Fahrverbote in Stuttgart für ältere Diesel

Die für 2018 angekündigten Fahrverbote für ältere Dieselfahrzeuge in Stuttgart haben einen Streit über den Kampf gegen Luftverschmutzung in deutschen Städten ausgelöst. Während Verkehrsverbände und das Bundesverkehrsministerium (BMVI) die Entscheidung der grün-schwarzen Landesregierung in Baden-Württemberg kritisierten, bekam das Land Rückendeckung von Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) sowie aus Nordrhein-Westfalen und Berlin. Wer mit Pkw oder Lkw in Stuttgart unterwegs ist, muss sich ab dem kommenden Jahr auf Fahrverbote in der Innenstadt einstellen. An Tagen mit hoher Feinstaubbelastung sollen diese für alle Dieselfahrzeuge gelten, die nicht die Euro-6-Norm erfüllen. Ausnahmen soll es für den Lieferverkehr geben - Details sind noch nicht bekannt. In den vergangenen Jahren wurden in Stuttgart die Feinstaubgrenzwerte jeweils an mehr als 40 Tagen überschritten. Ein Drittel der Fahrzeuge auf deutschen Straßen sind Diesel. Davon erfüllten Anfang 2016 etwa 90 Prozent die Euro-6-Norm nicht. Grüne fordern blaue Plakette Das BMVI bezeichnete Fahrverbote als falsch. Besser sollten Taxen, Busse und Behördenfahrzeuge mit alternativen Antrieben eingesetzt werden. Auch in anderen Punkten denkt man in Berlin und Stuttgart unterschiedlich. So forderten Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann und sein Verkehrsminister Winfried Hermann (beide Grüne) vergangene Woche die Einführung der auf Bundesebene diskutierten blauen Plakette als "Instrument der Luftreinhaltung". Bisher scheitert dies an Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Verkehrs- und dem Umweltministerium. Eine dauerhafte blaue Umweltzone könne voraussichtlich ab 2020 eingeführt werden, wenn 80 Prozent der in Stuttgart zugelassenen leichten Nutzfahrzeuge und Pkw die Anforderungen an die neue Plakette erfüllten, betonten die beiden Politiker. Ihr Parteifreund, Nordrhein-Westfalens Umweltminister Johannes Remmel, schloss Diesel-Fahrverbote an Rhein und Ruhr nicht aus, wurde aber von seinem Kabinettskollegen Wirtschaftsminister Garrelt Duin zurückgepfiffen. "Was Lieferverkehr ist, muss immer eine Ausnahme bleiben", schränkte der SPD-Politiker ein. Die Berliner parteilose Umwelt- und Verkehrssenatorin Regine Günther sagte, "die besonders dreckigen Dieselfahrzeuge" müssten langfristig aus den Innenstädten herausgehalten werden. DSLV für Übergangsregelungen Der Deutsche Speditions- und Logistikverband (DSLV) warnte vor überstürzten Entscheidungen und forderte ausreichende Übergangsregelungen. "Die Ausnahmeregelung für den Lieferverkehr und die City-Logistik muss so bemessen sein, dass im normalen Investitionszyklus der Unternehmen die Neuanschaffung von Euro-6- oder anderen emissionsarmen Fahrzeugen realisiert werden kann", erklärte der Verbandspräsident Mathias Krage. Der Umstieg von Euro-5- zu Euro-6-Lkw erfolge bereits. Ein Plakettensystem sei "grundsätzlich das richtige Instrument zur Senkung verkehrsbedingter Schadstoffemissionen". Der Verband der Automobilindustrie hält es für klimapolitisch falsch, den Diesel grundsätzlich infrage zu stellen. Er sei bei der CO2-Effizienz dem Benziner überlegen. Nach Erkenntnissen des Umweltbundesamts würden nur vier Prozent des Feinstaubs aus den Auspuffrohren kommen. Ein Fahrverbot für bestimmte Dieselfahrzeuge würde viele Mittelständler treffen, warnte der Verband. Hintergrund Umweltschützer und die EU zwingen Stuttgart zu handeln Mit ihrem neuen "Luftreinhalteplan Stuttgart" reagiert die baden-württembergische Landesregierung auf eine Klage der Deutschen Umwelthilfe (DUH) vor dem Verwaltungsgericht der Landeshauptstadt. Der Verband wendet sich dagegen, dass nach dem bislang geltenden Luftreinhalteplan eine Einhaltung der Grenzwerte erst für 2020 vorgesehen ist. Die DUH legt der Stadt unter anderem ein flächendeckendes Lkw-Durchfahrverbot nahe. Gleichzeitig läuft ein Vertragsverletzungsverfahren, das die EU-Kommission gegen Deutschland wegen der Überschreitung der Stickoxid-Grenzwerte eingeleitet hat. jök

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