In einem geheimen Papier des Konzerns, das der VerkehrsRundschau vorliegt, ist sogar die Rede davon, dass "die Zukunftsfähigkeit des Geschäftsfeldes" auf dem Spiel steht, wenn bestimmte Planungsrisiken und Verzögerungen bei der Umsetzung der Güterverkehrsoffensive nicht vermieden werden.Nicht nur Stürme verhageln das EBITBerthold Huber, bis zum 1. April kommissarischer Vorstand Güterverkehr und Logistik bei der DB, verneinte hingegen gegenüber der VerkehrsRundschau, dass die Zukunft von DB Cargo gefährdet sei (siehe Interview Seite 30). Er begründete das schlechte Ergebnis mit den "massiven Zugausfällen aufgrund der Stürme" und "mit der Sperrung der Rheintalbahn durch den Tunneleinbruch bei Rastatt". Doch ist das nur etwas mehr als die halbe Wahrheit: Denn aus den geheimen Unterlagen der DB geht hervor, dass die Stürme das EBIT um 18 Millionen Euro und die Vollsperrung der Rheintalbahn um 35 Millionen Euro geschmälert haben: bleibt ein Minus beim Ergebnis in Höhe von 37 Millionen Euro. Der Plan bei der DB sah jedoch vor, 2017 eine schwarze Null zu schreiben - ein Ziel, das auch ohne den Einfluss der ungeplanten Großereignisse deutlich verfehlt worden ist.Hinzu kommt, dass zumindest die Stürme mittlerweile zur Tagesordnung gehören. Auch 2018 hat es mit "Friederike" am 18. Januar bereits einen kräftigen Sturm gegeben, der das EBIT bei DB Cargo mit 5,6 Millionen Euro belastet hat. Im allerdings planmäßig schwachen Januar schlägt damit bereits wieder ein Minus von 26 Millionen Euro bei DB Cargo zu Buche.Dennoch zeigte sich Lutz auf der Bilanz-Pressekonferenz zuversichtlich. Mit dem Masterplan Schienengüterverkehr des Bundes und der angekündigten Trassenpreissenkung würden "substanzielle Verbesserungen für die Wettbewerbsfähigkeit im Güterverkehr auf den Weg gebracht". "Von den acht Milliarden Tonnenkilometern, die der Schienengüterverkehr in Deutschland durch den Masterplan des Bundes zusätzlich gewinnen soll, will DB Cargo etwa fünf Milliarden Tonnenkilometer hinzugewinnen", sagte Lutz. Bei 92,65 Milliarden Tonnenkilometer, die DB Cargo 2017 erbracht hat, sind die fünf Milliarden mehr allerdings auch kein Zuwachs, den man als Quantensprung bezeichnen würde.Genau genommen sind es 5,4 Prozent mehr: eine Zunahme, die DB Schenker im letzten Jahr deutlich übertrumpft hat, und zwar sowohl beim Umsatz wie auch beim EBIT (siehe Grafiken unten). Damit ist Schenker im DB-Konzern mittlerweile für 38,5 Prozent des Umsatzes und 22,2 Prozent des EBIT verantwortlich. "Für DB Schenker war 2017 sowohl beim Umsatz wie auch beim Ergebnis ein Rekordjahr", konnte Lutz zu dieser Sparte eine gute Botschaft vor den Journalisten verkünden. Allerdings haben die einzelnen Segmente bei DB Schenker unterschiedlich gut abgeschnitten. Im stark umkämpften europäischen Landverkehr nahm das Sendungsvolumen trotz einer guten Konjunktur nur geringfügig um 0,8 Prozent auf 100,4 Milliarden Sendungen zu. Als Gründe für den Umsatzzuwachs (+3,9 Prozent) nennt das Unternehmen die gestiegenen Dieselpreise und das höhere Sendungsvolumen. Denn während die Volumina bei Stückgut um 2,6 Prozent und bei den Direktverkehren um 2,9 Prozent stiegen, also bei den umsatzstarken Transporten, gab es im weniger erlösstarken Paketgeschäft einen Rückgang um 3,2 Prozent.Immerhin ist es gelungen, das EBIT zu erhöhen. Allerdings liegt die EBIT-Marge bei nur 1,4 Prozent und damit deutlich unter den Margen, die anderern Segmente von DB Schenker erwirtschaften. In der Kontraktlogistik wird eine Marge von 4,6 Prozent erzielt, in der Luftfracht 4,5 Prozent und in der Seefracht 2,7 Prozent. In diesen drei Segmenten stieg auch das Volumen deutlich an: Die Tonnage in der Luftfracht kletterte bei DB Schenker 2017 um 10,2 Prozent - ein Indiz für den Boom, den die Aircargo-Branche im letzten Jahr erlebt hat. Aber auch in der Schifffahrt war die Nachfrage nach Containertransporten groß. DB Schenker profitierte davon in Form von einer um 8,1 Prozent gestiegenen Zahl an transportierten 20-Fuß-Containern. In der Kontraktlogistik konnte das Unternehmen ein Umsatzplus in Höhe von 4,8 Prozent verbuchen.Zu wenig Geld für DB Schenker?Bei DB Schenker läuft es also gut und deutlich besser als im Schienengüterverkehr. Trotzdem erhält DB Cargo mehr Geld für Investitionen. Während für den Schienengüterverkehr im vergangenen Jahr 328 Millionen Euro zur Verfügung standen - vor allem für neue Mehrsystemloks und moderne Güterwagen -, musste DB Schenker sich mit 246 Millionen Euro zufriedengeben. Immer wieder wird die Befürchtung innerhalb und außerhalb des Konzerns laut, DB Schenker komme bei der DB zu kurz und erhalte für seine Vorhaben nicht genügend finanzielle Mittel. Der Vergleich mit den Geldern, die DB Cargo zur Verfügung gestellt werden, nährt Behauptungen wie diese. DB-Vorstand Berthold Huber hingegen verneinte gegenüber der VerkehrsRundschau, dass für DB Schenker nicht genügend finanzielle Mittel bereitgestellt würden (siehe Interview links).Mehr zum Thema finden Sie im Dossier Deutsche Bahn www.verkehrsrundschau.de/dossiers

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