Frankfurt. Produktqualität und Service für den Endkunden behalten einen hohen Stellenwert bei der Planung und Umsetzung der Globalisierungsinitiativen der Unternehmen. Die Flexibilität der Lieferketten, also die Fähigkeit auf schwankende Nachfrage oder Engpässe bei den eigenen Lieferanten schnell und angemessen zu reagieren, wird bis 2010 zur Priorität. Eine Herausforderung bleibt die Realisierung der errechneten Einsparungspotenziale. Die am häufigsten genannten Globalisierungsbarrieren sind neben mangelnder Flexibilität die fehlende Fähigkeit seine eigenen Partner zu managen sowie das Unvermögen, überhaupt geeignete globalisierungsfähige Partnerunternehmen zu finden. Das sind die Ergebnisse der Studie „Global Supply Chain Trends 2008 - 2010“, die die internationale Unternehmensberatung PRTM Management Consultants jetzt vorgestellt hat. „Die jüngsten Zwischenfälle um Produktrückrufe aus Niedriglohnländern zeigt, dass die Themen Sicherheit und Qualität einen hohen Stellenwert behalten. Doch schon 2010 wird die Fähigkeit, flexibel auf Nachfrageschwankungen und Versorgungsengpässe zu reagieren, zum entscheidenden Erfolgsfaktor für weltweit präsente Unternehmen“, sagt Reinhard Geissbauer, Geschäftsführer und Leiter der globalen Supply Chain-Practice bei PRTM. Mehr als die Hälfte der Studienteilnehmer geben an, dass sie noch nicht über die Fähigkeiten verfügen, externe Partner wirksam zu managen. „Mit zunehmender Globalisierung und der steigenden Zahl externer Partner wird die Komplexität weiter steigen. Nur die wenigsten Unternehmen sind dafür gerüstet.“ Weltweit mehr als 300 produzierende Unternehmen aus Automobilindustrie und Maschinenbau, IT/Telekom- und Konsumgüterindustrie sowie dem Life Science-Sektor nahmen von Dezember 2007 bis Februar dieses Jahres an der Studie teil. Mit Nordamerika, Europa und Asien sind drei wichtige Regionen der Weltwirtschaft vertreten. Bis 2010 Verdoppelung des F&E-Outsourcings erwartet Die beschleunigte Globalisierung führt weltweit zur weiteren Verlagerung von Unternehmenskapazitäten. Während bis heute vor allem Fertigung und Endmontage im Mittelpunkt des Outsourcings standen, werden zukünftig zunehmend Forschung und Entwicklungseinheiten verlagert werden. Die befragten Unternehmen haben ihre Fertigungskapazitäten bereits zu 42 Prozent und ihre Endmontage zu 38 Prozent globalisiert. Diese Entwicklung setzt sich fort. So planen vier von fünf Unternehmen bis 2010 weitere Kapazitäten auszulagern. Bis dahin werden mit mehr als die Hälfte der Fertigung (51 Prozent) und 47 Prozent der Endmontage nicht mehr dort stattfinden, wo das Unternehmen seinen Hauptsitz hat. Ein neuer Trend ist die Verlagerung von Forschungs- und Entwicklungskapazitäten. Sie nimmt überdurchschnittlich zu und wird sich bis 2010 nahezu verdoppeln. Diese Unternehmensfunktionen waren bisher eher am Stammsitz der Unternehmen angesiedelt. Die Erfordernis, auf den internationalen Märkten präsent zu sein, sowie die Verfügbarkeit von geeignetem Personal in den Zielländern werde diesen Trend beschleunigen. Anhaltender Kostendruck und die Notwendigkeit die lokale Marktpräsenz zu sichern, bleiben die wichtigsten Triebkräfte der Globalisierung. Dabei versuchen die Unternehmen mit der größten Globalisierungserfahrung ihre Produktionskapazitäten weltweit möglichst gleichmäßig zu verteilen. Die wichtigsten Zielregionen bleiben China und Indien. 