Freiwillige vor

Sie haben am 14. Juli mit Generalleutnant André Bodemann einen Kooperationsvertrag geschlossen. Um was geht es darin? Der Operationsplan Deutschland der Bundeswehr hat zum Ziel, die logistische "Drehscheibe Deutschland" im Rahmen der Landes- und Bündnisverteidigung gerade im Hinblick auf den Aufmarsch der eigenen Streitkräfte und verbündeter Streitkräfte abzusichern. Die damit einhergehenden Herausforderungen sollen schon heute antizipiert und vorbereitet werden, damit die logistischen Aufgaben erfolgreich erfüllt werden. Letztlich geht es um den Schutz der für den Verteidigungsfall benötigten Infrastrukturen und die Versorgung der Streitkräfte - auch mit zivilgesellschaftlicher Hilfe. Wie kann das genau aussehen? Bevor ich darauf eingehe, möchte ich klarstellen, dass unsere Zusammenarbeit mit der Bundeswehr nicht erst jetzt durch diese Kooperationsvereinbarung aus der Taufe gehoben wurde. Über den russischen Angriffskrieg in der Ukraine hat die militärisch-zivile Zusammenarbeit aber ganz generell eine neue Bedeutung in Deutschland. Insofern ist unsere jetzt geschlossene Kooperationsvereinbarung mit der Bundeswehr eine weitere Intensivierung, eine besondere Ausprägung unserer künftigen Zusammenarbeit: So haben wir als BALM heute schon im Zuge unserer Präventionsarbeit Güterkraftverkehrs- und Personenbeförderungsunternehmen in unserer Datenbank, mit denen wir im Austausch stehen. Wir wissen also, wer was und wie viel befördern oder einlagern kann. Und genau das ist für die Bundeswehr von großer Bedeutung. Auf diese Leistung greift sie zurück, wenn wir als BALM für die Bundeswehr entsprechende Transport- und Logistikpartner organisieren. Ihre Behörde hat also schon vor der Kooperation mit der Bundeswehr bei Transport- und Logistikunternehmen abgefragt, über welche Kapazitäten diese verfügen und ob sie diese im Bedarfsfall zur Verfügung stellen können? Genau so ist es. Insofern haben wir nicht nur eine Datenbank-Abfrage und eine einmalige Kontaktaufnahme mit diesen Unternehmen, sondern stehen mit diesen im regelmäßigen Austausch. Und diese Unternehmen haben sich bereit erklärt, Bund und Länder in Krisenlagen mit Transport- und Logistikleistungen zu unterstützen. Und unsere Aufgabe als BALM ist es zu erheben, wie diese Unternehmen über die Bundesrepublik verteilt sind, über welchen Fuhrpark sie verfügen, welche logistische Ausstattung sie haben - beispielsweise im Hinblick auf Lagerhallen und Fuhrpark. All das mit dem Ziel, in der Lage schnell und zielgenau auf Fachwissen und Kapazitäten zurückgreifen zu können. Insofern besteht eine belastbare Bande zwischen uns und den Unternehmen der Zivilen Notfallvorsorge der Bundesrepublik Deutschland. Militärlogistik trifft zivile Unterstützung Der Präsident des Bundesamts für Logistik und Mobilität (BALM), Christian Hoffmann, sowie der Stellvertreter des Befehlshabers des Operativen Führungskommandos der Bundeswehr und Kommandeur Territoriale Aufgaben, Generalleutnant André Bodemann, unterzeichneten am 14. Juli 2025 eine Kooperationsvereinbarung zur Stärkung der Verteidigungsfähigkeit Deutschlands. Der Plan sei "eine Reaktion auf die aktuelle russische Bedrohung und die sich damit insgesamt verschärfende sicherheitspolitische Lage in Europa". Das BALM koordiniert Transport- und Logistikunternehmen, die freiwillig Kapazitäten für den Ernstfall bereitstellen - etwa Fahrzeuge, Lagerflächen oder Personal. Diese Unternehmen erhalten für ihr Engagement eine sogenannte ZN-Urkunde (Zivile Notfallvorsorge). Sind die Transport- und Logistikunternehmen denn verpflichtet, das BALM zu unterstützen? Per Gesetz können wir Unternehmen auch verpflichten, im Bedarfsfall zu unterstützen. Das ist aus meiner Sicht in der heutigen Lage jedoch nicht besonders zweckdienlich. Besser ist es doch, frühzeitig, also in der Krisenprävention, in Kooperationsverbünden mit einer Auswahl an Transport- und Logistikunternehmen