Rotterdam. Der Rotterdamer Hafen stellt sich bis 2030 auf ein weiteres, kontinuierliches Gütermengenwachstum ein. Dabei wird aber die Stärke des Wachstums von einer Reihe von Faktoren bestimmt wird, auf die der Hafen allein keinen direkten Einfluss hat. Vielmehr werden globale Entwicklungen eine immer größere Rolle spielen.
Im günstigsten Wachstumsszenario rechnet der HbR bis zu diesem Zieldatum mit 740 Millionen Tonnen, die über den größten europäischen Seehafen umgeschlagen werden. Das entspräche dem eineinhalbfachen des gegenwärtigen Umschlags, der bei 420 Millionen Tonnen liegt. Das „ungünstigste" Wachstumsszenario geht „nur" von 575 Millionen Tonnen bis dahin aus.
Diese Zahlenbandbreite bildet die Grundlage für die derzeit vom Hafenbetrieb Rotterdam (HbR) in der Ausarbeitung befindlichen „Hafenvision 2030". Bereits bis Ende diesen Jahres will der Hafenbetrieb „die ersten Konturen" dieses Positionspapiers geschaffen haben, kündigte jetzt HbR-Präsident Hans Smits in Rotterdam an. Zu den wichtigen Fragestellungen, auf die verschiedene Experten in den kommenden Monaten nach Antworten suchen gehören unter anderem die Themen langfristiger Flächenbedarf im Rotterdamer Hafen, die Entwicklung der Hinterlandverbindungen und der künftige regionale/lokale Arbeitsmarkt.
Das Gütermengenwachstum wird sich nicht in allen Segmenten vollziehen, erwartetet der Hafenbetrieb schon jetzt. Während in der Containersparte mit weiteren Zuwächsen zu rechnen ist, zumal dann, wenn die Globalisierung auch in den nächsten Jahrzehnten weiter vorangetrieben wird, stellt sich Rotterdam zum Beispiel bei Energieträgern auf ein differenziertes Wachstumsszenario ein: Rohöl, für Rotterdam seit Jahrzehnten von großer Wichtigkeit, wird langfristig weniger umgeschlagen. Zum einen, weil die Fördermengen längerfristig zurückgehen werden. Zum anderen, weil wichtige Erdölförderländer verstärkt Rohöl vor Ort verarbeiten und damit ihre Wertschöpfungskette verlängern wollen. Mit deutlichen Mengenzugewinnen rechnet der HbR hingegen bei Flüssigerdgas (LNG) und bei Biokraftstoffen. Aktuell entsteht im Maashafen der erste große LNG-Terminal.
Von Umschlagrückgängen könnte Rotterdam auch dann betroffen sein, wenn in Europa die Umweltschutzgesetzgebung, zumal auf dem Gebiet der Luftreinhaltung, weiter verschärft wird. Betroffen wäre zum Beispiel der Erzumschlag. Rotterdam gilt als einer der zentralen Importhäfen für die deutschen Stahlkocher. Verteuern sich die Produktionsbedingungen in Europa als Folge noch strikterer EU-Umweltgesetzgebung, dann werde das zu einer Verlagerung von energieintensiver Produktion in andere Teile der Welt führen. Auf der anderen Seite könnten etwaige Verluste zum Beispiel bei Erzen durch die verstärkte Einfuhren von Halbfabrikaten wieder ausgeglichen werden. (eha)