27 Prozent beziehungsweise 13 Prozent der Studienteilnehmer nennen diese beiden Länder als wichtigste Region für Investitionen. Doch Osteuropa holt auf und wird von 11 Prozent der Unternehmen als bevorzugte Region genannt. Um den Zugang zu den entwickelten Märkten mit ihren guten Rahmenbedingungen zu sichern, können auch Nordamerika und Westeuropa weiterhin Investitionen anziehen. Realisierung von Einsparungspotenzialen bleibt schwierig Die Realisierung der durch die Auslandsverlagerung von Unternehmenskapazitäten errechneten Einsparpotenziale bleibt eine zentrale Herausforderung. Das durchschnittlich erreichbare Einsparpotenzial wird mit 17 Prozent angegeben. Der angegebene Lohnkostenvorteil liegt bei etwa 26 Prozent, die Beschaffungskosten ließen sich um 18 Prozent reduzieren. Doch viele Unternehmen können diese Potenziale nicht vollständig realisieren, denn die allgemeinen Managementkosten sinken nur minimal oder steigen sogar aufgrund des höheren Verwaltungsaufwands, die inländischen und ausländischen Aktivitäten zu koordinieren. Nur 4 Prozent der Unternehmen geben an, dass ihre Globalisierungsinitiativen den beabsichtigten Nutzen „vollständig erbringen“. So klafft weiterhin eine große Lücke zwischen Wunsch und Wirklichkeit. Viele Unternehmen geben an, die Vorteile der Produktionsverlagerung würden durch ineffiziente Prozesse wieder aufgehoben. „Oft liegt es am outsourcenden Unternehmen selbst, dass die Initiativen nicht den gewünschten Nutzen bringen. Ziel muss es sein, die eigenen Prozesse an die der international erfahrenen Partner anzupassen und die eigenen Mitarbeiter dahingehend zu schulen und zu trainieren“, beschreibt Geissbauer die wichtigsten Herausforderungen für die Unternehmen. Flexibilität wird Top-Priorität für globale Lieferketten Während mehr als 90 Prozent der Unternehmen angeben, Gewährleistung von Produktqualität, Produktsicherheit sowie die Lieferfähigkeit seien heute die wichtigsten Herausforderungen, wird die Flexibilität, also die Fähigkeit auf schwankende Nachfrage oder Engpässe bei den eigenen Lieferanten schnell und angemessen zu reagieren, am häufigsten Top-Thema bis 2010 genannt. „Diese Beobachtung geht einher mit den genannten Plänen, das eigene Unternehmen noch globaler aufzustellen. Die damit verbundene steigende Komplexität des eigenen Wertschöpfungsnetzwerks bereitet manchem Kopfzerbrechen“, sagt Geissbauer. „Mit einer wachsenden Zahl externer Partner kontinentübergreifend die erforderliche Flexibilität aufrechtzuerhalten wird zur Schlüsselqualifikation.“ Dabei wollen sich 90 Prozent aller Unternehmen darauf konzentrieren, Liefertreue sowie Prognosefähigkeit zu verbessern. Vier von fünf planen, ihre wichtigsten Lieferanten besser einzubinden und setzen zudem auf verbindliche Servicelevel-Vereinbarungen. Für 65 Prozent sind höhere Pufferbestände das Mittel der Wahl. Um die Globalisierungsrisiken abzufedern, setzen die meisten vermehrt auf Zertifizierungen ihrer Lieferanten, gefolgt von der Entsendung eigenen Personals in die Fabriken der Partner, Vor-Ort-Inspektionen der Fertigungsstätten sowie Training und Ausbildung der Lieferanten. Dabei wollen die globalisierungserfahrenen Unternehmen eher eigenes Personal entsenden, während die anderen Zertifizierungen für ausreichend halten. Grüne Themen gewinnen nur punktuell an Bedeutung Auch rücken grüne Themen auf der Agenda nach vorn. Umweltverträglichkeit wird bei den Globalisierungsstrategien heute grundsätzlich mitbedacht. „Trotz der hohen Aufmerksamkeit in den Medien stellen wir fest, dass grüne Themen bisher nur dann Bedeutung erlangen, wenn gesetzliche Bestimmungen einzuhalten sind oder wenn die Konsumenten dies explizit fordern“, unterstreicht Geissbauer. „So spielt Nachhaltigkeit für manche Branchen wie den Konsumgütersektor eine immer wichtigere Rolle, auch wenn sie nicht ausdrücklich in der Supply Chain-Strategie verankert ist."
Flexibilität wird Top-Priorität für globale Lieferketten
Nicht mehr Fertigung und Endmontage sondern Forschung und Entwicklung stehen bis 2010 im Zentrum des globalen Outsourcings. Der Anteil an weltweit outgesourcten F&E-Kapazitäten wird sich verdoppeln.