Konkurrenz belebt das Geschäft

Im Expressgeschäft herrscht Goldgräberstimmung. Das gilt zumindest für die drei großen Anbieter für die Beförderung eiliger Dokumente und Waren: DHL Express, UPS und vor allem für FedEx. "In all meinen Jahren bei FedEx war ich noch nie so optimistisch", meint jedenfalls FedEx-Chairman Frederick Smith mit Blick auf die Zahlen des Geschäftsjahres 2017/18 (Stand 31. Mai).In erster Linie schaut er dabei wohl auf das Umsatzplus von neun Prozent auf 65,5 Milliarden US-Dollar. Das soll auch im laufenden Geschäftsjahr in einer ähnlichen Größenordnung liegen. Der Zukauf von TNT Express, der Nummer vier der Branche, macht es möglich. Rund 4,4 Milliarden Euro hat sich der US-Integrator mit Sitz in Memphis im Mai 2016 die Übernahme kosten lassen."Von der Integration profitieren auch die Kunden in Deutschland", sagt eine FedEx-Sprecherin. Die Integration werde das TNT-Straßennetz in Europa und das weltweite Luftverkehrsnetz von FedEx Express verbinden. Dies werde Verbesserungen in der Serviceabdeckung, eine breitere Auswahl an Serviceoptionen und einheitliche Ansprechpartner im Kundenkontakt mit sich bringen.Hohe Kosten durch die ÜbernahmeDoch alles hat seinen Preis: Die Umsatzrendite von FedEx ist laut Geschäftsbericht von 8,4 Prozent auf 7,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gesunken vor allem wegen der Integrationskosten, heißt es. Die Wettbewerber kommen dagegen jeweils auf zweistellige Renditen. Das peilt auch FedEx an und verspricht sich von der Übernahme eine Verbesserung des operativen Ergebnisses im Expressgeschäft bis 2020 von 1,2 bis 1,5 Milliarden US-Dollar im Vergleich zu 2017.Bis dahin scheint noch ein längerer Weg vor dem Unternehmen zu liegen. "Erfolgreiche Integrationen brauchen Zeit und deshalb arbeiten wir in Europa in Etappen", erläutert die FedEx-Sprecherin. Sie soll im Mai 2020 abgeschlossen sein. Seit der Übernahme seien Fortschritte erzielt worden, sagt sie. Schätzungsweise ist heute mehr als die Hälfte aller rund 220 Regionen, die FedEx weltweit bedient, an das Netz angeschlossen. Anfang 2017 waren es knapp 70. Ein erster großer Schritt in Deutschland, so die Sprecherin, habe im Mai 2018 stattgefunden, als die Ground Operations von FedEx Express und TNT in Berlin und Villingen-Schwenningen zusammengeführt wurden.Doch die Integration ist offenbar aufwendiger als ursprünglich erwartet. Laut einer aktuellen FedEx-Präsentation werden sich die Integrationskosten bis 2020 auf rund 1,5 Milliarden US-Dollar belaufen. Danach hätten sich die Kosten nahezu verdoppelt. Denn im Geschäftsbericht 2017/18 war noch von 800 Millionen US-Dollar die Rede. In den Zahlen sind laut der FedEx-Sprecherin aber auch die Kosten enthalten, die dem Unternehmen durch eine Cyberattacke im vergangenen Jahr entstanden sind, die das Europäische Netz zum Teil lahm gelegt hatte. "Die Übernahme ist kein Selbstläufer", warnt KEP-Experte Horst Manner-Romberg. Der Erfolg der Integration hänge letztendlich davon ab, wie viele Kunden FedEx von TNT halten und auch hinzugewinnen könne - zumal auch das TNT-Geschäft zuletzt offenbar schwächelte.Denn die Übernahmeschlacht um TNT Express hat Zeit und Geld gekostet. Zunächst wollte UPS das Unternehmen übernehmen, scheiterte aber am Veto der EU-Kartellbehörde. Schließlich erhielt FedEx den Zuschlag, musste sich aber von Teilen der TNT trennen, wie zum Beispiel von der Luftfrachtflotte TNT Airways. In der Zwischenzeit war TNT Express wie gelähmt. So