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Interview: Wie gefährlich war das Flaminia-Unglück?

21.09.2012 11:55 Uhr
Interview: Wie gefährlich war das Flaminia-Unglück?
Hans-Werner Monsees, Leiter des Havariekommandos in Cuxhaven
© Foto: Havariekommando

Hans-Werner Monsees, Leiter des Havariekommandos in Cuxhaven, zur Gefahrensituation des havarierten Containerfrachters „Flaminia“.

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Hans-Werner Monsees, Leiter des Havariekommandos in Cuxhaven, zur Gefahrensituation des havarierten Containerfrachters „Flaminia“, der  nach wochenlanger Irrfahrt durch den Atlantik im Tiefwasserhafen in Wilhelmshaven angelegt hat.

Wie gefährlich war die Situation auf dem Schiff, als Sie an Bord gingen?
Das Schiff ist auf hoher See in Brand geraten und zunächst war es in der Tat eine komplexe Situation vor Ort. Nachdem die Bundesregierung entschieden hatte, dass das Schiff nach Deutschland verbracht werden sollte, war für uns klar, dass wir zunächst zusammen mit einem internationalen Expertenteam die konkrete Gefahrenlage vollständig aufklären müssen. Unter anderem haben wir Aufnahmen mit einer Wärmebildkamera aus einem Spezialflugzeug gemacht. Nach der Beurteilung des Germanischen Lloyd war das Schiff zwar schwer beschädigt, aber stabil und reisefähig.

Das Schiff hatte auch Gefahrgut geladen. Wie groß war die Gefahr, die von diesen Containern ausging?
Von den 2876 Containern an Bord der Flaminia enthielten 153 als Gefahrgut klassifizierte Ladung. Wenn man bedenkt, dass auf Schiffen häufig 30 bis 35 Prozent der Ladung als Gefahrgut gelten, ist der Anteil auf der Flaminia relativ gering. Die Hälfte dieser Gefahrgutcontainer wurde durch das Feuer zerstört. Die übrigen Gefahrgutcontainer sind unter ständiger Kontrolle, stehen aber in ungefährdeten Bereichen im Vorderschiff. Die Feuerwehr bekämpft derzeit noch Glutnester in vier Containern, die mit gepresstem Papier beladen sind. Das ist aber unspektakulär und Routinearbeit.

Kritiker sagen, das europäische Notfallkonzept für Schiffshavarien habe versagt.
Es ist zu früh für irgendwelche Schuldzuweisungen. Das Schiff ist mitten im Atlantik, also in internationalen Gewässern, havariert. Dort ist kein Staat grundsätzlich verantwortlich. Die Reederei hat, wie in solchen Fällen üblich, ein Bergungsunternehmen für die Brandbekämpfung beauftragt. Im Zulauf auf Europa hat man einen Hafen gesucht, wo das Schiff unterkommen kann. Die Europäische Richtlinie 2002/59 besagt, dass die Staaten zwar für solche Fälle Notfallliegeplätze zur Verfügung stellen müssen, es besteht jedoch keine Verpflichtung, ein havariertes Schiff aufzunehmen.

Das Schiff fuhr unter deutscher Flagge …
Das Bundesverkehrsministerium hat sicher auch deshalb entschieden, das Schiff nach Deutschland zu bringen. Die oberste Maxime bei der Entscheidung war allerdings die Sicherheit für Mensch und Umwelt. Wir hatten zur Risikoanalyse alle notwendigen Mittel und ausreichend Zeit. Von dem Schiff ging keine Gefahr aus.

Tun die Reeder genug, um solche Katastrophen zu vermeiden?
Aus meiner Sicht, ja. Das gilt sicher für Schiffe unter deutscher Flagge. Die sind in einem sehr guten Zustand und werden regelmäßig überprüft. Und die Besatzungen sind gut ausgebildet. Das gilt auch für viele internationale Reeder. Aber es gibt keine absolute Sicherheit auf See und solch einen Unfall hätte vermutlich kein Reeder verhindern können.

Interview: Dietmar Winkler

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