Punktsieg fürdie Praktiker

Punktsieg fürdie PraktikerVor gut einem Jahr stellte der VDA ein Konzept für den 25-Meter-LKW vor. Seitdem touren die EuroCombis durch Deutschland und sammeln Argumente für einen Großeinsatz. Indes bringen die Skeptiker des XXL-Lasters stets neue Bedenken vor. Es bleibt eines der Top-Themen des Jahres: der 25-Meter-LKW. Gerade erst gab Niedersachsen grünes Licht für die Verlängerung der Testfahrten bis in den Oktober hinein, schon zeigen auf EU-Ebene die Bahnverbände und der Dachverband des Kombinierten Verkehrs gemeinsam der 60-Tonnen-Variante des XXL-Lasters die Rote Karte (siehe auch VR31, Seite 17). Die Frage, ob und in welcher Form der 25-Meter-LKW kommen wird, bleibt weiter offen. Seit die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) und das Beratungsunternehmen Kessel + Partner (K+P) Anfang des Jahres Studien zum Einsatz der sogenannten „Gigaliner“ veröffentlicht haben, ist die Diskussion um den EuroCombi zum politischen Glaubensbekenntnis geraten. Die Interessengruppen formieren sich und machen gemeinsam Front. Die Bundespolitik argumentiert für die gewünschte Aufkommensverlagerung auf die Schiene. Landespolitik und Handelskammern wollen die ansässigen Fahrzeughersteller und Dienstleister unterstützen. Die Speditionen wollen ihre Effizienz steigern und Transportkosten senken. Die Verbände – von den Fahrzeugherstellern bis zu den PKW- und Schienenverkehrsnutzern – argumentieren im Interesse ihrer jeweiligen Klientel.In Schweden erlaubt – bei uns geprobt Seit dem EU-Beitritt von Schweden und Finnland ist eine Sonderregelung in Kraft, die Fahrzeugkombinationen von einer Gesamtlänge bis zu 25,25 Metern zulässt. Gemäß EU-Richtlinie 96-53/EG kann diese Fahrzeuglänge auch in allen anderen Staaten des Europäischen Wirtschaftsraumes zugelassen werden. So fahren mit Ausnahmegenehmigung die ersten deutschen Gigaliner in Niedersachsen, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen. Anfang März dieses Jahres veröffentlichte das Bundesverkehrsministerium die beiden Studien von BASt und K+P. Das Kuriose dabei ist, dass sich alle Seiten durch die Ergebnisse bestätigt fühlen. Das BASt-Gutachten komme zu dem Schluss, dass der Einsatz der Gigaliner zu einer Verringerung des Schwerlastverkehrs führe und damit zu einer geringeren Umweltbelastung, hebt etwa Düsseldorfs Verkehrsminister Oliver Wittke hervor. Auch würden keine erhöhten Sicherheitsrisiken erwartet. Der Versuch sei damit „auf ganzer Linie bestätigt“ worden.Die Testfahrzeuge sparen Kosten einVon einer zusätzlichen Belastung der Verkehrsinfrastruktur durch längere EuroCombis könne nicht gesprochen werden, meint auch die IHK Osnabrück-Emsland. Auch die Sicherheit sei in keiner Weise beeinträchtigt. Die von der BASt-Studie geforderte Ausstattung der Fahrzeuge mit der neuesten Sicherheitstechnologie sowie der Einsatz besonders geschulter Fahrer sei für die an den aktuellen Pilotversuchen beteiligten Spediteure aus dem Wirtschaftsraum Osnabrück-Emsland selbstverständlich. „Wir haben unsere Fahrer intensiv zum Führen dieser überlangen LKW und hinsichtlich der Anforderungen der Ladungssicherung geschult“, erklärt Ulrich Boll, Geschäftsführer der Boll-Logistik-Gruppe, Meppen, die an dem Pilotversuch in Niedersachsen beteiligt ist. „Inzwischen gehen die Mitarbeiter mit den großen Fahrzeugen ebenso selbstverständlich und souverän um, wie mit normalen Zügen.