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Geis Group: Was passiert mit Quehenberger Logistics?

22.05.2023 08:35 Uhr | Lesezeit: 4 min
Geis Group
Forcieren das Wachstum der Geis Group: die geschäftsführenden Geis-Gesellschafter Wolfgang Geis (links) und Jochen Geis (rechts)
© Foto: Geis Group

Das Speditions- und Logistikunternehmen Geis kauft mehrheitlich Quehenberger Logistics. Im Interview sprechen die beiden geschäftsführenden Gesellschafter Wolfgang und Jochen Geis über ihre Wachstumsziele und ihre Strategie.

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Mit dem Mehrheitskauf von Quehenberger Logistics hat Ihr Unternehmen Geis Group im Speditions- und Logistikmarkt mächtig Furore gemacht. Was hat Sie an Quehenberger gereizt?

Wolfgang Geis: Wir wollen wachsen – bestenfalls stärker als der Markt. Das ist und war immer unsere Strategie. Insofern ist es keine Überraschung, dass wir Gelegenheiten ergreifen, wenn sie sich bieten und für uns passen. Und Quehenberger Logistics ist eine gute Gelegenheit, zumal wir zueinander seit Jahren enge persönliche Kontakte pflegen (2013 übernahm Geis die polnische Landesgesellschaft von Quehenberger  und beide Unternehmen gingen gleichzeitig eine weitreichende Partnerschaft im Stückgutgeschäft ein - die Redaktion). Als der Kauf zur Debatte stand, war es deshalb nur logisch, dass wir diese Chance genutzt haben. Wir hatten in Osteuropa ja noch einige weiße Flecken, die mit Quehenberger jetzt hervorragend abgedeckt sind.

Jochen Geis: Genauso ist es. Strategisch passt das perfekt. Wir stehen ja als Unternehmen finanziell solide da und wollen auch in der dritten Generation als Unternehmen weiter wachsen und erfolgreich sein. Und es ist natürlich gut, wenn man mit nur einer großen Akquisition seine Strategie relativ schnell umsetzen kann. Ansonsten hätten wir mehrere kleinere Zukäufe tätigen müssen.

Warum haben Sie von Quehenberger nicht auch die Länderorganisationen in Russland, Weißrussland, Kasachstan und in der Ukraine übernommen? Diese Gesellschaften war ja 2022 aus der Augustin Quehenberger Group in eine eigene Holding, die CF Logistics, ausgegliedert worden.

Wolfgang Geis: Wir sind in diesen Märkten keine Experten und gehen davon aus, dass die bereits verhängten Sanktionen noch lange bestehen bleiben und möglicherweise noch verschärft werden - mit den entsprechenden Effekten auf mögliches Wachstum bei gleichzeitig erheblichen Anforderungen an das Management im Tagesgeschäft.

Jochen Geis: Und vor allem bietet uns Südosteuropa genug Wachstumschancen in den nächsten Jahren. Diesen Chancen gilt unsere volle Konzentration.

Sie sprachen von weißen Flecken der Geis Group, die Sie jetzt abdecken. In welchen Ländern ist das konkret der Fall?

Jochen Geis: In einigen Ländern, in denen Geis schon präsent ist, verdichten wir unser Netz dank Quehenberger. Das ist vor allem in der Slowakei so, wo Geis schon eigene Aktivitäten hat – außer in der Kontraktlogistik. Quehenberger ist dort dagegen in der Kontraktlogistik stark. Das ergänzt sich perfekt – selbst in einem Land also, in dem wir beide tätig sind. Ein anderes Beispiel: Geis hat in Ungarn vor zwei Jahren selbst eine Landesgesellschaft eröffnet. Quehenberger ist in Ungarn indes ungleich stärker vertreten.

Neben dem starken Hauptmarkt Österreich schließen wir mit Quehenberger aber vor allem die Lücken in Südosteuropa, nämlich Rumänien, Bulgarien, Kroatien und Nordmazedonien. Quehenberger ist in diesen aufstrebenden Märkten hervorragend positioniert.

An welchen Standorten und in welchen Geschäftsfeldern überschneiden sich Ihre Aktivitäten?

Jochen Geis: Wie gesagt, in einigen Ländern wie in Deutschland, Tschechien, der Slowakei sind wir beide mit eigenen Aktivitäten präsent. Da überlappen wir uns geographisch, in unseren Geschäftsfeldern ergänzen wir uns aber perfekt. Geis hat in Deutschland seinen Fokus in der Industriegüter-Logistik und Quehenberger vor allem in der Fashion-Logistik. Zudem überlappen wir uns in Polen fallweise im Teil- und Komplettladungsgeschäft; ebenso in Tschechien, wo wir selbst in der Distribution sehr stark sind und auch Quehenberger eigene Fahrzeuge hat. Die Überschneidungen sind also marginal.

Also muss jetzt auch kein Mitarbeiter um seinen Arbeitsplatz bangen – auch nicht in der Administration?

Wolfgang Geis: Alle Arbeitsplätze bleiben erhalten, es sind keine Entlassungen geplant. Im Gegenteil: Wir gehen vor dem Hintergrund des angestrebten weiteren Wachstums davon aus, dass neue Arbeitsplätze in beiden Unternehmen entstehen werden. Für uns sind das Know-how, die Expertise und das Engagement der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Quehenberger von großer Bedeutung. Sie sind top ausgebildet, was weiteres Wachstum der Marke Quehenberger garantiert. Zudem freuen wir uns auf neue Sichtweisen und werden beide viel voneinander lernen können.

