Genau hinsehen

Auf Youtube sind immer wieder Videos zu sehen, in denen komplette Regalreihen wie ein Kartenhaus spektakulär in sich zusammenfallen. Als Verursacher ist meist ein Stapler zu sehen, der ein Regal rammt, dabei stützende Elemente beschädigt und schließlich eine unheilvolle Kettenreaktion auslöst. Die Folge: schwere Unfälle und ein hoher wirtschaftlicher Schaden. 2923 meldepflichtige Arbeitsunfälle zählte die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) 2018 in Zusammenhang mit Regalsystemen und Palettieranlagen, zwei davon gingen tödlich aus. Damit sind die Unfallzahlen gegenüber dem Vorjahr gestiegen (2640, keine tödlichen Unfälle). "Regalbeschädigungen werden im Grunde immer von Flurförderzeugen verursacht, sei es beim Rückwärtsfahren, Vorbeifahren oder Einlagern", weiß Franco Rovedo, im Fachbereich Handel und Logistik der DGUV für Intralogistik und Handel zuständig. Da die in der aktuell gültigen DIN-Norm "Ortsfeste Regalsysteme aus Stahl - Verstellbare Palettenregale - Grundlagen der statischen Bemessung" (DIN EN 15512:2010-09) festgelegten Sicherheitsfaktoren relativ gering angesetzt seien, könne es daher vor allem bei voller Auslastung der Regale zu Regaleinstürzen kommen. "Wenn die Regalstützen durch starke Krafteinwirkungen beschädigt werden und das Regal voll bepackt ist, ist es also zwingend erforderlich, das Regal sofort zu entlasten und erst nach einer Reparatur oder einem Austausch wieder in Betrieb zu nehmen", sagt Präventionsexperte Rovedo. Drei Gefahrenstufen Eben weil Lagereinrichtungen nur auf eine sorgfältige Benutzung ausgelegt sind, ist die regelmäßige Prüfung der Regalanlagen so wichtig und laut Betriebssicherheitsverordnung regelmäßig durchzuführen. Geregelt wird sie in der Norm DIN EN 15635. Die Beschädigungen und erforderlichen Maßnahmen werden in drei Gefahrenstufen kategorisiert. Sie reichen von Überwachung (grün) über baldmögliches Handeln (orange) bis zur sofortigen Entlastung und Sperrung des Regals, bis eine Reparatur durchgeführt wurde (rot). Und wie sind Regalinspektionen durchzuführen? Die Norm unterscheidet zwischen einer Experteninspektion, die mindestens einmal jährlich durchzuführen ist, und internen Inspektionen, die in kürzeren Zeitabständen vom Lagerverantwortlichen vorgenommen werden. Da es keine offizielle Ausbildung zum Regalinspekteur gibt, ist von "befähigten Personen" die Rede, die eine Regalprüfung vornehmen dürfen. Im Informationsblatt zur Sicherheit von Regalen (208-043) der DGUV wird die "befähigte Person" folgendermaßen beschrieben: Sie müsse über "Fachkenntnisse" verfügen, die sie durch eine abgeschlossene Berufsausbildung, durch Berufserfahrung, eine zeitnahe berufliche Tätigkeit im Umfeld der anstehenden Prüfung des Prüfgegenstands sowie eine angemessene Weiterbildung erworben habe. Diese Anforderungen erfüllten zum Beispiel qualifizierte Monteure der Hersteller und Wartungsfirmen sowie entsprechend qualifiziertes Personal des Betreibers. Bei der jährlichen Regalprüfung wird dem Sicherheitsbeauftragten ein schriftliches Protokoll über den Zustand der Regale und bei Bedarf Vorschläge für die Instandsetzung ausgehändigt. Die internen Prüfungen werden in aller Regel durch betriebszugehöriges Personal durchgeführt. Auch sie müssen den Anforderungen an eine "befähigte Person" genügen. Es liegt dabei in der Verantwortung des Unternehmers, eine geeignete Person auszuwählen, die die regelmäßige Prüfung vornimmt. Auch Dritte dürfen reparieren Übrigens: Reparaturen an Regalen dürfen grundsätzlich auch von Firmen durchgeführt werden, die nicht der Hersteller des Regals sind, auch ohne dessen Zustimmung. Zu diesem Schluss kam der DGUV-Fachausschuss Handel und Logistik. Voraussetzung hierfür sei, dass der Reparateur dem Betreiber garantiert und bescheinigt, dass die Tragfähigkeit des Regals mindestens so gut ist wie im Neuzustand. Mehr zum Thema finden Sie unter #Arbeitssicherheit www.verkehrsrundschau-plus.de/hashtag In Kürze Vor allem Gabelstapler können Regalsystemen im Lager schwer zusetzen. Daher müssen ortsfeste Regale aus Stahl laut der seit nunmehr zehn Jahren geltenden Norm DIN EN 15635 regelmäßig intern auf mögliche Schäden überprüft werden, zudem einmal jährlich von einem qualifizierten Regalinspekteur. Checkliste Prüfungen an der Regalkonstruktion- Wurde das Regal entsprechend der Montageanleitung aufgebaut?- Sind Schäden an der Konstruktion vorhanden?- Sind Schäden durch Stoßeinwirkung an Stützen oder Überlastung an Trägern vorhanden?- Stehen die Regalstützen lotgerecht?- Sind Risse in Schweißnähten oder im Grundmaterial vorhanden?- Wie sind Zustand und Wirksamkeit der Sicherungen?- Wie ist der Zustand des Gebäudebodens?Prüfungen der Regalbeladung- Wie ist die Lage der Lasten auf der Palette?- Wie ist die Position der Ladeeinheit auf dem Regal?- Sind aktuelle Belastungs- und Informationshinweise vorhanden?- Sind die Regale zu schwer beladen?- Ist die Stabilität der Ladeeinheiten gegeben?- Werden die Maximalmaße der Ladeeinheiten eingehalten?Nach der Prüfung- Dokumentation, aufzubewahren mindestens bis zur nächsten Prüfung- Festlegung der durchzuführenden Maßnahmen- Instandsetzung der Regale und Erhöhung der Sicherheit im LagerQuelle: DGUV, Fachbereich Handel und Logistik