Keine Frage: Was die Eisenbahnen in Deutschland 2006 geleistet haben, ist aller Rede wert. Um mehr als 10 Prozent haben sie ihre Verkehrsleistung im Vergleich zum Vorjahr gesteigert. Damit hatten selbst die größten Optimisten nicht gerechnet. Prompt meldet sich der Interessenverband Allianz pro Schiene euphorisch zu Wort und spricht von einem „europaweit beispiellosen Boom“. Doch wenn deren Geschäftsführer Dirk Flege behauptet, der Schienengüterverkehr in Deutschland wachse seit Jahren stärker als der LKW-Verkehr und „ein Ende der Erfolgsstory“ sei nicht absehbar, hat er offenbar die Prognose nicht zu Ende gelesen. Denn ab 2008 soll der LKW wieder stärker als die Bahn bei der Verkehrsleistung zulegen. Dass ein Interessenverband sich die Zahlen schönredet, ist ja noch nachvollziehbar. Aber auch Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee hat sich zu den Zahlen geäußert – und dabei ein Eigentor fabriziert. So behauptet Tiefensee: „Erstmals seit den 50er- Jahren hat sich der Modal Split im Jahr 2006 zugunsten der Schiene geändert.“ Wahr ist jedoch: Der Modal Split bezogen auf die Verkehrsleistung – die unter Verkehrsexperten als relevant anerkannte Bezugsgröße – verändert sich schon seit 2003 zugunsten der Bahn. Tiefensee erwähnt in seiner Mitteilung mit keiner Silbe, dass auch der Straßengüterverkehr 2006 so stark gewachsen ist wie zuletzt 1999. Sicher, eine solche Bemerkung würde unter umweltpolitischen Aspekten in der Öffentlichkeit nicht gut ankommen. Aber ob des Lobes für die Bahn sollte man nicht vergessen, dass Züge ebenfalls CO2 emittieren und Lärm verursachen. Angesichts solch einseitiger Äußerungen muss sich Tiefensee nicht wundern, wenn Nutzfahrzeugindustrie und Fuhrunternehmen ihm immer weniger vertrauen. Michael Cordes Redakteur
Modal Split: Eigentor des Ministers
Der Kommentar der Woche von Michael Cordes, Redakteur