Flügel brauchen Platz!

Die geplante CO2-Gesetzgebung für LKW wirft bereits ihre Schatten voraus. Außerdem stehen die Transportpreise weiterhin unter Druck, weshalb Speditionen und Transportunternehmen weiter nach Ein- respektive Spritsparpotenzialen suchen. Doch hier müssen die Motorentechniker mittlerweile passen: In den letzten Jahren konnte man schnell noch irgendwo zwei bis drei Prozent Potenzial finden. Angereichert werden kann das "motorische" Sparmenü noch durch elektronisch gesteuerte Lamellen, die sich bei kaltem Motor vor dem Kühler schließen, um so die Erwärmung auf Arbeitstemperatur zu beschleunigen und die Aerodynamik zu verbessern. Womit wir beim Thema wären, denn innermotorisch ist man entwicklungstechnisch zwar noch nicht am Ende, aber der nächste Hub wird extrem teuer. Darum müssen jetzt die Designer ran, die weitere drei bis fünf Prozent Sprit sparen wollen, indem man die Aerodynamik des Gesamtzuges optimiert - und das vergleichsweise schnell und preiswert. Das gilt vor allem für den Trailer: Dort bieten Serienhersteller wie Kögel, Krone, Lamberet oder Schmitz bereits Seitenverkleidungen an. Außerdem präsentierten die Anhänger- und Aufbauproduzenten diverse Flügelwerke für das Heck, die den Luftstrom auch dort deutlich besser leiten. Beim Anfahren an die Rampe muss sie der Fahrer allerdings "aus der Gefahrenzone" klappen. Trotzdem: Sobald es von Gesetzes wegen grünes Licht für die zusätzlichen Zentimeter am Heck gibt, könnte das für den Fernverkehr, wo nur einmal täglich das Heckportal geöffnet wird, interessant werden. Nachdem sich die EU-Juristen lange mit der Neuformulierung beschäftigt haben, erwarten wir für 2015 das Gesetz. Etwas mehr Länge bräuchten auch die LKW-Hersteller, bei denen die aerodynamisch optimierte Front einen massiven Eingriff in die Werkzeuge der Frontpartie fordert. Das ist im ersten Anlauf nicht ganz günstig zu haben, weshalb sich die meisten Hersteller noch zieren und das erste Facelift der Euro-6-LKW abwarten. Scania wird die neue Baureihe noch mit der "alten" kurzen Front präsentieren, während künftige neue Rohbauten von DAF, Iveco oder MAN schon mit "Aeronase" Premiere feiern könnten. Da haben es die USA leichter: "Unsere US-Hauber können wir viel leichter aerodynamisch optimieren als unsere europäischen LKW", gibt Daimler-Chefdesigner Gorden Wagener auf Nachfrage zu Protokoll. Der Bedarf nach aerodynamisch optimierten Trailern steigt langsam, aber kontinuierlich und die ersten Rückmeldungen aus der Praxis bilden die versprochenen Werte ab. Trotz aktuell niedriger Spritpreise bleibt der Druck zum Sparen bestehen. Kommen noch die neue Längen- und CO2-Gesetzgebungen dazu, dürften die verspoilerten Zugkombinationen schnell "fliegen" - bereits dieses Jahr! Zur Person Gregor Sollerist im Zentralressort Test + Technik für Anhänger, Aufbauten und Baufahrzeuge zuständig. Der Diplom-Designer (geboren 1972 in München) arbeitet seit 2003 als Redakteur für die VerkehrsRundschau.Ihre Meinung zur These an: gregor.soller@springer.com