mancher Kunde ist dabei offenbar abgesprungen. Viel Zeit wurde für nötige Modernisierungen vertan. Letztendlich hat die Profitabilität gelitten. FedEx weist im Geschäftsbericht 2017 dann auch für TNT Express bei einem Umsatz von mehr als sieben Milliarden US-Dollar nur eine Umsatzrendite von 1,1 Prozent aus.Mehr Wachstum, weniger ArbeitsplätzeHinzu kommen weitere Risiken. Gewerkschaften machen in einzelnen Ländern gegen die Integrationspläne mobil, so in Italien. Dort sollen nach Medienberichten 26 von 34 FedEx- und TNT-Standorten geschlossen und damit mehr als 360 Arbeitsplätze bedroht sein. In Belgien hat es ebenfalls Proteste gegeben, da die Europa-Zentrale des neuen Unternehmens in Hoofddorp bei Amsterdam angesiedelt werden soll. Damit würde Lüttich, der Sitz der ehemaligen TNT-Zentrale, überflüssig. Auch hier befürchten Gewerkschaften einen Verlust an Arbeitsplätzen."Wir erwarten in Deutschland weitestgehend keinen Stellenabbau", sagt indessen Andreas Scholz, der für die Gewerkschaft Verdi die Gesamtbetriebsräte von TNT und FedEx betreut. Doch werden Bereiche zentralisiert und zusammengelegt, insbesondere im Vertrieb und beim Kundenservice. Davon sollen eher FedEx- als TNT-Standorte betroffen sein. Ob alle TNT-Mitarbeiter aber die Angebote annehmen, möglicherweise auch an neue Standorte zu wechseln, ist noch offen. Zumal auch noch nicht klar ist, zu welchen Bedingungen die TNT-Mitarbeiter übernommen werden. Denn die sind wegen unterschiedlicher Vergütungssysteme möglicherweise weniger attraktiv. Bei Verdi fürchtet man bereits, dass sich die Fluktuation negativ auf das Geschäft auswirken könnte.Gelassenheit bei der KonkurrenzFedEx verfügt nach eigenen Angaben in Deutschland über mehr als 50 Depots mit 2100 Mitarbeitern und ist an zahlreichen Flughäfen vertreten. TNT Express zählt 40 Standorte mit 3700 Mitarbeitern deutschlandweit. "Es waren schon einmal 4500", heißt es bei Verdi. Offenbar wurde bereits im Vorfeld Personal reduziert. Hauptsitz von TNT Express ist Troisdorf bei Köln. Ob beide Zentralen erhalten bleiben, darf bezweifelt werden. Bei FedEx heißt es nur: Die Übernahme ist auf Wachstum ausgelegt. Im Klartext: Das Netz soll erweitert und optimiert und nicht geschrumpft werden.Die Wettbewerber DHL Express und UPS zeigen sich indessen entspannt. "Wir nehmen Konkurrenz immer ernst, brauchen mit unserem Serviceangebot aber niemanden zu fürchten", sagt Markus Reckling, CEO Deutschland bei DHL Express. Man spekuliert wohl darauf, angesichts des sich hinziehenden Übernahmeprozesses Kunden abwerben zu können. Seit 2014 hat DHL Express allein in Deutschland mehr als 200 Millionen Euro in die Modernisierung und Erweiterung des Netzwerks investiert, so Reckling. DHL Express hat Boeing gerade einen Großauftrag über 14 neue Frachtflugzeuge des Typs 777 erteilt, um die Luftflotte zu modernisieren.Mehr Wettbewerb im Expressmarkt"Wir werden unsere Wachstumsstrategie in Europa deswegen nicht ändern", heißt es bei UPS. Danach werden nach einem Fünf-Jahresplan bis 2020 mehr als zwei Milliarden US-Dollar in Modernisierung und Ausbau des Netzwerks investiert. Die Express- und Paket-Sparte weist UPS nicht getrennt aus. Man setzt auf Verbundproduktion. Erst im Mai hat UPS aber das Express-Portfolio für die zeitgenaue Zustellung erweitert. Im zweiten Quartal 2018 verbuchte UPS zudem einen operativen Rekordgewinn im internationalen Geschäft - vor allem dank einer sehr starken Entwicklung in Europa.Branchenexperten