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Euphorie nach Erfolgsjahr in Indien - aber Armut noch nicht besiegt

12.12.2006 07:15 Uhr

Ausländische Investoren stehen in Indien Schlange, im Gegenzug übernehmen indische Firmen in einem zuvor nie da gewesenen Ausmaß Unternehmen im Ausland.

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Neu Delhi. Gleichzeitig jagt der indische Aktienindex Sensex von einem Rekordhoch zum nächsten. Indiens Wirtschaft boomt ungebremst, im Ende September abgelaufenen Quartal wuchs sie um 9,2 Prozent. Ein Ende der Entwicklung ist nicht absehbar, im Gegenteil: Die indische Regierung peilt die 10-Prozent-Marke an. Auch in Deutschland hat die Indien-Euphorie in diesem Jahr ein Allzeithoch erreicht. Volkswagen kündigte Ende November die bislang größte deutsche Einzelinvestition auf dem Subkontinent an, 410 Millionen Euro will der Konzern in den Bau eines Werkes investieren. Die Mittelschicht unter den 1,1 Milliarde Indern nimmt schnell zu, in dem bis Ende März andauernden Steuerjahr sollen erstmals mehr als zehn Millionen Fahrzeuge verkauft werden. Nicht nur bei VW ist das erst zögerliche Interesse an Indien als Wachstumsmarkt nun voll entflammt. Als im August Bundeswirtschaftsminister Michael Glos Indien besuchte, wollten ihn mehr Manager begleiten, als der Regierungs-Airbus Plätze bot. Glos hatte erfreuliche Nachrichten im Gepäck: In diesem Jahr könnte die Schallmauer von zehn Milliarden Euro im bilateralen Handel durchbrochen werden. Dieses Ziel hatten der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder und Indiens Premierminister Manmohan Singh im Oktober 2004 verkündet - angestrebt war allerdings 2009. Doch schon im ersten Halbjahr 2006 stiegen die deutschen Exporte im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 43,7 Prozent auf 2,84 Milliarden Euro. Die Einfuhren aus Indien legten um 32,8 Prozent auf 2,13 Milliarden Euro zu. Zahlen, die euphorisch stimmen, finden sich allenthalben. Nach drei Jahren mit Wachstumsraten um acht Prozent wirbt Indien damit, die "am schnellsten wachsende freie Marktwirtschaft" zu sein. "Ich hoffe, das laufende Jahr wird zu einem der besten Jahre des Wirtschaftswachstums", sagte Finanzminister Palaniappan Chidambaram Ende November. Die Regierung weiß, dass sie die marode Infrastruktur im Land verbessern muss, um das Wachstumsziel von zehn Prozent zu erreichen - und sucht ausländische Investoren. Die Planungskommission schätzt, dass in dem Bereich 320 Milliarden Dollar bis zum Jahr 2012 investiert werden müssen. Allein für den Bau von mehr als 15.000 Kilometer Schnellstraßen sollen bis März 2008 fast 240 Aufträge in Höhe von insgesamt 18,2 Milliarden Dollar vergeben werden. Doch die Auslandsinvestitionen sind keine Einbahnstraße. Indische Unternehmen sind international auf großer Einkaufstour. Der spektakulärste Fall: Indiens größter privater Stahlproduzent Tata Steel will den viel größeren britisch-niederländischen Konkurrenten Corus für mindestens 9,2 Milliarden Dollar kaufen - und liefert sich einen Bieterwettstreit um Corus mit dem brasilianischen Konzern CSN. Das Geschäft wäre der bislang größte Zukauf eines indischen Unternehmens im Ausland. Mit Betapharm stand in diesem Jahr auch ein bekanntes deutsches Unternehmen auf einem indischen Wunschzettel: Die indische Pharmafirma Dr. Reddy's übernahm das Augsburger Generika-Unternehmen im Februar für 572 Millionen Dollar. Aufbruchstimmung herrscht auch an der Börse in der westindischen Finanzmetropole Bombay. Eineinhalb Jahrzehnte hatte es gedauert, bis der 30 Werte umfassende Leitindex Sensex am 21. Juni 2005 die 7000er- Marke erreichte. Keine eineinhalb Jahre benötigte der Sensex dann, um die Punktezahl zu verdoppeln. In diesem Monat nahm er erstmals die Hürde von 14.000 Punkten. Trotz der weltweiten Indien-Euphorie räumt auch die Regierung in Neu Delhi sein, dass das Land noch längst nicht alle Schwierigkeiten überwunden hat. Viele Hürden seien genommen, viele Herausforderungen stünden aber noch bevor, sagte Premierminister Singh Ende November beim Indischen Wirtschaftsgipfel in Neu Delhi. Nach UN-Angaben gibt es in keinem anderen Land auf der Welt so viele unterernährte Menschen wie in Indien. Immer noch leben rund 300 Millionen Inder in Armut und müssen mit weniger als einem Dollar am Tag auskommen. Der "Krieg gegen die Armut", sagte Singh am indischen Unabhängigkeitstag Mitte August, sei noch nicht gewonnen.

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