Entscheidung vertagt

Der Ausschuss für den einheitlichen europäischen Eisenbahnverkehr (SERAC) hat seine geplante Entscheidung über die Regulierung von Eisenbahn-Rahmenverträgen (RV) verschoben. Deutschland und andere Mitgliedstaaten sind mit den von der Kommission vorgeschlagenen Regeln für die Zuteilung von Bahntrassen nicht einverstanden. Die Kommission will erreichen, dass die vorhandenen Bahnstrecken besser genutzt werden und mehr Kapazität für den Güterverkehr auf der Schiene zur Verfügung gestellt wird. Hindernis oder Sicherheit? Mit RV können die Betreiber von Zügen eine bestimmte Trassen-Kapazität über mehrere Jahre buchen. Wer beispielsweise fünf Mal am Tag eine Zugverbindung zwischen Dortmund und Hannover anbieten will, kann mit der Deutschen Bahn (DB) als Infrastruktur-Manager (IM) einen Rahmenvertrag für fünf oder auch zehn Jahre abschließen. Die genauen Slots werden zu jedem Fahrplanwechsel neu festgelegt. Für die DB seien sie "ein wichtiges Instrument, um Rechtssicherheit für Eisenbahnunternehmen und Infrastrukturbetreiber zu schaffen", sagt Ursula Eickhoff von der DB Netz AG. In Brüssel sieht man in den RV allerdings auch ein Wettbewerbshindernis. Denn je mehr Trassen-Kapazität durch Rahmenverträge vergeben ist, desto weniger Züge können zusätzlich auf die Schiene. Zumal die Betreiber die gebuchten Trassen nicht immer vollständig nutzen. Die RV seien ein Grund dafür, dass die Nutzung vieler, auch wichtiger Strecken im europäischen Schienennetz hinter der vollen Kapazität zurückbleibe, heißt es in der Kommission. Auch die Speditionen und Transportunternehmen sehen in den RV eher ein Problem als die Lösung für den Gütertransport auf der Schiene. In einem Brief an die EU-Kommission zeigen sich die Verkehrsverbände Clecat und ESC besorgt darüber, dass mit RV für nationale Teilstücke des Schienennetzes europäische Güterverkehrs-Korridore verstopft werden. "Internationale Güterzüge müssen auf diesen Korridoren Vorrang genießen. Nur dann können die Korridore ihre Aufgabe erfüllen und den Marktanteil der Schiene wieder verbessern." Die Deutsche Bahn spielt in dem Streit eine besondere Rolle. Der deutsche Netzbetreiber vermarktet einen besonders großen Teil seiner Trassen lang- und mittelfristig. Für den Personenverkehr, der getaktet erfolgen müsse, sei die Sicherheit der RV unverzichtbar, heißt es bei der Bahn. Der - wesentlich flexiblere - Güterverkehr werde dadurch nicht beeinträchtigt. Güterzüge seien vor allem kurzfristig unterwegs und müssten wegen Verpflichtungen aus Rahmenverträgen nicht abgewiesen werden. Kritiker der Bahn behaupten: Im Zweifelsfall bevorzuge die Netz AG immer ihre Stammkunden. Für die Betreiber der Güterzüge reicht es allerdings nicht, irgendeinen Slot auf dem deutschen Schienennetz zu bekommen. Sie müssen auch Anschluss in den Nachbarländern haben. Wegen seiner zentralen Lage sei es unverzichtbar, dass internationale Güterzüge in einem gewissen Ausmaß Vorrang auf dem deutschen Netz bekämen, sagt Clecat-Experte Laurent d'Hondt. Der Verband unterstützt deswegen den Vorschlag der Kommission, höchstens 70 Prozent der Kapazität einer Trasse langfristig zu vergeben. Ungenutzte Slots neu vergeben Dafür gibt es vorerst keine Mehrheit in dem zuständigen Ausschuss der EU. Umstritten ist auch der Vorschlag, in bestehende Rahmenverträge einzugreifen, wenn die Nutzung einer Trasse einen bestimmten Schwellenwert unterschreitet. Die Kommission möchte die IM verpflichten, ungenutzte Slots dann neu zu vergeben. Damit könnten "blockierte Kapazitäten" wieder auf den Markt gelangen, sagt die Geschäftsführerin des Verbandes der privaten Güterbahnen, Julia Lamb: Es sei "extrem schwierig", das richtige Gleichgewicht zwischen Planbarkeit und Flexibilität zu finden. "Aber es sollte selbstverständlich sein, dass der IM nicht die gesamte Trassenkapazität über Rahmenverträge zuteilt." Schließlich sei er auch verpflichtet, kurzfristigen Bedarf zu decken. Mehr zum Thema finden Sie im Dossier "Railcargo" www.verkehrsrundschau.de/dossiers