Nachgefragt: Ist die Maut rechtswidrig?

Ein Gutachten im Auftrag von Alternoil weist aus, die Mauterhöhung sei europarechtswidrig. Aus welchem Grund? Unser wie auch andere Gutachten kommen zum gleichen Schluss. Die Maut teilt sich in zwei Kategorien auf: Infrastruktur, Lärm- und Luftverschmutzung sowie den CO2-Aufschlag. Beim CO2 sind die Mitgliedstaaten in der Gestaltung frei. Der Referentenentwurf sieht aber vor, dass ein Diesel-Lkw die gleiche Maut wie ein mit 100 % emissionsfreiem Bio-LNG betankter Lkw bezahlen muss. Das ist europarechtswidrig, weil im Rahmen der CO2- Komponente Wasserstoff und Elektro anders als Bio-LNG behandelt werden. Diese Ungleichbehandlung ist nur beim ersten Infrastruktur-Teil der Maut zulässig, jedoch nicht bei der CO2-Komponente. Was genau ist das Problem? Der aktuelle Gesetzesentwurf sieht keine Unterscheidung der Mautsätze basierend auf CO2-Emissionen vor. Zwei unabhängige Gutachten bestätigen, dass eine Differenzierung in Bezug aufs CO2, die sich vom ersten Teil der Maut unterscheidet, der sich auf Infrastruktur, Luft- und Lärmverschmutzung bezieht, rechtlich möglich wäre. Was wäre Ihr Verbesserungsvorschlag? Ein Kraftstoff, der keine zusätzlichen CO2-Emissionen erzeugt, kann nicht mit einem CO2-Aufschlag belastet werden. Das sollte angemessen berücksichtigt werden. Um die Klimaziele zu erreichen, bedarf es einer Kombination aller Alternativen - entsprechend ihrer optimalen Einsatzgebiete: elektro- und wasserstoffbetriebene Kfz im ÖPNV, im Verteilerverkehr oder dem Transport von Waren auf Kurz- und Mittelstrecken. Für den Schwerlastverkehr auf langer Strecke gibt es aktuell keine klimafreundliche Alternative, abgesehen von Bio-LNG oder HVO-100. Interessant ist, dass die Bundesregierung in ihrem Saubere-Fahrzeuge-Beschaffungs-Gesetz Bio-LNG als eine Möglichkeit zur CO2-Einsparung anerkennt und diese Einsparungen der EU gegenüber geltend macht. Sie sind sicher, dass die Batterieelektrik ihren Beitrag so schnell nicht leisten kann? Um den Verkehrssektor zu elektrifizieren, bräuchten wir in Deutschland 155.000 Windräder, derzeit stehen 28.000. Im ersten Halbjahr 2023 wurden 300 gebaut. Selbst bei einer optimistischen Schätzung würde die Elektrifizierung des Verkehrs mehr als 150 Jahre dauern. Damit wäre auch nur der Verkehrssektor elektrifiziert. Wärmepumpen und die Industrie wären dabei noch nicht mal berücksichtigt. Wie sind die Chancen für eine Klage? Das hängt von verschiedenen Faktoren ab - einschließlich der rechtlichen Argumente, die von den Anwaltssozietäten Hengeler Müller und DLA Piper vorgebracht wurden. Diese Gutachten haben die Möglichkeit einer Differenzierung der Mautsätze nach CO2-Emissionen unterstützt und den aktuellen Entwurf als europarechtswidrig bezeichnet. Wie ist das Versorgungsnetz bei Bio-LNG? Im Partnernetz von Alternoil stehen mittlerweile über 50 Tankstellen zur Verfügung, an denen Transportunternehmen Bio-LNG tanken können. Nicht zu vergessen, ist Bio-LNG sogar kostengünstiger als der Betrieb mit Diesel. Sie sprechen von 7.000 Lkw die man klimaneutral betreiben könnte. Bei einem Bestand von 800.000 schweren Nutzfahrzeugen allerdings auch nur ein Tropfen auf den heißen Stein, oder? Grundsätzlich stellen 7.000 klimaneutral betriebene Lkws im Vergleich zum Gesamtbestand von 800.000 schweren Nutzfahrzeugen in Deutschland tatsächlich einen vergleichsweise kleinen Anteil dar. Die genannten 7.000 Fahrzeuge beziehen sich ausschließlich auf den Bestand von Alternoil, wobei es auch noch andere Wettbewerber gibt. Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass die Transformation des Schwerlastverkehrs erst am Anfang steht. Obwohl die kurzfristigen Erfolge von 7.000 klimaneutral betriebenen Lkws durch Alternoil nun ausgebremst werden sollen, stellen sie dennoch einen bedeutsamen Schritt in die richtige Richtung dar. Dies verdeutlicht das enorme Potenzial von Bio-LNG und ähnlichen umweltfreundlichen Alternativen im Schwerlastverkehr. Die Bemühungen im Bereich Bio-LNG können natürlich erheblich gesteigert werden, und in absehbarer Zukunft wird es die Möglichkeit geben, deutlich mehr als 7.000 Lkws klimaneutral zu betreiben. Die Transformation des Schwerlastverkehrs erfordert eine schrittweise Umstellung auf nachhaltige Antriebsmittel, und jeder Beitrag zur Reduzierung von CO2-Emissionen ist von großer Bedeutung. Wie steht es um das Versorgungsnetz bei Bio-LNG und wo sehen Sie andere Kraftstoffe – wie etwa HVO100? Das Versorgungsnetz für Bio-LNG spielt eine entscheidende Rolle bei der Einführung dieser Kraftstoffalternative. Im Partnernetz von Alternoil stehen mittlerweile über 50 Tankstellen zur Verfügung, an denen Sie Bio-LNG tanken können. Darüber hinaus haben wir mit unserer Schwestergesellschaft Reefuelery den Bau einer der weltweit größten Verflüssigungsanlagen zur Produktion von Bio-LNG in Deutschland angestoßen. Dies, zusammen mit den langfristigen Zulieferverträgen von klimaneutralem Bio-LNG, die Alternoil mit der dänischen Firma Grøngas und der schwedischen Firma Biokraft International abgeschlossen hat, gewährleistet ein stabiles Versorgungsnetz für die Alternoil GmbH. Es ist wichtig zu beachten, dass HVO100 keine vollständige CO2-Einsparung von 100 % ermöglicht; die maximal mögliche Einsparung liegt zwischen 80 und 90 %. Darüber hinaus ist HVO100 spürbar teurer als Diesel, während Bio-LNG sogar kostengünstiger ist als Diesel. Potenzial vorhanden Reefuelery, eine Schwestergesellschaft von Alternoil, hat den Bau einer der größten Bio-LNG- und eLNG-Produktionsanlagen in Deutschland angestoßen. Im zweiten Quartal 2024 geht die Anlage in Betrieb, stellt täglich 180 Tonnen 100 % emissionsfreies Bio-LNG her und kann so bis 2025 mehr als 7000 Bio-LNG-Lkw versorgen. Derzeit könnten in der EU bereits etwa 100.000 Lkw mit Bio-LNG betrieben werden. Wir haben Henrik Bramlage, Leiter Nachhaltiger Schwerlastverkehr, Alternoil, dazu befragt.

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