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Grün-Rot rollt Stolperstein in letzter Minute weg

21.04.2011 09:54 Uhr
Grün-Rot rollt Stolperstein in letzter Minute weg
Der designierte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (l.) und SPD-Landesschef Nils Schmidt verkünden den Durchbruch in den Koalitionsgesprächen
© Foto: dapd/Michael Latz

Es ist eine Einigung auf den letzten Drücker: Über Stuttgart 21 entscheiden im Herbst die baden-württembergischen Wähler

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Stuttgart. In letzter Minute räumen Grüne und SPD mit vereinten Kräften die höchste Hürde auf dem Weg zur ersten gemeinsamen Regierung in Baden-Württemberg beiseite. Die Positionen zum umstrittenen Bahnprojekt Stuttgart 21 waren und sind extrem gegensätzlichen. Als Lösung haben sich die künftigen Koalitionspartner nun auf einen Volksentscheid geeinigt - notfalls auch zu den ungünstigen Konditionen in der Landesverfassung.

„Ich glaube, dass sich der Streit und der Stress gelohnt haben", sagt Winfried Kretschmann, dessen Wahl zum ersten grünen Ministerpräsidenten nun nichts mehr im Wege stehen dürfte. „Wir wollen, dass die Koalition klappt", ergänzt sein künftiger Regierungskompagnon, SPD-Landeschef Nils Schmid.

Es war tatsächlich ein echter Stresstest für die neuen Partner. Die Szene hat Symbolkraft: Kurz nachdem sich die SPD-Unterhändler zu separaten Gesprächen zurückziehen, kommt Kretschmann aus dem gemeinsamen Verhandlungsraum und fragt den scheidenden Protokollchef des Landtags, wo das Büro von Wolfgang Drexler (SPD) liegt. Dabei ist der Sozialdemokrat schon seit fünf Jahren Vizeparlamentspräsident und Kretschmann ist schon seit vielen Jahren Grünen-Fraktionschef.

Aber Drexler ist auch glühender Befürworter von Stuttgart 21. Und an diesem Nachmittag tun sich die Grünen als hartleibige Projektgegner und ihre Wunschkoalitionspartner von der SPD enorm schwer, zueinander zu finden. Für die Sozialdemokraten geht es um Glaubwürdigkeit, weil sie mit ihrem Credo für einen Volksentscheid den Ausweg aus der Nebenrolle im gesellschaftlichen Megakonflikt gefunden haben.

Den Grünen sitzen aber die leidenschaftlichen Kritiker des 4,1 Milliarden Euro teuren Projektes im Nacken, die sich nun verraten fühlen könnten. Denn in Baden-Württemberg sind die Hürden für einen erfolgreichen Volksentscheid besonders hoch. Wenn die künftige grün-rote Landesregierung ein Gesetz zum Ausstieg des Landes aus der S21-Finanzierung dem Volk zur Abstimmung vorlegt, müssten mindestens 2,5 Millionen Wahlberechtigte dafür votieren - deutlich mehr, als bei der Landtagswahl ihre Stimme Grünen und SPD gaben.

Die Gegner, die noch immer allwöchentlich zu Tausenden in der Landeshauptstadt gegen Stuttgart 21 auf die Straße gehen, wissen, dass sie es schwer haben, bei einem landesweiten Referendum das Quorum zu erreichen. Denn in anderen Landesteilen wird der Konflikt nicht mehr so heiß diskutiert wie in der Schwabenmetropole. Und die Grünen wissen, dass sie bei diesen Menschen, denen sie zu einem großen Teil ihren Wahlerfolg zu verdanken haben, ein riesiges Vermittlungsproblem haben. Kretschmann sagt: „Das ist für Leute, die in der Sache sehr engagiert sind und andere Vorstellungen zu den Quoren haben, eine harte Nuss."

Nicht zuletzt die Kommentare in den Tageszeitungen am Mittwoch dürften aber die Spitzenleute der Grünen zum Einlenken bewegt haben. Schlagzeilen wie „Grüne fürchten Volksentscheid", „Jubelstimmung der ersten Tage ist verflogen" und „Am Abgrund des Scheiterns" sprangen den Koalitionären am Morgen entgegen. Und ein Scheitern kann sich eigentlich keine der beiden Parteien leisten, nachdem die Wähler die seit 58 Jahren ununterbrochen in Baden-Württemberg regierende CDU in die Opposition geschickt haben. Also haben sich die Verkehrsexperten aus der zweiten Reihe zusammengesetzt und Formulierungen ausgetüftelt, die am Ende für Grüne und SPD tragbar sind.

Ein Scheitern der grün-roten Koalition wäre für beide bisherigen Oppositionsparteien mehr als eine Katastrophe gewesen. Denn die Grünen hätten ihren Sensationserfolg bei der Landtagswahl am 27. März, als ihnen eine glatte Verdopplung ihres Stimmenanteils, leichtfertig verspielt. Und die SPD hätte sich allenfalls in eine Koalition mit der CDU flüchten können. Das wäre aber dem neuen Hoffnungsträger und Landeschef Nils Schmid auch in den eigenen Reihen nicht gut bekommen. Schließlich hieß die Parole im Wahlkampf: Weg mit dem schwarzen Filz. (dpa) 

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