Ein offener Brief im Rahmen eines betrieblichen Streits ist nicht ohne weiteres ein Kündigungsgrund. Das geht aus einem am Montag veröffentlichten Urteil des Landesarbeitsgerichts (LAG) Rheinland-Pfalz in Mainz hervor. Vielmehr gelte auch hier das Recht der freien Meinungsäußerung, das erst dort seine Grenze finde, wo Menschen vorsätzlich beleidigt und verleumdet würden. Das Gericht gab mit seinem Urteil der Kündigungsschutzklage eines Arbeitnehmers statt. In einer betrieblichen Auseinandersetzung hatte der Kläger in einem offenen Brief sowohl den Vorsitzenden des Betriebsrates als auch aus Sicht des Arbeitgebers den Geschäftsführer und den Personaldirektor angegriffen. In der Sache selbst äußerte sich der Kläger nach eigener Auffassung sachlich und nicht beleidigend. Gleichwohl kündigte der Arbeitgeber dem Kläger fristlos: Der Mann habe die betrieblichen Angelegenheiten nicht in einem offenen Brief aufgreifen dürfen. Das LAG teilte diese strenge Sicht nicht. Zwar seien Beleidigungen des Arbeitgebers oder von Vorgesetzten nicht vom Recht der freien Meinungsäußerung gedeckt und daher regelmäßig auch ein Kündigungsgrund. Die Loyalitätspflicht gegenüber dem Arbeitgeber gehe aber nicht so weit, dass einem Mitarbeiter jede offene Kritik verboten sei. (dpa) LAG Rheinland-Pfalz Az.: 8 Sa 245/06
Kein Kündigungsgrund: Sachliche Kritik am Chef
Frei Meinungsäußerung geschützt: Die Loyalitätspflicht gegenüber dem Arbeitgeber verbietet einem Mitarbeiter nicht jede offene Kritik