Koalitionsausschuss-Verhandlungen: Grüner, schneller, teurer

In Kürze Die Ergebnisse der Koalitionsausschuss-Verhandlungen der Ampel-Parteien Ende März betreffen auch den Güterverkehr. Wesentliche geplante Änderungen sind vor allem die Erhöhung und Ausweitung der Lkw-Maut, das Aus für den Finanzierungskreislauf Straße sowie die Planungsbeschleunigung bei bestimmten Infrastrukturprojekten. Das ist wohl der härteste Brocken für Transportunternehmer und Spediteure: Zum Januar 2024 soll der CO2-Aufschlag auf die Lkw-Maut in Kraft treten. Angesichts bisher kaum verfügbarer Null-Emissions-Lkw gibt es für Fuhrunternehmer praktisch keine Möglichkeit, diesem Aufschlag zu entgehen. Vereinbart wurde ein CO2-Preis von 200 Euro pro Tonne. Das befindet sich zwar am unteren Rand der üblicherweise genannten CO2-Vermeidungskosten im Verkehr, liegt aber weit über den rund 95 Euro, die aktuell im EU-Emissionshandel für Energiesektor, Industrie und innereuropäischen Luftverkehr (ETS) aufgerufen werden. Gespaltene Reaktionen Von "politischem Harakiri" sprach denn auch sogleich Dirk Engelhardt, Vorstandssprecher des Bundesverbands Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL): "Ohne am Markt verfügbare Alternativen zum Diesel-Lkw und ohne Ladeinfrastruktur fehlt jedwede Lenkungswirkung zugunsten des Klimaschutzes. Damit belastet die Ampel nur den Endverbraucher, ohne es ehrlich dazu zu sagen." Moderater äußerte sich Axel Plaß, Präsident des Speditionsverbandes DSLV: "Es ist offensichtlich, dass Null-Emissions-Logistik nicht zum Null-Tarif erfolgen kann." Nun komme es darauf an, dass die neuen Mautsätze so schnell wie möglich veröffentlicht werden. "Die Speditionshäuser und ihre Kunden brauchen Planungssicherheit und Transparenz über die zukünftigen Logistikkosten." Droht die Doppelbelastung? Eine handwerkliche Herausforderung für den Gesetzgeber wird es sein, wie im Koalitionsvertrag versprochen, eine Doppelbelastung für CO2-Emissionen zu verhindern: Bereits seit 2021 gibt es bekanntlich einen nationalen CO2-Aufschlag auf fossile Kraftstoffe (Brennstoff-Emissionshandels-Gesetz/BEHG), der voraussichtlich 2027 durch einen europäischen Emissionshandel für den Verkehrssektor abgelöst wird (ETS II). Die fünf Logistikverbände AMÖ, BGL, BIEK, BWVL und DSLV haben im Februar als eine denkbare Lösung vorgeschlagen, den BEHG-Aufschlag auf von Lkw getankten Diesel zu erstatten, zum Beispiel auf Basis einer Tankkarte oder in einem digitalen Verfahren. Mit einem CO2-Aufschlag nur auf die Maut würden in- und ausländische Lkw auch wettbewerbsneutral behandelt. Rätsel wirft noch der Satz auf, wonach "emissionsfreie Lkw bis Ende 2025 von der Infrastrukturgebühr befreit werden, anschließend werden lediglich 25 Prozent des regulären Satzes erhoben". Selbst auf Ebene der Koalitionsfraktionen ist unklar, ob "Infrastrukturgebühr" hier als Synonym für "Lkw-Maut" verwendet wird oder ob es nur um den Infrastruktur-Teilsatz der Maut geht. Dieser beträgt zum Beispiel für einen 40-Tonnen Sattelzug mit Euro 6-Schadstoffklasse 15,5 Cent/km der Gesamtmaut von 19 Cent/km. "Aus" für Finanzierungskreislauf Straße Der zweite Brocken