Kein Wachstum um jeden Preis

Ungewöhnlich war die Art und Weise, wie der CEO von Dachser, Bernhard Simon, in diesem Jahr die Rückschau auf das abgelaufene Geschäftsjahr präsentierte: nicht in einem edlen Hotel, sondern wegen der Corona-Pandemie per Video-Schalte. Unterdurchschnittliches Wachstum 2019 Ungewöhnlich waren aber auch die Zahlen für das Jahr 2019. Denn zumindest für Dachser-Verhältnisse war das Wachstum eher unterdurchschnittlich. Der Netto-Umsatz stieg um 1,6 Prozent von 5,57 Milliarden (Mrd.) Euro auf 5,658 Mrd. Zum Vergleich: 2017 betrug das Plus satte 9,9 Prozent, 2018 immerhin 5,5 Prozent. Dennoch lautete das Fazit von Simon: "Es ist ein gutes Ergebnis vor dem Hintergrund einer sich eintrübenden Konjunktur." Auf der Haben-Seite steht die Umsatzentwicklung im Geschäftsbereich Road: Hier nahm der Umsatz um 2,9 Prozent auf 4,596 Milliarden Euro zu. Mit der Entwicklung im Vorjahr (+6,6 Prozent) konnte dieser Wert jedoch nicht mithalten. Negativ entwickelte sich die See- und Luftfracht: Hier verzeichnete Dachser ein Minus von 4,1 Prozent und kommt auf 1,137 Milliarden Euro Umsatz. Den Rückgang begründete Simon mit dem Verlauf der weltweiten Konjunktur, die 2019 nicht mehr so stark gewesen sei und "uns Kopfzerbrechen" bereitet hat. Für Dachser ebenfalls ungewöhnlich: Im Vergleich zum Vorjahr sind die Zahl der Sendungen (-3,7 Prozent) und deren Tonnage (-1,0 Prozent) gesunken. Über den Gewinn macht Dachser selber grundsätzlich keine Angaben. "Das Ebit hat sich auf einem ähnlichen Niveau bewegt wie 2018", sagte Simon auf Nachfrage der Verkehrs-Rundschau (siehe Interview). Dachser hat laut Bundesanzeiger 2018 ein Ebit in Höhe von 4,7 Prozent (261,1 Millionen Euro) erwirtschaftet. Auch Dachser leidet unter den Folgen der Corona-Krise. "In den südlichen Ländern, vor allem in Spanien, Portugal und in Frankreich, haben wir seit dem Shut-down starke Einbußen. Wir verzeichnen Rückgänge in allen Ländern um bis zu 25 Prozent im grenzüberschreitenden Verkehr. National sind die Rückgänge in Südeuropa noch gravierender", sagte Simon. Unabhängig von der aktuell besonderen Lage gilt bei Dachser offensichtlich: kein Wachstum um jeden Preis. Darauf deuten die Zahlen für 2019 hin wie auch die Antwort von Simon auf die Frage eines Journalisten, ob nicht die kürzlich veräußerte Kontraktlogistiksparte von Kühne + Nagel in Großbritannien interessant gewesen wäre für Dachser. Die Antwort von Simon: Nein, denn so ein Paket müsse zu den Prozessen von Dachser passen. "Kontraktlogistik akquirieren wir, wir kaufen sie nicht", so die klare Ansage des Dachser-Chefs. Aber nicht nur hier verhält sich das Unternehmen anders als einige andere Anbieter. Ein weiteres Beispiel ist die Ausbildung. Seit 2015 bildet Dachser Berufskraftfahrer aus und hält auch in diesen Zeiten daran fest. "Unser Ziel ist es, dass wir über alle Ausbildungsjahrgänge auf 300 Auszubildende im Bereich Berufskraftfahrer kommen", sagte Simon gegenüber der VR. 2018 waren es 207, im Herbst 2019 erlernten dann 251 junge Menschen bei Dachser den Beruf des Kraftfahrers. Auch das ungewöhnlich, denn das Unternehmen besitzt nahezu keine eigenen Lkw. Mehr zum Thema finden Sie unter #Dachser www.verkehrsrundschau-plus.de/hashtag In Kürze Als einer der größten Speditionen Deutschlands steht Dachser im Fokus der Logistikbranche. Wie sehr ist das Unternehmen von der Corona-Krise betroffen und wie geht es mit seinen Kunden und Transportdienstleistern um? Dazu gibt Dachser-CEO Bernhard Simon Auskunft. "Malen Sie den Teufel nicht an die Wand" 2017 und 2018 hat Dachser ein Umsatzwachstum von jeweils über fünf Prozent erzielt. 