Iranembargo

Iranembargo Transportaufträge mit hohem Risiko Vom Iranembargo sind nicht nur Transporte betroffen, die direkt in den Iran gehen. Auch Beförderungsleistungen in Drittländer oder innerhalb Deutschlands können darunter fallen. Die Iranembargo-Verordnung ist kompliziert, Verstöße können gravierende Folgen haben. Es sind doch nur harmlose Betonmischmaschinen.“ „Klar geht die Fracht in den Iran, aber wir transportieren doch nur in die Türkei.“ „Der Zoll hat gesagt, wir dürfen …“ – solche oder ähnliche Fehleinschätzungen können für Transportunternehmer schwerwiegende Folgen haben. Denn im Oktober letzten Jahres wurde das bislang geltende Iranembargo erheblich verschärft. Was viele Unternehmer nicht wissen: Es fallen auch rein deutsche oder innereuropä-ische Transporte sowie Beförderungsleis-tungen in Drittländer wie die Türkei oder Dubai unter das Embargo, wenn der Iran als Bestimmungsort feststeht. Komplizierte sowie schwammig formulierte Regelungen und drastische Konsequenzen bei Verstößen haben inzwischen nicht wenige Speditionsunternehmen dazu veranlasst, ganz die Finger vom Irangeschäft zu lassen. Die Maßnahmen des Embargos betreffen neben den Bereichen Öl und Gas, Finanzen und Handel eben auch den Transportsektor. So muss alle Fracht in und aus dem Iran dem Zoll innerhalb bestimmter Fris-ten vorab angemeldet werden. Seetransporte mit der iranischen Staatsreederei IRISL und deren Tochterunternehmen sind gänzlich verboten, da diese Ree-dereien auf der „Schwarzen Liste“ der Iranembargo-Verordnung stehen. Neben der IRISL, weiteren iranischen Unternehmen und Banken sind auch Firmen in Europa, unter anderem Deutschland, Dubai und Hongkong gelistet. Nennenswert ist hier die Europäisch-Iranische Handelsbank in Hamburg, die seit Ende Mai 2011 auf der Liste steht. Damit sind Akkreditiv-geschäfte, ein Instrument der Zahlungssicherung und -abwicklung für Warenlieferungen und Dienstleistungen, erheblich eingeschränkt. Unternehmer sollten außerdem entsprechende Black-Lists aus den USA beachten, die weit umfangreicher sind als die europäischen und nahezu alle iranischen Banken enthalten. Insofern reicht das Okay nationaler Behörden zu Irangeschäften nicht aus, da diese nur nach europäischen Vorschriften prüfen. Dual-Use-Güter sind kritisch Die Maßnahmen des Embargos richten sich gegen iranische Personen, Organisationen oder Einrichtungen. Dahinter verbergen sich neben dem iranischen Staat und seinen Behörden unter anderem Firmen unter iranischer Kontrolle oder mit iranischer Mehrheitsbeteiligung, völlig unabhängig, in welchem Land sie ansässig sind. Der Verkauf, die Lieferung, die unmittelbare oder mittelbare Weitergabe und die Ausfuhr bestimmter Güter, insbesondere nahezu alle Dual-Use-Waren, ist verboten. Darunter versteht man Waren mit doppeltem Verwendungszweck, etwa Maschinen oder Software und Technologie, die primär zur zivilen, unbedenklichen Nutzung hergestellt wurden, aber auch für militärische Zwecke oder zur Herstellung von Kernwaffen verwendet werden können. Damit ist also beispielsweise der Transport einer unter das Embargo fallenden Maschine innerhalb Deutschlands verboten, wenn der Empfänger eine Gesellschaft mit iranischer Mehrheitsbeteiligung ist. Die bloße Organisation eines solchen Transportes dürfte eine „mittelbare Weitergabe“ oder eine ebenfalls strafbare Teilnahme am Embargoverstoß darstellen. Es drohen bis zu fünf Jahre Haft Völlig unabhängig vom Empfängerkreis ist es verboten, die oben genannten Güter „zur Verwendung im Iran“ zu verkaufen, zu liefern, weiterzugeben und auszuführen. Steht also fest, dass die Fracht für den Iran bestimmt ist, sind auch reine Vorläufe, wie beispielsweise von Kassel an den Frankfurter Flughafen, vom Iranembargo betroffen. Besondere Vorsicht ist bei Transportaufträgen in die Türkei oder nach Dubai geboten. Diese Länder werden oftmals zur Umgehung des Embargos genutzt, was auch den Strafverfolgungsbehörden hinreichend bekannt ist. Geregelt ist das Ganze in der Iranembargo-Verordnung. Sie ist eine EU-Verordnung und damit unmittelbar geltendes Recht, das von jeder natürlichen und juris-tischen Person in der EU beachtet werden muss. Die strafrechtlichen Folgen eines Embargo-Verstoßes sind schwerwiegend. Wer eine Embargo-Vorschrift vorsätzlich missachtet, wird nach Paragraf 34 Absatz 4 des Außenwirtschaftsgesetzes mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. Darunter fällt auch „bedingt vorsätzliches“ Handeln, also ein Inkaufnehmen des Verstoßes. Fahrlässigkeit wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe geahndet. Auch die Beteiligung an