versprechen sich hingegen mehr Wettbewerb im Expressmarkt. "FedEx hatte in Europa Defizite", sagt Manner-Romberg. Die Übernahme sei daher eine passgenaue Ergänzung und auf Wachstum ausgerichtet. FedEx verdoppelt mit der Übernahme von TNT Express den Marktanteil in Europa auf 21 Prozent und schließt zu den Marktführern DHL Express (44 Prozent) und UPS (24 Prozent) auf. Das könnte den Wettbewerb in Europa und auch in Deutschland anheizen, meint Klaus Esser, Geschäftsführer von KE Consult aus Köln. "Man kann in diesem Segment des KEP-Marktes viel Geld verdienen", sagt er. Dafür sorgen im Vergleich zum Paketgeschäft hohe zweistellige Umsatzrenditen - zumindest bei DHL Express und UPS.Doch die Eintrittsbarrieren gerade in das lukrative transkontinentale Geschäft sind hoch. Denn internationale Netzwerke zu unterhalten ist kapitalintensiv und eine eigene Luftflotte kostspielig. Da gilt es, am Ball zu bleiben. Denn die Aussichten im Expressmarkt seien zudem stark positiv, so Manner-Romberg. Das Expressgeschäft wächst. Zwar nicht so dynamisch wie die nationalen Paketmärkte, aber deutlich, so die Experten. Treiber ist einmal mehr der Onlinehandel. Laut einer DHL-Studie könnte sich der internationale Onlinehandel bei einem durchschnittlichen Wachstum von 25 Prozent zwischen 2015 und 2020 von 300 auf 900 Milliarden US-Dollar steigern. "Alles deutet darauf hin", heißt es da, "dass die Nachfrage nach ausländischen Produkten auch nach 2020 nicht nachlassen wird". Seit Jahren wachse das Volumen, das DHL Express für Amazon transportiere, berichtet Reckling. Ein Trend im Onlinehandel sei dabei unverkennbar: Der Anteil der TDI-Transporte (zeitgenaue internationale Sendungen) für private Kunden (B2C) nimmt stark zu. Doch bleibt das Geschäft zwischen den Unternehmen (B2B) wichtigstes Standbein. Dies gilt auch für Deutschland, so Reckling. Einige Bereiche wie Autozulieferung, Energiebereich, Gesundheit und Pharmazie seien schon heute vom Expressversand abhängig.Expressmarkt soll weiter wachsenNach dem jüngsten Jahresbericht des Bundesverband Paket und Expresslogistik (BIEK), der aus der Feder von KE-Consult stammt, entfällt in Deutschland auf das Expressgeschäft mit 4,5 Milliarden Euro knapp ein Viertel des KEP-Marktes, zu dem noch der Paketmarkt (10,7 Milliarden Euro) und der Markt für Kurierdienste (4,2 Milliarden Euro) gezählt wird. Bis 2022 wird mit einem jährlichen Wachstum des Sendungsvolumens im Expressbereich von drei bis fünf Prozent gerechnet.Das schlägt sich auch in den Zahlen nieder wie bei DHL Express. Laut dem Bericht des Unternehmens über das erste Quartal 2018 werden auf mehr als 2500 Flügen täglich jeweils mehr als 900.000 TDI-Sendungen transportiert. Ein Zuwachs von 9,6 Prozent. Der Umsatz mit diesen besonders eiligen Waren legte sogar um 12,6 Prozent auf 47,4 Millionen Euro pro Tag zu - Preiserhöhungen konnten hier also offenbar durchgesetzt werden. Umsatzzahlen für Deutschland nennt DHL Express nicht. Doch stieg der Umsatz im ersten Quartal 2018 in Europa um 9,5 Prozent auf 1,7 Milliarden Euro. Deutschland gilt dort als wichtigster Markt. Das operative Ergebnis (EBIT) legte um 16,4 Prozent auf 461 Millionen Euro zu. Das entspricht eine Umsatzrendite von 12,2 (Vorjahr: 11) Prozent - und dürfte die Messlatte für die Übernahme von TNT Express durch FedEx entsprechend hoch legen.Mehr zum Thema finden Sie im Dossier KEP www.verkehrsrundschau.de/dossiers

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