Der Landesverband Bayerischer Spediteure hat sich besorgt über mögliche Mittelkürzungen bei der Deutschen Bahn für die Digitalisierung der Schiene geäußert. Er reagierte damit unter anderem auf einen Bericht des Südwestrundfunks (SWR).
Dieser erfuhr eigenen Angaben zufolge über interne Pläne der Bahn, den Ausbau digitaler Stellwerkstechnik und digitaler Schieneninfrastruktur zu stoppen. Laut SWR sollen alte Stellwerke nicht durch digitale sondern durch herkömmliche elektronische Technik ersetzt werden. Der Ausbau des digitalen europäischen Zugsicherungssystems (ETCS, European Train Control System) solle ebenfalls stark reduziert werden.
Die Bahn widersprach dem Sender und verweist unter anderem auf derzeit laufende Gespräche mit dem Bundesverkehrsministerium über Geld für Digitalisierungsprojekte. Sie erklärte, man halte an der Digitalisierungsstrategie für das gesamte Schienennetz fest. Man rüste in den kommenden Jahren Strecken und Knoten auf das ETCS um.
Auch wenn die Bahn selbst dementiere, was der SWR über den geplanten und nun in Frage stehenden Einsatz des ETCS berichtet, „ist es unserer Sicht ein mehr als kritisches Zeichen in Sachen effizienten Bahnverkehrs, dass überhaupt eine Mittelkürzung bei der Digitalisierung des Schienenverkehrs zur Diskussion steht“, so Sabine Lehmann, Geschäftsführerin des LBS.
LBS: Brenner-Route braucht Hochleistungstechnik
Ohne die digitale europäische Technik würde dem alpenquerenden Verkehr auf der Brenner-Route ein mehr als substanzielles Element fehlen: „Es wird noch Jahrzehnte dauern, bis der Brenner-Nordzulauf fertig ist, in welcher Variante auch immer; alle – Befürworter wie Gegner – kalkulieren eine deutliche Leistungssteigerung auf der bestehenden Strecke ein“, so Lehmann.
Hochleistungskapazität brauche Hochleistungstechnik, sowohl im Bestand wie auch im angestrebten Ausbau durch den Brenner-Basis-Tunnel. „Dies gelingt nur, wenn das ETCS schnellstmöglich auf dieser Route zum Einsatz kommt, die ein zentraler Teil des TEN-Korridors ist.“ Jede Verzögerung setze eine effiziente Entwicklung der Nord-Süd-Schienen-Achse aufs Spiel.
Jegliche Kürzung „Absage an Modernisierung des Schienengüterverkehrs“
Über diesen Aspekt hinaus sieht der Verband in jeder Mittelkürzung bei der Digitalisierung der Bahn – selbst, wenn sie nur diskutiert werden – eine „Absage an die dringend erforderliche, zukunftsorientierte Modernisierung des Schienengüterverkehrs“.
Damit werde der Verkehrswende sowie dem integralen Ziel „Güter gehören auf die Bahn“ die Grundlage entzogen. „Da auf absehbare Zeit kein physischer Netzausbau großen Stils in Deutschland zu erwarten ist, können die dringend benötigten Kapazitäten nur durch Verdichtung von Verkehren erzeugt werden, um Transporte von der Straße auf die Schiene zu verlagern“, erklärt Lehmann weiter.
Die Wirtschaftswoche zitiere aus Unterlagen, in denen es heißt, die Bahn plane „eine vollständige Neuordnung der Mittel innerhalb des Budgetrahmens der Digitalen Schiene Deutschland“ zugunsten des „Erhalts der Geschäftstätigkeit“, so der LBS weiter. Dies sei aus unternehmerischer Sicht eine strategische und umweltpolitische Bankrotterklärung.
Sanierung ohne digitale Infrastruktur als „absoluter Offenbarungseid“
Während der digitale Wandel in der Speditions- und Logistikbranche inzwischen alle Geschäftsprozesse prägt und massive Investitionen ausgelöst hat, versuche sich ein zentraler Verkehrsträger und Marktpartner der Pflicht zum Wandel zu entziehen. Daher reiche in den Mitgliedsunternehmen, vor allem jenen mit Bahntransporten, die Reaktion auf die Überlegungen bei der Bahn von „enttäuscht“ bis „verärgert“, so Lehmann.
„Es werden immense Summen in den Sanierungsfall Deutsche Bahn gesteckt – eine Sanierung des Schienennetzes ohne gleichzeitigen massiven und schnellen Ausbau der digitalen Infrastruktur wäre der absolute Offenbarungseid. Denn dieser ist für eine umfassende Modernisierung unverzichtbar.“