Bleibt die Marke Quehenberger bestehen?

Jochen Geis: Ja, unbedingt! Quehenberger ist in den Märkten, in denen das Unternehmen präsent ist, eine starke Marke. Warum sollten wir dort mit dem Namen Geis auftreten? Dort kennt uns keiner, während Quehenberger in Rumänien einer der größten Logistiker ist und in Nord-Mazedonien sogar der größte Anbieter, und auch in Kroatien führend dabei ist. Der Name Quehenberger steht für ein junges, dynamisches Unternehmen, das sehr digital und profitabel arbeitet, und die Mitarbeiter haben eine sehr starke Identität zu dieser Marke. Da würden wir viel kaputt machen. Wichtig ist für uns nur, dass jeder weiß, dass Geis und Quehenberger nun unter einem Dach und strategisch eng abgestimmt sind.

Christian Fürstaller, der bislang die Geschäfte von Quehenberger geführt hat, bleibt als Anteilseigner und CEO des Unternehmens an Bord. Wie werden Sie sich künftig die Aufgaben in der Geschäftsführung aufteilen?

Jochen Geis: Geis wird in das Management von Quehenberger wenig bis gar nicht eingreifen. Dafür haben wir nicht die Management-Kapazität. Quehenberger ist viel zu groß. Wir wachsen dank Quehenberger bei Mitarbeitenden und Umsatz um 40 bis 50 Prozent. Strategisch werden wir als Mehrheits-Eigner gemeinsam mit Christian Fürstaller aber natürlich Einfluss nehmen, zum Beispiel, wer von uns welche Märkte in Zukunft besetzen wird. Außerdem werden wir prüfen, was wir bei der IT gemeinsam machen können. Ansonsten sehen wir Quehenberger als eigenständiges Unternehmen, das sich mit dem vorhandenen Management um Christian Fürstaller weiter so positiv entwickeln soll, wie in den letzten Jahren geschehen ist – selbstverständlich mit Hilfe der Geis Group.

Quehenberger ist im Teil- und Komplettladungsgeschäft mit eigenen Assets sehr stark. Welche Synergien sehen Sie da für die Geis Group, insbesondere im Fernverkehr?

Jochen Geis: Quehenberger macht im FTL- und LTL-Geschäft in der Tat einen sehr guten Job. Gerade was die Transparenz und Digitalisierung betrifft, ist uns das Unternehmen da zwei Schritte voraus. Da werden wir uns sehr schnell annähern und das hervorragende Know-how von Quehenberger für die Geis Gruppe nutzen. Zudem werden wir in den europaweiten FTL- und LTL-Verkehren versuchen Synergien zu heben, etwa bei Rückladungen in Länder, in denen Quehenberger stark ist. Dass wir jetzt gegenseitig unsere Fahrzeuge teilen, sehe ich indes weniger. Wir streben ja beide heute schon die Vollauslastung an.

Wolfgang Geis: Im Fernverkehr haben Geis und Quehenberger jeden Tag jeweils 2500 bis 3000 Lkw im Einsatz; sprich: 5000 bis 6000 Lkw sind täglich in unserer Disposition. Das lässt sich fallweise besser bündeln und hilft uns auch etwaige Fahrerprobleme besser zu lösen.

Was heißt das für Ihre externen Frachtführer? Müssen die jetzt um Aufträge bangen, weil Geis und Quehenberger ihre Verkehre stärker bündeln?

Jochen Geis: Natürlich nicht, wir wollen ja beide weiter wachsen! Wir wollen das „Wohlfühl-Paket“ für unsere Carrier. Unsere ganze Branche leidet ja unter dem Fahrermangel. Natürlich wollen wir deshalb die guten Frachtführer an uns binden. Und zwar für beide Seiten möglichst einfach – ohne viel Bürokratie und große Zettelwirtschaft.

Mit Quehenberger haben Sie die größte Akquisition Ihrer Unternehmensgeschichte getätigt. Welche strategischen Ziele stehen als nächstes auf Ihrer Agenda?

Wolfgang Geis: Unsere Strategie ist ganz klar: Wachstum. Wenn sich also Gelegenheiten ergeben, egal in welchen Bereichen, werden wir auch in Zukunft strategisch weiter zukaufen. Es ist ja nicht so, dass wir jetzt eine Akquisition getätigt haben und uns nun für die nächsten fünf Jahre untätig zurücklegen (lacht). Auch die See- und Luftfracht bleibt bei uns auf jeden Fall Kernkompetenz, auch wenn das Geschäft aktuell eher rückläufig ist. Wir bleiben aktiv im Markt und werden die Gelegenheiten nutzen, die sich uns bieten. Wir lassen uns aber Zeit.

Jochen Geis: Durch Quehenberger haben wir nun Zugang zu neuen Ländern  - mit vielen neuen Gelegenheiten. Wenn sich Chancen bieten, stehen wir parat. Aber auch ohne weitere Zukäufe haben wir nun mit Quehenberger genug Potenzial in der Gruppe, um auch organisch stark weiter wachsen zu können.

Das Interview führte Eva Hassa, Redakteurin der Verkehrsrundschau

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