Eisenbahn-Aufsicht will strikte Trennung der Bahn von Netz AG

28.11.2006 08:58 Uhr

Die staatliche Eisenbahn-Aufsicht hat der Netz AG untersagt, sich von der Deutschen Bahn in rechtlichen Belangen beraten zu lassen.

Berlin/Bonn. Das Eisenbahn-Bundesamt (EBA) untersagte gestern der DB Netz AG, sich weiter juristische Unterstützung in wichtigen Geschäftsfeldern von der zentralen Rechtsabteilung der DB geben zu lassen: in Angelegenheiten des Netzfahrplans, der Trassenzuweisung an die regionalen Konkurrenten der Bahn sowie der Wegeentgelte. Der Konzern sprach von einem „unverständlichen Eingriff in die Unternehmensstruktur“ und drohte mit einer Klage. „Die Untersagungsverfügung ist weder gesetzeskonform noch sachgerecht“, erklärte ein DB-Sprecher. Das Amt ordnete Sofortvollzug an und verpflichtete die DB Netz AG, die erforderliche Umorganisation innerhalb von sechs Monaten umzusetzen. Beide Seiten beschuldigten sich des Rechtsbruchs. Durch die Beauftragung der Rechtsabteilung der Holding verstößt die Netz AG laut Bonner Aufsichtsbehörde gegen die Neutralitätspflicht. Diese ist nach Expertenangaben auch vor dem geplanten DB-Börsengang geboten, um bei der Trassenvergabe auch der Regionalkonkurrenz eine faire Chance auf dem Netz zu bieten. Mit Blick auf den langen Disput über die geplante Teilprivatisierung der Bahn mit oder ohne Netz erklärte der verkehrspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Horst Friedrich: „Die EBA sticht damit in ein Wespennest.“ Der Schritt der Bahnaufsicht könne aber allenfalls ein Anfang sein, denn die Netz AG benutze nicht nur die zentrale Rechtsabteilung, sondern „ungefähr 40 weitere Gruppen- und Servicefunktionen der DB AG Holding“ – angefangen von der Abteilung Konzernkommunikation über die Konzernrevision bis hin zum Bereich Finanzen/Controlling. Friedrich: „Die DB Netz AG kann de facto keine unabhängigen Entscheidungen treffen – auch nicht im Bereich Trassenvergabe und Trassenentgelte.“ Die Koalition hatte sich nach langen internen Auseinandersetzungen kürzlich darauf verständigt, die Netz AG vor der Teilprivatisierung des übrigen Konzerns ins Eigentum des Bundes zu übergeben. Die DB soll das Netz aber bewirtschaften und in ihrer Bilanz führen dürfen. Diese Trennung soll den regionalen Mitbewerbern auf dem Schienennetz fairen Wettbewerb sichern und den Bürgern die vom Grundgesetz vorgeschriebene Schienen-Infrastrukturversorgung garantieren. Die Beschäftigung der Konzernjuristen sei ein Verstoß gegen Paragraf 9a des Allgemeinen Eisenbahngesetzes, der „Gebot der personellen Trennung und das Verbot jeglicher Einflussnahme auf netzzugangsrelevante Entscheidungen“ beinhalte, stellte das EBA fest. Die Konzentration von Informationen aus allen Konzernbereichen in der zentralen Rechtsabteilung sei nach Unabhängigkeitsgesichtspunkten nicht tragbar, so das EBA. Die Netz AG müsse starke undurchlässige „Chinese Walls“ (Chinesische Mauern) zwischen sich und den übrigen Teilen des Konzerns errichten. Die derzeitige Praxis der Netz AG sei auch nicht transparent. Dadurch entstehe für die Netznutzer und die Öffentlichkeit der ,böse Schein’ eines nicht neutralen Betreibers von Schienenwegen. „Das Vertrauen in dessen Neutralität ist aber eine wichtige Voraussetzung für mehr Verkehr auf der Schiene.“ Die DB erklärte: „Zur Organisation der Rechtsberatung hat weder der europäische Richtliniengeber noch der deutsche Gesetzgeber irgendwelche Regelungen getroffen. Die DB Netz AG gewährleistet den diskriminierungsfreien Zugang zum Schienenweg. Dies ist gesetzlich geregelt und wird auch so gelebt. Durch interne Maßnahmen ist sichergestellt, dass es keine Weisungen aus der Konzernzentrale geben kann, die diese Diskriminierungsfreiheit beeinträchtigen.“

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