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Koalitionsvertrag: Reaktionen der Branchenverbände aus der Logistik - Teil I

25.11.2021 09:37 Uhr
Ampel-Koalition SPD FDP Grüne
Die Reaktionen aus der Logistikbranche auf die Vorhaben der neuen Ampelkoalition fallen sehr wohlwollend aus
© Foto: bluedesign / stock.adobe.com

Die ersten Reaktionen der Branchenverbände aus Güterverkehr und Logistik auf den am 24. November vom Ampel-Bündnis vorgestellten Koalitionsvertrag fallen mehrheitlich positiv aus.

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Frankfurt am Main/Berlin. Die künftige Ampel-Regierung aus SPD, Grüne und FDP hat am 24. November ihren Koalitionsvertrag präsentiert. In ersten Statements der Branchenverbände dominieren mehrheitlich lobende Töne. Für den Bundesverband Güterverkehr, Logistik und Entsorgung erklärte Vorstandssprecher Dirk Engelhardt: "Der BGL begrüßt den Koalitionsvertrag zwischen SPD, Grünen und FDP außerordentlich. Er ist eine sehr gute Basis zur Bewältigung der Zukunftsaufgaben der mittelständischen Transport- und Logistikwirtschaft und zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit des Logistikstandortes Deutschland.“

Wichtige Eckpunkte des Vertrages griffen demnach Forderungen eines BGL-Fünf-Punkteplanes auf, wie etwa die Verbesserung der Kontrollen für faire Wettbewerbsbedingungen und bessere Arbeitsbedingungen in der Logistik, Bürokratieabbau und Modernisierung bei der Aus- und Weiterbildung. Ferner begrüßt Engelhardt den Ausbau von sicheren Lkw-Stellplätzen und die Erleichterung der Genehmigungspraxis für Großraum- und Schwertransporte sowie eine CO2-Differenzierung bei der Lkw-Maut ohne Doppelbelastung durch den CO2-Preis. Jetzt gelte es, diese Eckpunkte mit Leben zu füllen. „Wir freuen uns auf einen offenen und ehrlichen Dialog mit der neuen Ampelkoalition und wünschen ihr viel Erfolg", so Engelhardt.

Lob für den Ausschluss von Mehrfachbelastungen beim CO2-Preis

Als „ausgewogene Grundlage für eine zukunftsweisende Verkehrspolitik“ bezeichnet derweil der DSLV Bundesverband Spedition und Logistik den Koalitionsvertrag. „Die Absichtserklärungen der Ampel-Parteien adressieren zahlreiche für die Logistik relevante Themenfelder. Erfreulich ist die grundlegende Feststellung der Koalitionäre, dass Mobilität ein zentraler Baustein der Daseinsvorsorge und für die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschafts- und Logistikstandorts Deutschland mit zukunftsfesten Arbeitsplätzen ist", so DSLV-Hauptgeschäftsführer Frank Huster. Hierzu zähle auch die erhöhte Investitionsbereitschaft für Ausbau und Modernisierung der Infrastruktur einschließlich Wasserstraßen, Hafenhinterlandanbindungen und Glasfaserausbau.

Forderungen des Verbands zur Umsetzung der Klimaschutzanstrengungen seien in Teilen aufgenommen worden, so der DSLV. Wichtig sei demnach die Aussage, dass für die Wirtschaft Mehrfachbelastungen durch einen CO2-Preis ausgeschlossen werden sollen und staatliche Mehreinnahmen zurück in die Mobilität fließen sollen. „Die Formulierung lässt allerdings befürchten, dass an dieser Stelle der Finanzierungskreislauf Straße aufgebrochen wird“, kritisiert Huster. Zu begrüßen sei hingegen die Absicht, die Vorschläge der Europäischen Kommission für den Aufbau alternativer Tank- und Ladeinfrastruktur für Lkw zu unterstützen und dem Bedarf voranzuschalten. Entscheidend werde nun sein, ob es der Politik tatsächlich gelingt, ausreichende Finanzmittel für die Infrastrukturinvestitionen und die Digitalisierung von Planungs- und Genehmigungsprozessen zu generieren, so der Verband.

Ferner unterstützt der DSLV die Absicht der Koalitionäre, den Modal Split-Anteil des Schienengüterverkehrs zu stärken. Forderungen des Verbands nach einer weiteren Förderung von Terminals des Kombinierten Verkehrs, von Gleisanschlüssen und der Kranbarkeit von Lkw-Sattelaufliegern seien ebenso berücksichtigt wie die Freistellung der Zu- und Ablaufverkehre von der Lkw-Maut.

Zu vage blieben die Ampel-Parteien hingegen bei der Reform der Deutsche Bahn, deren Infrastruktureinheiten innerhalb des Konzerns zu einer neuen, gemeinwohlorientierten Infrastruktursparte zusammengelegt werden sollen. Huster: „Wichtig ist, dass sich der Wettbewerb auf dem Schienengüterverkehrsmarkt noch besser entfalten kann und der Zugang zum Verkehrsnetz weiterhin diskriminierungsfrei erfolgt.“

Kritik übt der DSLV im Bereich Arbeitsrecht: „Statt das Arbeitszeitgesetz grundsätzlich an die Digitalisierungsfortschritte anzupassen, wollen SPD, Bündnis90/Die Grünen und FDP flexiblere Arbeitszeitmodelle allein auf Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen begrenzen“, moniert der Spediteursverband.