ist der neuerliche Paradigmenwechsel für die Verwendung der Lkw-Maut-Einnahmen: Wie schon bis 2009 soll wieder der breitere Grundsatz "Verkehr finanziert Verkehr" gelten, nicht "Straße finanziert Straße". Hintergrund ist, dass die Deutsche Bahn einen zusätzlichen Finanzierungsbedarf von mindestens 45 Milliarden Euro für Erhaltung sowie Aus- und Neubau der Schiene angemeldet hat. Aus Steuermitteln ist das kaum zu finanzieren. Daher sollen die Einnahmen aus dem CO2-Zuschlag der Lkw-Maut "ganz überwiegend" für Investitionen in die Schiene genutzt werden - die Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang sprach von 80 Prozent. Es sollen aber auch Terminals für den Kombinierten Verkehr ausgebaut werden. Die Formulierung des Textes legt nahe, dass es sich um Terminals der DB-Tochter DUSS handelt. Trotzdem gibt es auch gute Nachrichten für den Straßengüterverkehr: Der monatelange Streit zwischen Umwelt- und Verkehrsministerium um den Ausbau von Autobahnen wurde beigelegt. Nun soll den Autobahnprojekten des Bundesverkehrswegeplans (BVWP), die der Engpass-Beseitigung dienen, attestiert werden, dass sie im "überragenden öffentlichen Interesse" liegen. Damit wird den Planfeststellungsbehörden und Gerichten bei der Abwägung etwa mit Belangen des Natur- und Umweltschutzes der Spielraum zugunsten des Straßenbaus erweitert. Inwieweit diese höhere Wertung in der Praxis etwas bringt, ist bisher nicht klar. Begrenzte Finanzmittel Ein Wermutstropfen für die Straßennutzer ist, dass die Rechtsänderung kein zusätzliches Geld herbeizaubert. Nach Berechnungen des Naturschutzverbandes BUND, die sich auf Kostenschätzungen des Bundesverkehrsministeriums von Ende 2021 stützen, sind für die - je nach Zählweise - 115 bis 144 Engpass-Projekte rund 30 Milliarden Euro erforderlich. Tatsächlich verbaut wurden bisher rund zwei Milliarden Euro. Im Neubau-Etat der Autobahngesellschaft sind für 2023 aber nur 1,8 Milliarden Euro für alle (!) Projekte eingeplant, eine substanzielle Steigerung ist bis Ende der Legislatur nicht in Sicht. Die Umsetzung wird sich also bis weit in die 2030er-Jahre hinziehen. Die wichtigsten Beschlüsse Zum 1. Januar 2024 wird die Maut auf Lkw ab 3,5 Tonnen ausgeweitet und ein CO2-Aufschlag von 200 Euro/Tonne eingeführt; Null-Emissions-Lkw werden bis Ende 2025 von der Infrastrukturgebühr befreit Die Zweckbindung der Mauteinnahmen für die Straße wird abgeschafft, es werden damit auch Schienenprojekte finanziert Den BVWP-Projekten zur Engpass-Beseitigung bei Straße und Schiene wird „überragendes öffentliches Interesse“ attestiert, um die Genehmigungsprozesse zu erleichtern E-Fuels werden zum öffentlichen Verkauf an Tankstellen zugelassen Klimaschutz-Zielverfehlungen des Verkehrs können im Einvernehmen mit anderen Ressorts dort ausgeglichen werden

Cannabis: Dekra warnt vor Anhebung des Grenzwerts

Ungarn: Gebrüder Weiss vergrößert Logistikzentrum

Mont-Blanc-Tunnel ab September gesperrt

Niedersachsen: Landesregierung will Tarifbindung stärken

ÖBB: Rail Cargo Group erzielt 2023 ein Plus

Alle Schlagzeilen

Koalitionsausschuss-Verhandlungen: Grüner, schneller, teurer

WEITERLESEN

NEWSLETTER