Die Deutsche Bahn soll nach dem Willen der Bundesregierung teilweise in private Hände übergehen. Das Bundeskabinett beschloss nach Informationen aus Regierungskreisen am 24. Juli den Gesetzentwurf zur Teilprivatisierung des Bahnkonzerns. Nur die Infrastruktur wie das Schienennetz der Bahn, Bahnhöfe und Energieleistungen bleiben dem Entwurf zufolge zunächst 15 Jahre im Eigentum des Bundes. Die Bahn darf es in dieser Zeit jedoch wirtschaftlich nutzen und soll durch Anteilsverkäufe an Privatinvestoren international stärker werden. Bundestag und Bundesrat müssen der Privatisierung noch zustimmen. Wichtige Eckpunkte Dem Gesetzentwurf zufolge sollen das Schienennetz, Bahnhöfe und Energieleistungen zunächst 15 Jahre im Eigentum des Bundes bleiben. Die Bahn darf es in dieser Zeit jedoch wirtschaftlich nutzen. Fällt der Bund nach Ablauf der 15 Jahre keinen weitergehenden Beschluss, geht das der Bahn übertragene wirtschaftliche Eigentum nach drei weiteren Jahren an ihn zurück. Die Bahn bekäme einen Wertausgleich. Für die 15 Jahre sind ihr bis zu 2,5 Milliarden Euro Bundeshilfen für die Erhaltung des Netzes jährlich sicher. Über eine spezielle Vereinbarung darüber wird noch verhandelt. ANTEILE: Der Bund übernimmt vom Bahn-Mutterkonzern sämtliche Anteile an den Töchtern für das Netz, die Bahnhöfe und für Energie. Im Gegenzug bekommt die Bahn eine Vollmacht zur Stimmrechtsausübung in den Hauptversammlungen, bei wichtigen Fragen ist aber vorher die Zustimmung des Bundesverkehrsministeriums nötig. BEWIRTSCHAFTUNG: Mit den Anteilen geht das juristische Eigentum am Netz an den Bund über. Die Bahn darf es aber 15 Jahre bewirtschaften und auch in ihrer Bilanz führen. RÜCKFALL-REGELUNG: Ohne erneuten Beschluss des Bundes fällt das Bewirtschaftungsrecht der Bahn nach weiteren drei Jahren an den Bund zurück. Die Bahn bekommt dann einen Ausgleich für Vermögensverluste. NETZ-INVESTITIONEN: Zum Erhalt der Schienenwege überweist der Bund der Bahn jährlich bis zu 2,5 Milliarden Euro. NETZ-KONTROLLE: Der Bund erhält jährlich einen detaillierten Bericht über den Zustand des Netzes. Werden vereinbarte Standards nicht erfüllt, kann der Bund Zuschüsse von der Bahn zurückfordern. Chronik: Der lange Weg zur Entscheidung für eine Teilprivatisierung der Bahn Seit Beginn der Bahnreform vor 13 Jahren ist der bundeseigene Konzern auf Sanierungskurs. Auf dem Weg zum Ziel einer Teilprivatisierung hat die Bahn zahlreiche Etappen zurückgelegt: 5. Januar 1994: Die "Deutsche Bahn Aktiengesellschaft" wird ins Handelsregister Berlin-Charlottenburg eingetragen. In ihr gehen die westdeutsche Bundesbahn und die Reichsbahn der früheren DDR auf. 1. Januar 1996: Die Finanzierung des Nahverkehrs auf der Schiene wird regionalisiert. Mit Milliardenzuschüssen des Bundes bestellen die Länder seitdem Verkehrsleistungen bei den Bahnunternehmen. 9. Juli 1997: Johannes Ludewig, früherer Ost-Beauftragter der Bundesregierung, wird Nachfolger von Heinz Dürr als Bahnchef. 1. Juni 1999: In der zweiten Stufe der Bahnreform werden unter dem Dach der Holding eigene Aktiengesellschaften für Personenverkehr, Fracht, Netz und Bahnhöfe gegründet. 16. Dezember 1999: Hartmut Mehdorn, von Hause aus Maschinenbauer, früherer Airbusmanager und späterer Chef des weltgrößten Druckmaschinenherstellers Heidelberger Druck, wird Bahnchef. 22. September 2004: Pläne für einen Börsengang bereits im Sommer 2006 platzen. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) nennt als neuen Zeitrahmen die Spanne „zwischen 2006 und 2008“. 28. Februar 2005: Bahn und Gewerkschaften einigen sich in einem Beschäftigungspakt auf einen Schutz vor Entlassungen bis 2010. 16. März 2005: Die Bahn weist für das Jahr 2004 erstmals seit Beginn der Sanierung einen Gewinn aus eigener Kraft aus. 18. November 2005: Im Koalitionsvertrag vereinbaren Union und SPD, über "die Gestaltung des Börsengangs" der Bahn entscheiden zu wollen. 8. November 2006: Die Fachpolitiker der großen Koalition einigen sich grundsätzlich auf eine Teilprivatisierung der Bahn bis 2009. 24. November 2006: Der Bundestag beauftragt die Regierung, bis Ende März 2007 einen Gesetzentwurf zur Bahnprivatisierung vorzulegen. 3. Juli 2007: Die beteiligten Ministerien einigen sich auf einen Entwurf für das „Gesetz zur Neuorganisation der Eisenbahnen des Bundes“. 24. Juli 2007: Das Bundeskabinett beschließt den Gesetzentwurf. Gut fünf Millionen Menschen fahren jeden Tag mit der Deutschen Bahn. Insgesamt beförderte Europas größtes Verkehrs-Unternehmen im vergangenen Jahr fast 1,9 Milliarden Fahrgäste. Zudem wurden rund 300 Millionen Tonnen Güter auf der Schiene transportiert. Der bundeseigene Konzern unterhält ein Streckennetz von rund 34.000 Kilometern Länge. In den vergangenen Jahren hat sich das letzte große Staatsunternehmen mit rund 229 000 Beschäftigten in einen weltweit tätigen Transport- und Logistikkonzern gewandelt, mit 1500 Standorten in 150 Ländern. Unter dem Strich stand im vergangenen Jahr ein Gewinn von knapp 1,7 Milliarden Euro. Der Umsatz lag bei 30 Milliarden Euro.
Die geplante Teilprivatisierung der Bahn - eine Chronik
Die Bundesregierung hat die Weichen für die geplante Teilprivatisierung der Bahn gestellt. Der lange Weg zur Entscheidung - eine Chronik