Meilensteine

Gab es Momente, in denen Sie gedacht haben: Der Kauf von Binnenschiffssparte von Imperial Logistics International, der könnte doch noch scheitern? In dem Gesamtprozess, der über sieben Monate gedauert hat, gab es immer mal Momente, in denen man darüber nachgedacht hat, ob das Geschäft klappt. Das hatte ganz unterschiedliche Gründe. Aber zum Ende hin waren wir doch guter Dinge, weil wir den Kauf gut vorbereitet hatten und von den zuständigen Gremien positive Signale kamen. Dann funkte kurz vor Toresschluss die Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen, Ina Scharrenbach, dazwischen und hat ihr Veto eingelegt. Als die Ministerin nochmals Fragen gestellt hat, da kam so ein Gedanke wieder auf. Wobei ich immer zuversichtlich war, dass wir doch grünes Licht bekommen. Können Sie die Skepsis darüber nachvollziehen, dass sich ein Hafen im kommunalen Eigentum jetzt im freien Transportmarkt engagiert? Ich kann nachvollziehen, dass man als kommunales Unternehmen unter einer besonderen Beobachtung steht und daher die Aufsichtsgremien auch genau hinsehen. Wir haben unser Vorhaben unseren Gremien - dem Aufsichtsrat der Stadtwerke Köln und dem der HGK - vorgestellt. Nach intensiven Diskussionen stimmte eine breite Mehrheit unseren Plänen zu, auch weil wir mit dem Erwerb einen Zweck verbunden haben - und nicht eine reine Expansion des Unternehmens. Wie haben Sie die Zweifel ausgeräumt? Wir sind ja kein Neuling im Markt. Wir sind über unsere Tochter HTAG in der Binnenschifffahrt tätig, besitzen eine 50-Prozent-Beteiligung an einem Bahnunternehmen und betreiben Terminals. Mit dem Kauf von Imperial engagieren wir uns in den Segmenten Chemie und Gas. In Köln und entlang des Rheins finden sich zahlreiche Chemieunternehmen, die 2018 von dem extremen Niedrigwasser betroffen waren. Da war die Versorgungssicherheit erheblich gestört. Es gab in Köln Tankstellen, die geschlossen hatten, weil die Mineralölkonzerne diese nicht mehr beliefern konnten. Mit dem Kauf können wir nun unserem Auftrag der Versorgungssicherheit besser nachkommen. Warum soll die Versorgung gewährleistet sein, nur weil der Eigner bei Imperial ein anderer ist? Mit unseren Beteiligungen decken wir alle Segmente des Güterverkehrs ab, vor allem die Verkehrsträger Schiene und Wasserstraße. Damit sind wir in der Lage, durch die Verknüpfung der Verkehrsträger andere Versorgungskonzepte für unsere Kunden anzubieten. Dazu war die Shipping-Sparte von Imperial alleine nicht in der Lage. Wir als HGK haben viel bessere Möglichkeiten, auf andere Wege auszuweichen. Anders als in den Jahren zuvor haben nach dem Niedrigwasser 2018 die Kunden auch den dringenden Wunsch geäußert, über Notfallkonzepte und Ausfallstrategien zu reden. Vor allem die chemische Industrie und die Mineralölindustrie hat diese Forderungen gestellt. Das hat uns dazu bewogen, mit der Shipping-Sparte ein Unternehmen an Bord zu holen, das gerade im Bereich der Chemielogistik besonders stark ist. Wieso breiten sich die kommunalen Häfen mit ihren Aktivitäten immer stärker aus? Duisport ist sogar weltweit tätig. Korrekt. Ob ein weltweites Engagement unter kommunalrechtlichen Gesichtspunkten richtig ist, müssen andere beurteilen. Aber grundsätzlich müssen sich die Kommunen entscheiden, ob die Häfen nur verwaltet werden sollen und dann ein Zuschussgeschäft zulasten des Steuerzahlers sind. Oder ob sie sich entwickeln. Der Duisburger Hafen hat vor Jahren seine strategische Ausrichtung mit vielen positiven Effekten geändert. Ich halte es für richtig, wenn kommunale Unternehmen den Auftrag bekommen, sich zu entwickeln. Zumal die Häfen die Infrastruktur für alle Unternehmen zur Verfügung stellen. Die Wirtschaft profitiert also davon, wenn Häfen entwickelt werden. Die Binnenschifffahrt hat in den letzten Jahren an Bedeutung verloren. Warum investiert die HGK in einen rückläufigen Markt? Die Mengen der Binnenschifffahrt waren rückläufig, allerdings nur im trockenen Massengut. Vor dem Hintergrund der Klimawende ist davon auszugehen, dass diese Entwicklung noch länger