Die Last mit dem Gewicht

Für Container-Verkehre auf Short-Sea-Basis bietet die Spedition Robert Kukla alle marktüblichen Dienstleistungen an. Das Spektrum reicht von Doorto-Door-Verkehren bis zum Verpacken und Stauen der Waren im Verschiffungshafen. Für diese Dienstleistungen hat die Spedition Staubetriebe engagiert. "Wir erwarten, dass diese Unternehmen die Container auch wiegen werden, wenn der Beschluss des Maritime Safety Comitee (MSC) 2016 tatsächlich in Kraft tritt", sagt Dirk Wessels, Leiter der neuen Kukla-Niederlassung in Hamburg. Verbindliche Angaben werden Pflicht Der Logistiker spielt auf die jüngste Sitzung des Ausschusses der UNO-Schifffahrtskommission International Maritime Organization (IMO) an. Am 20. Mai 2014 beschloss die MSC eine Wiegepflicht für jeden Seecontainer. Vor der Verladung muss dessen Gewicht ermittelt und in die Schiffsfrachtpapiere eingetragen werden, legten die Delegierten fest. Vorausgesetzt, die IMO stimmt diesem Beschluss auf ihrer Jahressitzung im November 2014 zu, wird die neue Vorschrift in die Solas-Konvention (Safety of Life at Sea) aufgenommen und muss von allen 170 Mitgliedstaaten umgesetzt werden. Für deutsche Verlader ist eine Wiegepflicht nicht völlig neu. Paragraf 482 des Seehandelsrechts schreibt vor, dass der Befrachter vor Übergabe des Transportguts schriftlich "Angaben über Maß, Zahl oder Gewicht" machen muss. Auch in anderen Ländern sind die Vorschriften wenig präzise. Das hat dazu geführt, dass viele Verlader und Spediteure beim Ordern von Schiffs-Stauplätzen lediglich das voraussichtliche Gesamtgewicht der Container in die Frachtpapiere eintragen - ob dieses stimmt, prüfen weder sie noch die Reedereien. Der MSC-Beschluss fordert verbindliche Zahlen durch zertifizierte Verfahren. Das tatsächliche Gewicht des Containers muss dem in den Papieren notierten entsprechen. Genau das aber ist nach Meinung von Verladern und Spediteuren leichter gesagt als getan. Wenn Container vor der Verladung nochmals gewogen werden müssen, sind Verzögerungen und Zusatzkosten unvermeidlich, lautet das Argument. Denn Reedereien und Hafenbetriebe wehren sich vehement gegen Wiegedienstleistungen in Eigenregie. "Der Verlader oder sein Dienstleister müssen diese erbringen", teilt Max Johns, Geschäftsführer des Verbands Deutscher Reeder, mit. Auch der Zentralverband der deutschen Seehafenbetriebe (ZDS) stellt klar, dass die Häfen die Zusatzaufgabe nicht leisten werden. "Wir sind nicht prinzipiell gegen eine Wiegepflicht", stellt Kurt-Jürgen Schimmelpfeng, Geschäftsführer des Vereins Hamburger Spediteure, klar. "Allerdings muss geklärt werden, was diese zur Sicherheit der Seeschifffahrt beitragen kann." Genau mit dieser begründet die MSC den Beschluss vom 20. Mai. Tatsächlich können überladene Container vor allem beim Be- und Entladen für erhebliche Unfallgefahren sorgen, wie die CTU-Packrichtlinien in Anlage 3 schildern. Das gilt auch für den Vor- beziehungsweise Nachlauf auf der Schiene oder Straße. Der Fachbuchautor Wolfgang Huber empfiehlt deshalb, vor Verladungen Ladelisten mit Containerangaben zu vergleichen. Auf jeder Ladeeinheit werden das höchstzulässige Gesamtgewicht, Leergewicht und die Differenz - also die maximale Zuladung - vermerkt. "Auch bei Standard-TEU sind die maximalen Zuladungen nicht immer gleich", warnt der Werksleiter der Wacker Chemie AG. Einen solchen Vergleich unterlassen manche Verlader offenbar bewusst. "Wir leiden offenkundig unter einigen wenigen Marktteilnehmern mit krimineller Energie, welche regelmäßig durch Überladungen die Sicherheit der Seeschifffahrt gefährden", schimpft Rüdiger Grigoleit, Sprecher des Deutschen Seeverladerkomitees (DSVK) im Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI). Jetzt klammert sich der DSVK an ein Hintertürchen, welches der MSC-Beschluss offen lässt: Das Containergewicht kann demnach auch durch IT-gestützte Verifikationen ermittelt werden. Entsprechende Tools sind beispielsweise in SAP integriert. Das ERP-System errechnet auf Basis von Produkten und Packmitteln das voraussichtliche Ladungs- und Gesamtgewicht jeder Ladeeinheit. "Wir vergleichen regelmäßig softwaregestützte Daten mit den tatsächlichen Gewichten", sagt Grigoleit, im Hauptberuf Logistikmanager von Merck. "Die Abweichungen sind kleiner als drei Prozent." Jetzt kommt es auf die Ausführungsbestimmungen an, die jeder IMO-Mitgliedstaat für die Wiegepflicht erlassen muss. Ein solches Regelwerk müsste unter anderem klären, welche Anforderungen an Wiegetools à la SAP zu stellen sind, wie sich Verlader und Speditionen fürs Wiegen zertifizieren können und ob die Waagen zertifiziert oder geeicht sein müssen. An Produkten fürs Containerwiegen herrscht kein Mangel. Außer Kranwaagen, welche Ladeeinheiten während eines Beladevorgangs wiegen, können auch stationäre Plattformwaagen eingesetzt werden. Entsprechende Produkte kosten in der Regel über 10.000 Euro. Einige kleinere Hersteller werben mit Lastecken, welche unter die vier Aufstellpunkte der Container geschoben werden und das Gesamtgewicht im Funkkontakt ermitteln. Wenn der Verlader das Containergewicht nicht mit einer verifizierten Software ermitteln kann, muss ab 1. Juli 2016 der Spediteur mit einer Waage einspringen. "Wenn dieser nicht als Agent of Shipper handelt, muss er für die Zahlen haften", warnt Schimmelpfeng. Das gilt auch, wenn ein Drittunternehmen diese im Auftrag ermittelt.