Huster abschließend: „Die Logistik ist entscheidendes Scharnier zwischen den globalen Wertschöpfungsstufen von Industrie und Handel. Hierfür braucht die Branche politische Rahmenbedingungen, welche die ökonomischen, ökologischen und sozialen Säulen der Nachhaltigkeit stabilisieren. Der DSLV ist jederzeit offen für den konstruktiven Dialog mit der neuen Bundesregierung.“

Güterbahnen befürchten "Vollzugsflaute"

Eine erste Einschätzung des Netzwerks Europäischer Eisenbahnen (NEE), in dem sich die Deutsche-Bahn-Wettbewerber zusammengeschlossen haben, fällt eher durchwachsen aus. Grundsätzlich fielen der Bedeutungszuwachs der Schiene im Koalitionsvertrag und die Vielzahl angekündigter Maßnahmen positiv auf, so das NEE. Gleichzeitig wird auf „konzeptionelle Lücken“ sowie „sparsam benannte Kennzahlen und Zeithorizonte“ hingewiesen. Laut Verbandschef Ludolf Kerkeling müsse die Politik konsequente Anreize setzen, wenn sie den heutigen Güterverkehr klimafreundlich und ressourcenschonend umgestalten und dabei bezahlbar halten will. „Die erkenne ich noch nicht, dafür aber leider viele interpretierbare Ankündigungen.“

Der Verband zeigte sich beispielsweise enttäuscht, dass neben einer nicht bezifferten Erhöhung der Investitionen in die Schieneninfrastruktur offenbar der Autobahnneubau ebenfalls weitergehen soll. „Das zieht Verkehr von der Schiene ab. Auch bei den ökonomischen Rahmenbedingungen für Straße und Schiene soll sich fast nichts bewegen“, so Kerkeling. Die Kostenentlastung bei Trassenpreisen stehe unter Haushaltsvorbehalt, zu den Energiekosten der Schiene gebe es überhaupt keine Aussage. Der Abbau des Dieselsteuerprivilegs, eine zentrale Forderung des NEE, solle nur geprüft werden. Zudem wird kritisiert, dass die Erhebung der Lkw-Maut auch auf Landes- und Kommunalstraßen nicht beschlossen worden sei. Anstelle der CO2-Abgabe solle es zudem für Lkw einen nicht bezifferten CO2-Zuschlag geben. „Das reicht nicht, um einen gewerblichen Verlader zu Überlegungen zu bringen, ob er künftig auf der Schiene transportieren kann“, so Kerkeling. Die eisenbahnpolitischen Vorhaben des Koalitionsvertrages hat das NEE dagegen ausdrücklich begrüßt und verweist vor allem auf die angekündigte Ziel- und Strukturreform bei den Infrastrukturgesellschaften der Deutschen Bahn.

Kerkeling lobte die Ampel-Parteien, dass sie sich den Masterplan Schienenverkehr von 2020 und sein Ziel zu eigen machten, den Anteil der Schiene im Güterverkehr bis 2030 von heute 18 auf 25 Prozent zu steigern: „Allerdings treibt uns die Sorge um, dass wie in den Vorjahren auf schienenfreundliche Ankündigungen eine Vollzugsflaute folgt. Wir erwarten daher Volldampf vom neuen Bundesverkehrsminister vom ersten Tag an und Priorität für die Schiene“, so der NEE-Chef.

Binnenschifffer begrüßen weitere Entwicklung der Wasserstraßeninfrastruktur

Auch der Bundesverband der Deutschen Binnenschifffahrt (BDB) hat eine erste Bewertung der für Binnenschifffahrt, Häfen und Güterverkehr relevanten Passagen im Koalitionsvertrag vorgenommen. Positiv sei demnach, dass mit der angekündigten Stärkung der Hinterlandanbindungen und dem beschleunigten Ausbau der Schleusen, also der weiteren Entwicklung der Wasserstraßeninfrastruktur, eine Hauptforderung des Verbandes aufgegriffen werde. Die angekündigte Stärkung der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes sei dabei ein wesentlicher Baustein. 

„Die getroffenen Aussagen zum Schiffsverkehr sind erfreulich, da sie die für die Branche notwendigen Maßnahmen abbilden. Sicherlich hätten wir uns an der einen oder anderen Stelle mehr Verbindlichkeit und Präzision, etwa zum Verlagerungsziel und zu den erwähnten Anpassungen am Flottenerneuerungsprogramm, bereits im Koalitionsvertrag gewünscht. Das werden wir nun in den kommenden Wochen mit dem neuen Bundesverkehrsminister besprechen und konkretisieren. Wir regen an, die Umsetzung des Koalitionsvertrags wieder in Form eines 'Masterplans Binnenschifffahrt' vorzunehmen“, sagte BDB-Präsident Martin Staats. (mh)

Anmerkung der Redaktion: Diese Meldung wurde am 25. November um 13:08 aktualisiert (Statement BDB)

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