anhält, insbesondere im Segment der Steinkohle. Wir haben aber nicht in ein Unternehmen investiert, das hauptsächlich in der Trockenschifffahrt tätig ist, sondern dass vor allem chemische Güter und Gase transportiert. Das ist ein Markt, in dem wir Wachstumspotenzial sehen. Wie groß ist das Segment chemischer Güter und Gase bei Imperial? Die Segmente Gas- und Chemieschifffahrt sind mit großem Abstand für den wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens verantwortlich. Ist das Ziel des Deals also, das Segment Chemie zu integrieren und dann auszubauen? Zunächst mal müssen wir tief Luft holen. Derzeit liegt der Fokus auf der Integration der erworbenen Gesellschaften in die HGK Shipping. Zudem gibt es weitere Aktivitäten anderer Töchter, beispielsweise der Neska, die gerade ein großes Chemie-Lager für eine BASF-Tochter bauen lässt. Das bietet beispielsweise auch gute Chancen für die HGK Shipping. Aber das langfristige Ziel eines jeden Unternehmens ist zu wachsen. Wo sehen Sie neben der Chemie die Wachstumsfelder für die HGK? Wir sehen das Segment Container als einen Wachstumsmarkt an, allerdings nicht mit den zweistelligen Zuwachsraten pro Jahr, wie das mal vor zehn Jahren prognostiziert wurde. Da haben wir natürlich auch unsere Terminals im Blick, wobei wir aus heutiger Sicht keine neuen bauen werden. Aber Wachstum ist nicht die einzige Triebfeder, wir sind auch der kommunalen Daseinsvorsorge verpflichtet. Nehmen Sie das Thema Wasserstoff, das derzeit stark im Fokus steht. Damit beschäftigen wir uns im Hinblick auf den Transport wie auch als Alternative zu den konventionellen Antrieben von Binnenschiffen. Welche Fahrtgebiete haben Sie in der Containerbinnenschifffahrt im Blick? Wir sind auf den traditionellen Fahrtgebieten unterwegs, mit Fokus auf die Westhäfen. Hamburg und Bremerhaven sind kein Thema über den Wasserweg? Das würde ich so nicht sagen. Aber Transporte von Containern aus den deutschen Seehäfen ins Hinterland sind aufgrund der infrastrukturellen Hindernisse wie beispielsweise der niedrigen Brücken nicht wirtschaftlich darstellbar. Wer gilt als ihr bevorzugter Verkehrsträger? Wir sind als Architekten des Verkehrs offen für alle Verkehrsträger. Aber wir kommen aus einem Hafen und haben nicht zuletzt auch aus Gründen der Nachhaltigkeit das Ziel, Güter auf das Binnenschiff und die Bahn zu verlagern. Sie haben den Aufkauf von Imperial als "Meilenstein in der Entwicklung von HGK hin zu einer integrierten Logistik-Holding" bezeichnet. Als Unternehmer bleibt es ja nie bei dem einen Meilenstein. Was sind die nächsten Meilensteine, die Sie anpeilen? Vielleicht betrachten wir es mal anders herum: Es gab ja bereits einige Meilensteine in der Geschichte der HGK. Der Kauf der HTAG, das Joint-Venture Rhein-Cargo mit den Neuss-Düsseldorfer Häfen, der Erwerb der Neska. Natürlich wollen wir uns entwickeln. Ich glaube, dass die großen Meilensteine der Logistik in Zukunft in Bereichen liegen, die unser Geschäft direkt beeinflussen: Klimawandel, Energiewende, Digitalisierung. Die Lösungen dieser Aufgaben können zu neuen und erfolgreichen Geschäftsaktivitäten führen. Mehr zum Thema finden Sie unter #Binnenschifffahrt www.verkehrsrundschau-plus.de/hashtag In Kürze Mit dem Kauf der Binnenschiffssparte von Imperial Logistics zum 1. August 2020 ist dem kommunalen Unternehmen HGK ohne Frage ein Coup geglückt. HGK-Chef Uwe Wedig im Interview zu den Zielen des Deals, der Rolle kommunaler Häfen im Transportmarkt und was er Kritikern des Kaufs entgegnet. Vita Uwe Wedig ist in Duisburg geboren. Der 61-Jährige kommt ursprünglich von der in Duisburg ansässigen HGK-Tochter HTAG, wo er für den Vertrieb verantwortlich war und zwölf Jahre dem Vorstand angehörte. 2011 bis 2014 war er dann Mitglied im Vorstand der HGK. Von 2015 bis 2017 bekleidete er die Position als CEO von Imperial Shipping Group und kehrte Anfang 2018 als Vorstandsvorsitzender zur HGK zurück. Wedig kennt also die Sparte, die die HGK von Imperial gekauft hat, sehr gut. cd

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