2019 waren es nur 1,6 Prozent. War es ein eher enttäuschendes Jahr?Nein, das kann man so nicht sagen, weil in unseren jeweiligen Segmenten die Entwicklungen ganz unterschiedlich verlaufen sind. In Road Logistics haben wir mit 2,9 Prozent ein signifikantes Wachstum erzielt, gerade auch im Food-Bereich mit einem Plus von 5,1 Prozent. Kopfzerbrechen bereitet hat uns in der Tat die weltweite Konjunktur, die 2019 nicht so stark war. Das haben wir in der Air- und Sea-Logistics zu spüren bekommen und dort Federn lassen müssen.Warum ist im Segment Road das Sendungsvolumen 2019 um 3,6 Prozent rückläufig gewesen, obwohl die Wirtschaft europaweit leicht um 1,5 Prozent gewachsen ist?Dafür gibt es zahlreiche Gründe: So haben wir in den südeuropäischen Ländern stark darauf gesetzt, die Netze profitabel zu gestalten. Da haben wir auch auf Sendungen verzichtet. In Deutschland war für uns die Binnenkonjunktur eher schwächer ausgeprägt. Hier sind die grenzüberschreitenden Verkehre deutlich stärker gewachsen. Damit sind die Distanzen länger geworden, aber die Tonnage ist eher konstant geblieben.Im Geschäftsfeld Road wachsen vor allem die internationalen Transporte?Ja, der Treiber sind die grenzüberschreitenden Verkehre. Europa erweist sich hier als ein Wachstumsmotor.2018 hat Dachser ein Ebit von 4,7 Prozent erwirtschaftet. Wie hat sich das Ebit 2019 entwickelt?Es wird sich auf einem ähnlichen Niveau bewegen wie 2018.Hat Dachser angesichts der mit der Corona-Krise verbundenen Mehrkosten die Frachtraten angepasst, die Sie den Transportdienstleistern zahlen?Nein, solche Verhaltensweisen haben kurze Beine. Wir sprechen von Partnerschaften gegenüber unseren selbstständigen Transportunternehmern, überlegen gemeinsam mit ihnen Lösungen und wie sie eine verträgliche Auslastung erreichen können. Es geht uns um solidarisches Vorgehen, denn wir möchten ja auch nach der Krise mit ihnen zusammenarbeiten. So achten wir beispielsweise auf kurze Zahlungsfristen, damit es zu keinen Liquiditätsengpässen kommt.Und bei Ihren Kunden: Hebt Dachser dort die Preise an?Auch dort ist uns wichtig, dass die Zahlungsziele eingehalten werden. Wir sprechen nicht von Coronazuschlägen, uns ist viel wichtiger, die Leistungspakete situationsgerecht anzupassen. Wir können in diesen Zeiten nicht mehr überall uneingeschränkt anliefern. Es gibt Annahmeeinschränkungen oder Schließungen. Hier müssen wir gemeinsam Lösungen finden. Aber das schließt natürlich nicht aus, dass es zu Preissteigerungen kommt, wenn beispielsweise Sonderfahrten erforderlich werden.Müssen Sie befürchten, dass Dachser erstmals rote Zahlen schreibt, wenn die Corona-Krise noch länger andauert?Malen Sie den Teufel nicht an die Wand. Nein, davon gehe ich nicht aus. cdBernhard Simon, CEO von Dachser

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