Fahrplan für die Schiene

Die EU kann ihr Ziel, den Gütertransport über mittlere Entfernungen (bis zu 300 Kilometer) überwiegend auf der Schiene abzuwickeln und die CO2-Emissionen um mindestens 60 Prozent zu senken, erreichen. So heißt es in einer Untersuchung der EU-Kommission. Sie muss dafür aber einen engen Fahrplan beim Ausbau der Infrastruktur, der Einführung neuer Technologien, dem Aufbau moderner Managementsysteme und Geschäftsmodelle umsetzen. Die Bahn habe nur eine Chance im Güterverkehr, wenn die betriebswirtschaftlichen Abläufe "industrialisiert" würden, sagte Lars Deiterding von der Beraterfirma HaCon bei der Vorstellung des Forschungsprojektes "Spider Plus" (siehe Kasten) in Brüssel. Nach den gegenwärtigen Prognosen müsste die Bahn ihre Leistung gegenüber dem Jahr 2010, in dem sie 390 Milliarden Tonnenkilometer transportierte, bis 2030 um über 40 Prozent auf 560 Milliarden steigern. Bis 2050 müssen es sogar viermal so viele Tonnenkilometer sein: rund 1,5 Billionen. Dabei gibt es nach der Studie drei Etappen: Ob die bis 2030 anvisierten Ziele, insbesondere die Fertigstellung des TEN-T-Schienennetzes erreicht werden kann, hängt von Entscheidungen ab, die jetzt getroffen werden müssen. Und nur wenn die EU das "Kernschienennetz" bis 2030 fertigstellt, kann bis 2050 das "umfassende Schienennetz" aufgebaut werden, mit dem die Schiene ihren Anteil am Güterverkehr auch in der Fläche leisten kann. Das "umfassende Schienennetz" soll nicht nur in der Lage sein, Gütertransporte über größere Entfernungen abzuwickeln, sondern auch einen "erheblichen Anteil der Transporte über kürzere Distanzen" zumindest von Containern. Damit über das Schienennetz lokaler und regionaler Güterverkehr abgewickelt werden kann, müssen bestehende Strecken modernisiert werden. Die wichtigsten ökonomischen Akteure werden nach der Studie die Logistik-Unternehmen (LSP), die sich auf den Schienenverkehr spezialisieren. Die klassischen Eisenbahnunternehmen könnten ihre Position nur behaupten, wenn sie zusätzlich Logistik-Dienste anbieten. Neue Akteure sind gefragt Als neue Akteure auf dem Markt des Schienengüterverkehrs erwarten die Wissenschaftler spezialisierte Eisenbahngesellschaften und einen "europäischen Infrastrukturmanager". Dafür müssten allerdings bis 2030 eine Reihe von Voraussetzungen geschaffen werden. Dazu gehören eine vollständige Liberalisierung des Güterverkehrs auf der Schiene und eine Regulierung, die gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle Verkehrsträger sicherstellt. Investitionen in die Infrastruktur müssten öffentlich oder privat (oder in Kombination) erfolgen. Megahubs sollen Netze verbinden Um intermodale Transporte abzuwickeln, seien "Megahubs" entlang den transeuropäischen Korridoren (TEN-T) notwendig. Besondere Bedeutung komme dem "Megahub" im niedersächsischen Lehrte an der Schnittstelle von drei TEN-Korridoren zu. Ihre Aufgabe ist es, die europäischen Korridore miteinander und mit den regionalen Netzen zu verbinden. Neben der notwendigen Infrastruktur müssten Systeme geschaffen werden, die eine flexible Nutzung des Gesamtsystems ermöglichen. Entscheidende Bedeutung messen die Wissenschaftler der Einführung moderner Technologien zu. "Interoperabilitätskonflikte" müssten bis spätestens 2030 beseitigt werden. Das bedeutet, dass die maximale Achslast oder Länge von Güterzügen vereinheitlicht werden muss, damit die Züge ohne Unterbrechung auf dem gesamten Streckennetz verkehren können. "Hybrid-Lokomotiven", die auf elektrifizierten und nicht-elektrifizierten Strecken gleichermaßen verkehren können, sollen dafür sorgen, dass Gütertransporte ohne Lokwechsel durchgeführt werden können. Automatische Kupplungen seien notwendig, um den Umschlag der Waggons in den Hubs zu automatisieren und die Kosten an diesen neuralgischen Punkten der Transportkette zu senken. Forschungsprojekt Die Zukunft des Verkehrs Im Forschungsprojekt "Spider Plus", das von der EU gefördert wurde, haben Forschungseinrichtungen der EU eine Vision des europäischen Verkehrssystems in der Mitte des 21. Jahrhunderts entwickelt. Beteiligt waren Wissenschaftler der DB-Netz, von Siemens, der Beraterfirmen HaCon und KombiConsult aus Deutschland, von New Opera (Belgien), der RappTrans (Schweiz), von Airbus (Frankreich), der Gruppo CLAS, NTV, IB Innovation und der Bucconi-Universität (Italien) sowie der TTU (Spanien) und dem Center for Future Studies (Großbritannien). tw

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