Embargoverstößen fällt unter diese Vorschriften. Einer der wenigen positiven Aspekte der Verordnung ist eine Haftungsbegrenzung auf Vorsatz und Fälle, in denen ein Grund zur Annahme besteht, dass ein Verstoß vorliegt. Das bedeutet, dass negative Indizien nicht ignoriert werden dürfen, aber keine aktive Nachforschungspflicht besteht. Geht also bei einem Transportauftrag nach Dubai aus den Frachtpapieren hervor, dass die Ware für den Iran bestimmt ist, liegt ein negatives Indiz vor, das beachtet werden muss. Andererseits besteht keine aktive Nachforschungspflicht, wenn nichts dafür spricht, dass der Iran Endbestimmungsort ist. Insbesondere müssen Unternehmer keine Handelsregis-terauskünfte einholen, um an einem Geschäft beteiligte Unternehmen daraufhin zu überprüfen, ob es sich um iranische Organisationen im Sinne der Iranembargo-Verordnung handelt. Irangeschäfte sind somit unter Einhaltung der Embargo-Vorschriften weiterhin möglich, jedoch als höchst sensible Spezialgeschäfte. Voraussetzung ist, dass sich Speditions- und Logistikunternehmen eingehend mit allen verfügbaren Merkblättern und anderweitigen Publikationen inklusive der Iranembargo-Verordnung befassen. ❙❚■ Jutta Knell ist Rechtsanwältin beim Deutschen Speditions- und Logistikverband und zuständig für Zoll- und Umsatzsteuerrecht, Internationale Handelspolitik und Außenwirtschaftsrecht Bestimmungsort Iran: Für Speditions- und Logistikunternehmen ein sensibles Spezialgeschäft Iranembargo Das rät der DSLV Speditions- und Logistikunternehmen Abwicklung von Irangeschäften über eine zentrale Compliance-Stelle im Unternehmen Verwendung der vom Deutschen Speditions- und Logistikverband (DSLV) empfohlenen Exportvollmacht oder bei reinem Transport einer vergleichbaren Bestätigung Güterbezogene Embargoverstöße aus-schließen Überprüfung aller an einem Auftrag beteilig-ten Personen, Organisationen und Einrichtungen, soweit sie bekannt sind, anhand der EU-Antiterrorismus-Verordnungen, Iranembargo-Verordnung (Blacklists Anhänge VII, VIII) und US-Listen Ist der Auftraggeber, Empfänger, Carrier oder Subunternehmer eine iranische Person, Or-ganisation oder Einrichtung? (Überprüfung nur bei negativen Indizien erforderlich) Finanzsanktionen beachten (Melde- und Genehmigungspflicht) Bei Zweifeln: Anfrage beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle oder Kontakt über den DSLV zum Bundesverfassungsschutz jk Irangeschäft: EU-Vorschriften beachten Handlungsempfehlungen für Irangeschäfte Checkliste 1. Exportvollmacht oder bei reinem Transport vergleichbare Bestätigung des Auftraggebers, dass es sich um keine Embargoware handelt 2. Warenbezogene Bescheinigungen des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA-Bescheinigungen) Ausfuhrgenehmigung des BAFA: Liegt eine Ausfuhrgenehmigung des BAFA vor, kann die Ware exportiert werden. Nullbescheid: Ein Nullbescheid ist eine umfassende, rechtsverbindliche Bestätigung des BAFA, dass die Ausfuhr der Waren nicht verboten und nicht genehmigungspflichtig ist. Da das BAFA alle in Betracht kommenden Vorschriften (Dual-Use-Verordnung, Kriegswaffenkontrollgesetz, Außenwirtschaftsverordnung, Anti-Folter-Verordnung) prüft, ist mit einer längeren Bearbeitungszeit zu rechnen. Im Regelfall ist es der Exporteur, der einen förmlichen Antrag auf Erteilung eines Nullbescheids stellt, wenn Unsicherheiten bezüglich der Waren bestehen. Positive Auskunft: Eine positive Auskunft des BAFA ist die mildere und schnellere Variante eines Nullbescheids. Es genügt eine formlose Anfrage per E-Mail oder Brief mit allen vorliegenden Informationen und Unterlagen zur Ware. Das BAFA erteilt dann entweder eine positive Auskunft dahingehend, dass die Güter nicht erfasst sind und keine Verbote oder Genehmigungspflichten bestehen, oder eine negative Auskunft mit dem Hinweis auf ein Verbot oder eine Genehmigungspflicht. Diese Auskünfte sind aber nur eingeschränkt rechtsverbindlich und enthalten den Passus: „Aufgrund der geschilderten Informationslage teilen wir mit …“ Spediteure sollten nur in Ausnahmefällen Nullbescheide beantragen oder Auskünfte einholen, da das BAFA andernfalls hoffnungslos überlastet wäre. Bei ernsthaften Zweifeln an der Unbedenklichkeit der Ware könnten sie aber auf die Vorlage eines Nullbescheids oder einer positiven Auskunft durch ihren Auftraggeber bestehen. Auch dies sollte die Ausnahme bleiben. Nach Auffassung des Deutschen Speditions- und Logistikverbandes (DSLV) ist es in der Regel ausreichend, sich eine Exportvollmacht oder vergleichbare Bescheinigung unterzeichnen zu lassen. jk So prüfen Sie die Unbedenklichkeit des Transportgutes