Im Dienst der Landwirtschaft

Die Arbeit im Gefahrstofflager der BayWa AG im oberbayerischen Wolnzach ist ein stark saisonal getriebenes Geschäft. "In der Pflanzenschutzlogistik ist nichts planbar, da sind wir sehr witterungsabhängig", erklärt Josef Holzer, Leiter Kompetenzregion Hallertau des Handels- und Dienstleistungskonzerns für Agrar, Energie und Bau. Von Wolnzach aus versorgt sein Unternehmen landwirtschaftliche Betriebe, Raiffeisengenossenschaften und Einzelhändler in der Region Oberbayern nicht nur mit Saatgut, Dünge- und Futtermitteln, sondern auch mit Pflanzenschutzmitteln. Für die sichere Unterbringung dieser teils toxischen, teils entzündbaren Stoffe und Gemische hat der Konzern am erst Ende 2017 eröffneten Standort auch ein Gefahrstofflager mit drei Abschnitten errichtet. Wobei der dritte Bereich nur der Kommissionierung und Bereitstellung dient. "Die Dreiraumsystematik ergab sich schon in den Neunzigerjahren aus der TRGS 514 für sehr giftige und giftige Stoffe sowie aus der TRbF 110 und in der Folge der TRbF 20 für Lager", erinnert sich Bertram Kreutmeier, Störfallbeauftragter und Gefahrstoffmanager bei der BayWa, und ergänzt: "Diese technischen Regeln wurden dann in der TRGS 510 zusammengeführt." Zwei Bereiche für Gefahrstoffe Der Bereich 1 des Wolnzacher Lagers ist zugelassen für nicht entzündbare, toxische/ CMR-Gemische (krebserzeugend, erbgutverändernd, fortpflanzungsgefährdend) der Lagerklassen 6.1B und 6.1D sowie für Gefahrstoffe der Klassen 5.1B, 8B und 11 bis 13. Im Bereich 2 dürfen entzündbare Gemische der Klassen 2B, 3, 6.1A und 6.1C gelagert werden, die teilweise auch toxisch sein können, sowie Stoffe der Klassen 8A, 8B und 10 bis 13. Beide Bereiche und auch der dritte, nur für Bereitstellung und Kommissionierung vorgesehene, können Stoffe der Wassergefährdungsklasse 3 aufnehmen. "Insgesamt haben wir in den beiden Gefahrstoffräumen 432 Palettenstellplätze", weiß Kreutmeier. Davon entfallen 234 auf den Abschnitt 1 und 198 auf den Abschnitt 2. Alle Wände und Türen sind laut dem Störfallbeauftragten in feuerbeständiger Bauweise F-/-T90 ausgeführt. Der Boden sowie die Wände wurden in beiden Bereichen bis in etwa einem Meter Höhe abgedichtet, an den Toren befinden sich Schotten für die Löschwasserrückhaltung. Installiert hat man auch eine automatische Brandfrüherkennung. "Bei einem Brand löst sie das Schließen der Tore, der Lichtkuppeln, der Rauch- und Wärmeabzugsanlagen, der Feuerschutzschotten für die Lüftung und des Löschwasserschotts aus und alarmiert die Feuerwehr", zählt Kreutmeier auf. Deren Einsatzkräfte können dann Wasser oder Schaum in die Trockenlöschanlage einspeisen und das Lager damit fluten. Eine Gaswarnanlage ist ebenfalls vorhanden, die im Winterhalbjahr enorme Heizkosten spart. Denn sie steuert die Lüftung nur dann an, wenn wirklich etwas ausgetreten sein sollte. Sinnvoll, da Pflanzenschutzmittel kälteempfindlich sind und das Gefahrstofflager deshalb auf mindestens plus acht bis zehn Grad Celsius temperiert wird. Dreimal jährlich neu bestückt Abgesehen von Einzellieferungen bestückt die Chemieindustrie den Standort Wolnzach dreimal im Jahr neu. "Das erste Mal wird das Lager Mitte Februar voll", berichtet Betriebsleiter Holzer. Zur zweiten Charge gehören Pflanzenschutzmittel für Kartoffeln und Mais sowie für den Hopfenanbau, die große Spezialität der Region. "Und dann kommt im August noch mal eine Charge mit Pflanzenschutz für den Herbst", sagt Holzer. Die Belieferung der BayWa-Kunden erfolgt oft sehr kurzfristig. "Sobald der Landwirt aufs Feld kann - das kann je nach Witterung schon Mitte Februar, aber auch erst Ende März sein -, beginnt die Nachfrage", erläutert Bertram Kreutmeier. Und weiter: "Dann heißt es oft: Morgen möchte ich spritzen, ich brauche die Ware also heute Abend." Die zunehmende Konzentration in der Landwirtschaft tut das ihrige, den Druck zu erhöhen. Kreutmeier: "Heute muss ein Bauer die gleichen Flächen bearbeiten, die sich früher auf mehrere verteilt haben. Da wird das Zeitfenster natürlich immer kleiner." Die BayWa beliefert Einzelhändler und Genossenschaften konzernweit mit etwa 70 Stückgut-Lkw zwischen 7,5 und 25 Tonnen Gesamtgewicht. Für dringende Fälle werden 3,5-Tonner eingesetzt. "Da sind wir aber in der Regel unterhalb der 1000 ADR-Punkte", sagt Roland Wirthmann, Gefahrgutbeauftragter des Unternehmens. Denn, so Wirthmann, "wir können nach 3.4 ADR auf LQ umkennzeichnen. Und nicht jeder Gefahrstoff ist gleichzeitig ein Gefahrgut." Viele berufsmäßige Verwender (Landwirte) aus der Region holen ihren täglichen Bedarf zudem selbst in Wolnzach ab und nutzen dazu die "Handwerkerregelung" nach 1.1.3.1 c) ADR. "Es gibt ja quasi keine Landwirte mehr, die ein eigenes Lager für Pflanzenschutzmittel haben", erklärt Josef Holzer. Das Gefahrstofflager in Wolnzach ist, wie alle anderen Standorte dieser Klasse, nach dem aktuellen Stand der Technik gegen den Zugriff Unbefugter gesichert. Der Trend zur Konzentration ist auch an der BayWa nicht vorübergegangen. Mit den steigenden Sicherheitsanforderungen waren die vielen kleinen Lager, die früher über das ganze Geschäftsgebiet verteilt waren, nicht mehr wirtschaftlich zu betreiben. Heute stützt sich der Konzern auf insgesamt zehn große eigene Gefahrstofflager. Drei davon, so Kreutmeier, sind nach Störfallrecht Betriebe der oberen Klasse, die anderen sieben - darunter der Standort Wolnzach - Betriebe der unteren Klasse. Dazu kommen noch zwei Dutzend mittelgroße Lager bis zu 50 Tonnen Kapazität. Größere Lager bedeuten natürlich auch, dass das ständig verfügbare Warensortiment umfangreicher und damit die Lieferfähigkeit des Unternehmens besser werden konnte. "Es hat sich herausgestellt, dass die BayWa durch die Schaffung der Zentrallager schlagkräftiger geworden ist", fasst Bertram Kreutmeier die Entwicklung zusammen. Mehr zum Thema finden Sie im Dossier Chemielogistik www.verkehrsrundschau.de/dossiers