Hamburg. Die deutsche Seehafenverkehrswirtschaft wird weiterhin zu den Nutznießern der Globalisierung gehören. „Als Hafenstandort wird Deutschland in den kommenden Jahrzehnten eine herausragende Rolle spielen", brachte Thomas Straubhaar, Direktor des Hamburgischen Weltwirtschaftsarchivs (HWWI), die langfristigen Perspektiven am Dienstag in Hamburg vor Journalisten auf den Punkt. Straubhaar zitierte aus einer gemeinsam mit dem Hamburger Bankhaus Berenberg erarbeiteten Studie mit dem verheißungsvollen Titel „Strategie 2030: Maritime Wirtschaft und Transportlogistik", die jetzt veröffentlicht wurde. Danach wird sich der Elbe-Hafen in der Rangfolge der wichtigsten europäischen Seehäfen bis 2030 weiter nach vorn arbeiten und den bisherigen Inhaber des zweiten Platzes, das belgische Antwerpen, hinter sich lassen und direkt an Rotterdam anschließen. Für die Zielmarke errechneten die Hafen- und Wirtschaftsexperten für Hamburg einen Güterumschlag von rund 527,7 Millionen Tonnen. Zur besseren Einordnung: Im bisherigen Top-Jahr 2005 gingen in Hamburg rund 125 Millionen Tonnen über die Kaikante. Der Hamburger Senat stellt für 2015 einen Jahresumschlag von rund 225 Millionen Tonnen in Aussicht. Der Rotterdamer Hafen wird der Studie zufolge mit 825,8 Millionen Tonnen bis 2030 zu rechnen haben, während Antwerpen rund 485 Millionen Tonnen zu verkraften haben wird. Doch auch die Bremischen Häfen dürfen sich freuen: Vom aktuell 13. Rang könnten sie sich bis 2030 auf den fünften Platz in Europa vorarbeiten. Noch nicht in die Studie mit einbezogen wurde der neue deutsche Tiefwasserhafen Jade-Weser-Port (JWP), weil diese Anlage erst kommen werde. Man hätte bestenfalls „raten" können, welche Rolle dieser Tiefwasserhafen künftig spielen wird. Doch darauf wollte man sich nicht einlassen. „Zu den großen Vorteilen Hamburgs gehört unter anderem das traditionell hohe Loco-Aufkommen von fast einem Drittel der umgeschlagen Güter", begründete Straubhaar die Einschätzung. Auch profitiere der Elbe-Hafen vom starken Warenverkehr Europas mit Fernost in besonderer Form. Die EU-Osterweiterung habe Hamburg sein altes Hinterland wiedergebracht. Straubhaar sieht in den günstigen Wachstumsperspektiven des Elbe-Hafens zugleich auch eine gigantische Herausforderung für den Hamburger Senat. „Benötigt wird sehr kurzfristig ein umfassendes Logistik-Konzept für den Hamburger Hafen und die Metropoloregion Hamburg", forderte Straubhaar. Es müsse sichergestellt werden, dass das Gütermengenwachstum mit der Infra- und Suprastruktur Schritt halte. Wenn das nicht geschehe, dann drohten auch Hamburg – wie auch allen anderen großen Seehäfen in Europa – Zustände wie in den USA oder auch Australien im vergangenen Jahr, als die Schiffe wegen fehlender Umschlagkapazitäten lange auf Reede liegen mussten, bevor sie in den Häfen abgefertigt werden konnten. Wolfgang Pflüger, Chefvolkswirt der Beerenberg Bank, sieht für den Bankensektor interessante Möglichkeiten, sich an der Finanzierung von öffentlicher Infrastruktur zu beteiligen. Denn die Staatshaushalte allein seien mit der Finanzierungsaufgabe – es geht um gigantische Milliarden-Beträge – überfordert. Pflüger: „Die Politik muss hier die entsprechenden Rahmenbedingungen schaffen, damit privates Kapital einen Teil der Finanzierungsaufgaben übernimmt." Bezogen auf den Standort Hamburg könnten wichtige Vorhaben wie die Hafenquerspange zum Beispiel Gegenstand einer Privatfinanzierung sein. Vorstellbar seien spezielle „Infrastrukturfonds", die hinsichtlich ihrer Wirkung vergleichbar sind mit den Schiffsfinanzierungsfonds. Stimmten die Rahmenbedingungen, dann könnten solche Fonds ein sehr interessantes Anlageinstrument sein, auch und gerade für Privatanleger. (eha)
Deutsche Häfen: Hamburg wird Europas Nummer zwei
Studie „Strategie 2030: Maritime Wirtschaft und Transportlogistik“ vorgestellt: als Hafenstandort wird Deutschland eine herausragende Rolle spielen