Feldtest MB Econic Hybrid

Feldtest MB Econic HybridUnter Strom gesetztDen Extremeinsatz als Müllsammler in Berlin spult der Prototyp des Mercedes Econic Hybrid brav ab und spart dabei 24 Prozent Sprit. Bis zum „Business Case“ ist es aber noch weit.Wir sind ein Umweltbetrieb!“, proklamiert BSR-Chefin Vera Gäde-Butzlaff. Und als solcher sei man umweltfreundlichen Lösungen besonders verpflichtet – auch wegen der ehrgeizigen CO2-Emissions-Ziele der Stadt Berlin. So erklärt die Kommunalbetriebsoberin bei der Präsentation der Feldtestergebnisse die Bereitschaft zum Experiment mit dem Econic-Prototypen, den Daimler auf der IAA 2008 erstmals zeigte.Gemäß seiner Hybrid-Strategie bei den LKW hat Daimler hier zum 6,4-l-Diesel-Sechszylinder-Motor mit 286 PS einen Synchronmotor mit 26 kW Dauer- und 46 kW Maximalleistung parallel geschaltet. Für das 26-t-Dreiachs-Fahrgestell kombinierte man ein automatisiertes 10-Gang-Schaltgetriebe samt Start-Stopp-System. Der Clou beim „doppelherzigen“ Müllsammelfahrzeug: Auch der Haller-Aufbau wird elektrisch betrieben. Konsequent: elektrifizierter AufbauTrotz des Status als Einzelstück scheint der Kommunal-Hybrid die zwölf Monate und 12.000 km Sammeleinsatz bei jeder Witterung samt Schnee standhaft absolviert zu haben. Ein paar Elektronikprobleme zum Ende waren laut Daimler schnell geklärt. Fahrer Thorsten Globig zeigte sich angetan: „Beim Fahren gibt‘s kaum Unterschiede zum Diesel-Econic.“ Beim Laden sehr wohl. Nicht nur die Müllwerker, auch die Anwohner empfanden es als Wohltat, dass der Diesel-Motor nicht wie sonst mit erhöhter Leerlaufdrehzahl orgelt, sondern die elektrisch betriebene Hydraulik nur leise surrt. Erst wenn die per Plug-in-Option über Nacht oder binnen drei Stunden bei 230 Volt geladene Kraft der Lithium-Ionen-Akkus mit ihren 10,5 kW/h bis auf 30 Prozent erschöpft sind (nach etwa 1,5 Stunden, 46 Prozent der rund elf Tonnen Müll werden elektrisch gepresst), klinkt sich der Diesel ein. Auch die zahlreichen Anfahrvorgänge – im BSR-Betrieb etwa 200 bis 300 täglich – absolviert der Econic Hybrid je nach Ladezustand elektrisch und somit leiser. Ab 30 km/h übernimmt wie beim Atego Hybrid der Diesel das „Regiment“. Im Schubbetrieb und beim Bremsen wird rekuperiert, der elektrische Widerstand entspricht etwa dem Schleppmoment bei einem Standard-Diesel-Fahrzeug. Unterwegs bekam der Müllsammelfahrer die Akkus meist wieder auf mehr als die Hälfte aufgeladen, wenige Minuten „Dieselbetrieb“ sollen hier laut Daimler genügen. Gerade in dieser extremen, bei einem 26-Tonnen-LKW im normalen Transporteinsatz kaum vorstellbaren „Gangart“ des „Stopp-and-go“ ergibt sich dann die sensationell klingende Spritersparnis von im Durchschnitt 23,9 Prozent gegenüber dem parallel betriebenen Standard-Econic. Pro Einsatztag sparte der Hybrid laut BSR elf Liter Sprit, der Verbrauch sank von 60 l/100 km auf 45 l/100 km. Was dem Econic Hybrid zum vollendeten Müllsammlerglück noch fehlt, ist die Option, rein elektrisch zu fahren, ohne parallel laufenden Diesel, wie es Renaults Midlum Hybris oder Volvos FE Hybrid beherrschen.Gemein ist allen Hybriden aber, dass sie weit davon entfernt sind, für den Kunden einen „Business Case“ darzustellen. Aber das sei letztlich der Anspruch, so Daimler-Vorentwicklungschef Klaus-Dieter Holloh. Oder wie es BSR-Technik-Vorstand Scholz-Fleischmann ausdrückte: „Das Delta ist groß, das fährt man nicht rein.“ BSR nannte 70.000 bis 80.000 Euro Mehrpreis … Weswegen Klaus-Dieter Holloh die zur Sprache gebrachte, theoretisch verlockende Kombination Erdgas-Hybrid ins Reich der Utopie verwies: „Da würden wir zwei teure Technologien kombinieren.“ Auch zur echten Serienfertigung der Mercedes-Diesel-Hybrid-LKW mit höheren Stückzahlen sei es noch ein weiter Weg. Doch für Kunden wie die BSR wären die Kostenvorteile einer Serie wichtig, um das „Delta“ zu schließen. Scholz-Fleischmann: „Hybrid ist für uns der nächste Schritt.“ Aktuell greift man lieber zu „bewährten“ Alternativen, wie Erdgas, oder noch besser Biogas – das die BSR bald selbst produziert. ❙❚■ Johannes ReichelKraftfluss: Information über ein Extra-DisplayFahrer Thorsten Globig lobte Geräusch und Bedienbarkeit

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