London. Mitglieder der konservativen Regierung in Großbritannien führen einem Bericht zufolge geheime Gespräche über einen weichen Brexit mit Abgeordneten der oppositionellen Labour-Partei. Die Kabinettsmitglieder wollten Premierministerin Theresa May zu Konzessionen bei der Einwanderung, der Zollunion und dem Europäischen Binnenmarkt drängen, berichtete der britische „Telegraph“ am Dienstag.
May hatte mit hartem Brexit gedroht
Nach dem Bericht steht auch die Einrichtung einer parteiübergreifenden Brexit-Kommission zur Debatte, die die Bedingungen für einen geordneten Rückzug aus der EU festlegen soll. May hatte vor der Wahl mit einem harten Brexit gedroht. Demnach würde Großbritannien nicht nur aus der EU ausscheiden, sondern auch aus dem Binnenmarkt und der Zollunion, um die Einwanderung schärfer zu begrenzen.
Denn wer zum Binnenmarkt gehören will, muss auch den Zuzug von EU-Bürgern akzeptieren. Als Mitglied der Zollunion darf man keine eigenen Handelsverträge schließen. Ein weicher Brexit bedeutet dagegen den Austritt aus der EU, aber den weiteren Zugang zum Binnenmarkt und die Mitgliedschaft in der Zollunion.
Das Ifo-Institut und die britische Transportbranche hatten vor den Folgen eines harten Brexits gewarnt. Das Ausscheiden aus der EU-Zollunion werde sich nachteilig auf das Transport- und Logistikgewerbe auswirken. Es könnte zusätzliche administrative Kosten sowie eine Verlangsamung der Lieferkette für britische Unternehmen bedeuten. Auch seien Arbeitsplätze gefährdet.
Geheimgespräche, um weichen Brexit zu erreichen
Die Kabinettsmitglieder glauben dem Bericht zufolge, dass May die Unterstützung von Labour braucht, um ihre Pläne für den EU-Austritt durch das Parlament zu bekommen. Nach Informationen der Zeitung weiß May von den Geheimgesprächen, hat aber bisher nicht eingegriffen.
Ein genauer Termin für die Brexit-Verhandlungen steht noch nicht fest. Ursprünglich war der Beginn der Gespräche für den 19. Juni geplant. Wegen der schwierigen Regierungsbildung in Großbritannien könnte sich dieser Termin aber verzögern. Bei der Parlamentswahl am vergangenen Donnerstag hatten Mays Konservative ihre Mehrheit verloren. Sie wollen nun mit der Unterstützung der rechten, nordirischen DUP regieren. (dpa/jt)