“Auf drei Strecken setzt die Spedition 40-Tonnen-XXL-Laster „nachts im Linienverkehr“ ein, so Boll. „Tagsüber fahren die LKW nur mit Auflieger, abends kommt der Hänger daran.“ Im ersten halben Jahr der Nutzung habe sein Unternehmen auf diese Weise 16.300 Liter Diesel weniger verbraucht und Kosteneinsparungen von mehr als 20 Prozent erzielt, rechnet Boll vor. Modulare Einsatzkonzepte, wie sie von nahezu allen an den Pilotversuchen beteiligten Dienstleistern praktiziert werden, sehen neben der Variante Sattelzugmaschinen-Auflieger-Tandemhänger ebenfalls die Variante Motorwagen-Dolly-Auflieger vor. Vorteil: „Ein Tandemhänger kann schnell vom Sattelauf-lieger abgekoppelt und für den Nahverkehr hinter einen Motorwagen gehängt werden“, so Boll. Darüber hinaus entspreche jede Komponente für sich den Containermaßen und sei kombifähig. Gerade für Sammelgutspediteure und Werksverkehre sei dieses modulare Konzept besonders geeignet. Und: „Wir haben die 18 Tonnen Nutzlast des 40 Tonners in den vergangenen sechs Monaten nie erreicht. Ein 60-Tonnen-Fahrzeug fordert kaum jemand“, erklärt Boll. „Für Terminal-Terminal-Verkehre und auf längeren Strecken bringen die Kombinationen vorteilhafte Laderaumausnutzung und damit große ökonomische und ökologische Vorteile“, urteilt auch Hendrik Jansen, Fuhrparkleiter der Hellmann Worldwide Logistics, der selbst Gigaliner im Einsatz hat. „Die Diskussion um eine 60-Tonnen-Grenze ist dabei abwegig. Gerade bei Sammelgut ist das Volumen wichtig.“ Das erhöhte Ladevolumen der EuroCombis von 150 statt 100 Kubikmetern ermögliche eine bessere Auslastung pro LKW bei geringerem Treibstoffverbrauch.Gesucht: Standhafte Brücken Die Gewichtsdiskussion erhält vor allem beim Thema Brückenbelastung immer wieder neue Nahrung. Rund ein Drittel der deutschen Überführungen, so schätzen Experten, stammt aus den 50er Jahren. Sie würden dem Gewicht der 60-Tonner nur bedingt standhalten. Der Unterschied zwischen zwei 44-Tonnern, die hintereinander auf einer Brücke stehen, und einem 60-Tonner mag sich dem Laien allerdings nur schwer erschließen.Anders die Prognosen für die Verkehrsströme: Eine von der Vereinigung der Gesellschaften für den Kombinierten Verkehr Schiene-Straße (UIRR), dem Dachverband der Operateure des Kombinierten Verkehrs (KV), in Auftrag gegebene Studie kommt zu dem Ergebnis, dass durch den Einsatz von Gigalinern mindestens 55 Prozent des KV auf die Straße zurückverlagert würden und die Straßenfahrten um 24 Prozent ansteigen. Zu ähnlichen Ergebnissen kommt die K+P-Studie. Im „Kombinierten Verkehr“ würden knapp 14 Millionen Tonnen Fracht (32,3 Prozent der untersuchten Schienentransporte) von der Schiene auf die Straße abwandern. Laut den Berechnungen der Allianz pro Schiene sind dies pro Jahr rund 400.000 zusätzliche Fahrten mit Gigalinern. „Durch die Einführung der Monster-Trucks würden sämtliche Klimaschutz- und Verkehrssicherheitspläne der Bundesregierung torpediert“, urteilt Dirk Flege, Geschäftsführer der Allianz pro Schiene.In der Praxis ist der KV ein GewinnerGanz anders hingegen die Berechnungen der Meyer & Meyer Internationale Spediteure GmbH & Co. KG, Osnabrück. „Die Vor- und Nachlaufkosten für das Equipment beim Einsatz im Kombinierten Verkehr haben heute je nach Länge der Strecke auf Straße und Bahn einen Anteil zwischen 35 und 55 Prozent an den Gesamtkosten“, so Prokurist Arnulf Bleck, Leiter Flottenmanagement bei Meyer & Meyer. „Mit unserem Road-Train-System ergibt sich eine veränderte Kalkulation, die dazu führen wird beziehungsweise führen kann, dass eine Verlagerung auf den Kombinierten Verkehr wirtschaftlicher ist.