entsprechende Vorkehrungen zu treffen. Darauf setzen wir und erfahren hier sehr viel Zuspruch. Es gibt eine sehr breite Unterstützungsbereitschaft im Gewerbe. Wir zeichnen dieses besondere Engagement zudem aus. So gesehen ist eine Kooperation mit den Unternehmen auf freiwilliger Basis der richtige Weg, um sich frühzeitig auf konkrete Anforderungen und Transportbedarfe in einer sich verschärfenden Sicherheitslage, die durch zunehmende und verdichtete Schadenslagen geprägt sein kann, vorzubereiten. Geht es auch um die Gestellung von Personal? Wenn wir eine Beförderungsleistung benötigen, genügt natürlich nicht nur das Fahrzeug. Dann braucht es auch das Fahrpersonal. Genau auf diese Freiwilligkeit und dieses Engagement der Branche setzen wir, die sich, wie bereits ausgeführt, sehr unterstützend einbringt. Und natürlich stimmen wir uns mit den Unternehmen über die Prozesse ab, wie zum Beispiel ihre Beförderungs- und Logistikleistungen im Bedarfsfall abrufbar sind - einschließlich Material und Personal. Wird das finanziell honoriert? Die Unternehmen werden in Einsatzlagen nach entsprechender Beauftragung durch uns nach marktüblichen Preisen vergütet. Wir können derzeit keine Bereitstellungspauschalen oder ähnliches vergüten. Dagegen erhalten die Unternehmen ein hohes Maß an Anerkennung für die erklärte Bereitschaft, die Zivile Notfallvorsorge der Bundesrepublik Deutschland zu unterstützen. Die sogenannten ZN-Urkunden werden zudem auch durch die Verkehrsministerien der Länder ausgehändigt und die Branchenverbände unterstützen ausdrücklich im Sinne eines gemeinsamen Verständnisses dieser gesamtstaatlichen Aufgabe eine enge Zusammenarbeit. Im Zuge der Kooperation wird das BALM auch Warnaufgaben übernehmen. Sollen dafür Daten genutzt werden, vielleicht sogar die Lkw-Maut-Infrastruktur? Was Sie ansprechen, sind die "Verkehrsdaten". Auch sie sind Teil unserer Kooperationsvereinbarung mit der Bundeswehr. Verkehrsdaten, die wir zum Beispiel im Zuge der Lkw-Maut erheben, dürfen wir aber nur anonymisiert verwenden. Sprich, wir stellen der Bundeswehr diese Daten in bestimmten statistischen Auswertungen zur Verfügung. Letztlich geht es darum aufzuzeigen, zu welchen Zeiten welche Straßen stark oder weniger stark befahren werden. Außerdem will das BALM seine Expertise entlang seiner Aufgabenbreite einbringen. Was heißt das in der Praxis? Unsere Behörde kam, wie Sie wissen, ursprünglich aus dem Bereich der Verkehrssicherheit. Im Zuge der Flüchtlingssituation in Deutschland 2015 und 2016 mussten und sollten durch das BALM hierüber hinausgehende Aufgaben zur Beförderung und Verteilung von Flüchtenden wahrgenommen werden. Wir haben in dieser Zeit und in den Folgejahren wichtige Erfahrungen und Expertisen im Krisenmanagement aufgebaut. 2019 waren wir aufgrund des Niedrigwassers des Rheins in die Prüfung möglicher Ersatztransportraum-Beschaffung eingebunden. Während der Corona-Pandemie haben wir für das Verkehrsgewerbe eine Ansprechstelle für die Digitale Einreiseanmeldung betrieben. 2022 waren wir dann im Auftrag des BMV und BMI zusammen mit den Bundesländern für die Koordinierung des Zustroms ukrainischer Kriegsflüchtender zuständig sowie deren Verteilung in Deutschland. Und das sind die Erfahrungen, die gerade im Bereich der heutigen Krisenprävention einfließen - Stichwort Operationsplan Deutschland, um möglichst schnell und zielführend handeln zu können. In welchen Bereichen müssen Transport- und Logistikunternehmen nachbessern, um den Operationsplan Deutschland umzusetzen? Mein Wunsch geht nicht in Richtung Nachbesserung. Ich bin wirklich begeistert von der Unterstützungsbereitschaft der Transport- und Logistikbranche. Wenn ich mir etwas wünschen dürfte, dann wäre das, dass diese Bereitschaft anhält. Online Darf's noch mehr sein? Das ganze Interview mit Christian Hoffmann lesen Sie auf unserem Online-Profiportal VerkehrsRundschau Plus. www.verkehrsrundschau.de/hoffmann-interview