Frankfurt/Main. Das an den Flughafen angrenzende Chemiewerk Ticona werde geschlossen, damit die neue Landebahn gebaut werden könne, teilten der Flughafenbetreiber Fraport und Ticona am Mittwoch mit. Fraport zahle dafür rund 650 Millionen Euro. Die neue Landebahn im Nordwesten wird allerdings frühestens 2011 in Betrieb gehen. Zuvor war von einer Fertigstellung 2009 und einer Inbetriebnahme 2010 ausgegangen worden. Die Anlage des Spezialkunststoffherstellers Ticona soll nach Angaben des Unternehmens und von Fraport bis Mitte 2011 schließen. Das Werk solle an einem anderen Ort in Deutschland neu errichtet werden, hieß es bei Ticona. Die Kosten dafür trage Fraport. Die Mitarbeiter von Ticona, die nicht an anderen Standorten arbeiten können, sollen von einer Beschäftigungsgesellschaft der Fraport und des Landes übernommen werden. SPD und Landtags-Grüne warfen Ministerpräsident Roland Koch (CDU) vor, sich beim Ausbau zu früh auf die Nordwest-Landebahn festgelegt zu haben, die mit dem Chemiewerk unvereinbar sei. Dafür zahlten nun die Ticona-Mitarbeiter die Zeche, sagte SPD-Fraktionschef Jürgen Walter. Wenn das Werk mit 1000 Beschäftigten in ein anderes Bundesland verlagert werde, sei das ein schwerer Schlag für den Standort Hessen. „Kochs Fehler kostet Arbeitsplätze und 650 Millionen Euro“, sagte Frank Kaufmann (Grüne). Der Frankfurter Flughafen mit seinen bislang drei Pisten arbeitet derzeit an der Grenze seiner Kapazität. Der Ausbau, der auch ein neues Terminal umfasst, soll insgesamt mehr als drei Milliarden Euro kosten. Der Einigung von Fraport und Ticona müssen noch mehrere Gremien, darunter die Hauptversammlung von Fraport im Mai 2007, zustimmen. Der Bürgermeister des Ticona-Standorts Kelsterbach, Erhard Engisch (SPD), zeigte sich von dem anstehenden Umzug des Werkes enttäuscht. Für die unmittelbar an der geplanten Nordwest-Landebahn gelegene Stadt bedeute dies den Wegfall von hunderten von Arbeitsplätzen, sagte Engisch am Mittwoch. Zudem sei Ticona einer der größten Arbeitgeber und damit auch Gewerbesteuerzahler der Stadt. Wenn sich das Land an den Kosten der Umsiedlung beteilige, „zahlt der Steuerzahler die Zeche“. Die IG BCE forderte den Verbleib des Chemiewerkes Ticona im Rhein-Main-Gebiet und schlug als Standort den Industriepark Höchst in Frankfurts Westen vor. Die Lufthansa als größter Nutzer des Frankfurter Flughafens forderte ein schnelleres Tempo beim geplanten Ausbau. „Jeder Tag, an dem das Wachstum des internationalen Luftverkehrs an Frankfurt vorbeigeht, ist ein verlorener Tag“, sagte ein Lufthansa- Sprecher. Die Entscheidung der Ticona zur Verlagerung begrüßte die Lufthansa als „Meilenstein und Schritt in die richtige Richtung.“ Die Naturschutzorganisation BUND-Hessen sieht sich durch die Absichterklärung von Ticona und Fraport in ihrer Ansicht bestätigt, dass das Nebeneinander von Ticona und Landebahn nicht möglich ist. Die Flughafengesellschaft habe vielleicht eine Hürde genommen; die Zerstörung von mehr als 300 Hektar Wald, das Risiko des Vogelschlags über dem Main und die unzumutbare Zunahme der Fluglärmbelastung würden offensichtlich nach wie vor unterschätzt, erklärte der BUND am Mittwoch.
Frankfurter-Flughafenausbau kommt voran – neue Landebahn startet 2011
Der Ausbau des größten deutschen Flughafens in Frankfurt hat eine entscheidende Hürde genommen.