“ In einer Vergleichsrechnung (siehe Kasten unten) weist die Spedition beim Einsatz eines 25,25 Meter langen Gigaliners im Vor- und Nachlauf von KV-Verbindungen eine Einsparung von 121.500 Euro aus. „Die Gigaliner sind nicht gegen den Schienenverkehr gerichtet, sondern eine Variante für wirtschaftliche und ökologische Punkt-zu-Punkt-Verkehre“, resümiert Hellmann-Fuhrparkleiter Jansen. Am 9. Oktober wird die Konferenz der (Landes-)Verkehrsminister den Bericht einer Arbeitsgruppe zum Einsatz der EuroCombis diskutieren. Der Kampf um den 25-Meter-LKW geht dann in seine nächste Runde. ❙❚■ Rainer Barck, freier AutorMit dem längsten Mitarbeiter im Fuhrpark haben die Fahrer der Spedition Hellmann keine ProblemeBefürworter des 25-Meter-LKW: Jörg Gerdelmann (l.) und Ulrich Boll (r.), beide sind geschäftsführende Gesellschafter der Spedition Boll, und Jörg Niesel (m.), Geschäftsführer der Fahrschule Deula in FrerenREchenbeispiel für den EinkaufWegen der Standardkomponenten entstehen bei dem Gigaliner lediglich Mehrkosten in Höhe von rund 18.000 Euro für die Dollyachse. Abgeschrieben auf vier Jahre macht das Mehrkosten im Fixkostenanteil von etwa 18 Euro je Arbeitstag. Der Auflieger kostet ebenso viel wie eine beim „normalen“ Zug eingesetzte Anhänger + Wechselbrücke. Steuern und Versicherungen sind für die Zugma-schine nicht teurer als sonst. Im Fixkostenbereich gibt es also lediglich um 18 Euro höhere Kosten.Die Kosten im variablen Bereich (Diesel, Maut) variieren im Vergleich zum 40-Tonner gar nicht, da der Verbrauch im Test ebenso hoch liegt wie bei einem Normal-LKW. Einen separaten Mautsatz für den Gigaliner gibt es momentan nicht. Somit entstehen auf den Arbeitstag gerechnet im Moment lediglich Mehrkosten von zirka 20 Euro für einen halben LKW mehr Laderaum. Die Nutzlast reduziert sich im Moment von etwa 22 Tonnen auf 16,8 Tonnen. Dies ist durch das höhere Eigengewicht der EuroCombis begründet.Die Einnahmen haben sich hingegen um 70 Euro erhöht, so dass wir auf die Einsparung der oftmals zitierten 50 Euro je Arbeitstag kommen.Wirtschaftlichkeitsberechnung der Spedition HellmannNur der Dolly verursacht wirkliche Mehrkosten, die durch die Gewinne aus dem gewonnenen Ladevolumen mehr als nur kompensiert werden. Rechenbeispiel für den EinsatzVorlauf Straße Mönchengladbach – Duisburg – Mönchengladbach 125 kmNachlauf Straße Nürnberg – Forchheim – Nürnberg 75 kmKV-Strecke Duisburg – Nürnberg – DuisburgLKW-Typ 18,75 LKW 25,25 LKWKosten KV 4 WB 7,82 m 696,00 € 2 WB 7,82 m 348,00 €Kosten KV 2 WB 13,72 m 696,00 €Zwischensumme 696,00 € 1044,00 €1/2 Tagessatz LKW fixe Kosten Duisburg 250,00 € 275,00 €1/2 Tagessatz LKW fixe Kosten Nürnberg 250,00 € 275,00 €125 km variable Kosten LKW Duisburg 50,00 € 53,13 €75 km variable Kosten LKW Nürnberg 30,00 € 31,88 €LKW Maut 125 km Vorlauf Duisburg 15,00 € 17,50 €LKW Maut 75 km Nachlauf Nürnberg 9,00 € 10,50 €Zwischensumme LKW 604,00 € 663,00 €Kosten Gesamttour 1300,00 € 1707,00 €Kosten bei 250 Touren 325.000,00 € 426.750,00 €Anzahl eingesetzter LKW 3 2Gesamtkosten LKW/Jahr 975.000,00 € 853.500,00 €Ersparte Kosten pro Jahr 121.500,00 €Wirtschaftlichkeit bei Vor- und Nach-läufen für den Kombinierten VerkehrDie Spedition Meyer & Meyer aus Osnabrück setzt den EuroCombi im Kombinierten Verkehr (KV) ein und spart dabei pro Jahr über 120.000 Euro.

Punktsieg fürdie Praktiker

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