DAF XB im Test: Wie sich der kompakte 12-Tonner mit neuer Technik schlägt

Leicht haben es die leichten Laster bei keinem Hersteller. Die zu erzielenden Margen fallen in der Klasse der Verteiler-Lkw vergleichsweise knapp aus, denn die Käuferschaft ist hier oft sehr preissensibel unterwegs. Umfangreiche und damit teure Modernisierungen sind so seltener drin als bei den Großen. Egal bei welcher Marke, hat der Umstieg von den großen Lastern auf einen der kleinen daher immer etwas von Abstieg. So auch beim Wechsel von einem der größeren DAF in den XB-Verteiler, ungeachtet der Tatsache, dass der niederländische Hersteller diesem jüngst eine umfassende Modellpflege spendierte. Dabei wurde der Name von ehemalig "LF" in "XB" geändert, womit sich der Kleine schlüssig in die Reihe seiner größeren Brüder XD, XF, XG und XG+ einfügt. Von denen erbte der XB zusätzlich manches Detail, wie das digitale Zentralinstrument, das dem Cockpit eine moderne Note spendiert. Gleiches gilt für das aus den großen DAF übernommene neue Lenkrad. Die von den Großen gewohnte Noblesse will trotzdem nicht recht aufkommen. Zu sehr dominiert das Hartplastikambiente des Armaturenträgers mit seinen altmodischen Drehreglern für Heizung und Lüftung, die aber bestens bedienbar sind. Doch der Reihe nach: Zwei bequeme Stufen führen hinauf zum Arbeitsplatz des 12-Tonners. Das klappt auch am Ende eines anstrengenden Liefertages noch problemlos, zumal links und rechts Haltestangen helfen. Im Fahrerhaus nimmt man auf den, ebenfalls von den großen DAF-Lkw übernommen, Sitzpolstern Platz. Die verdienen das Prädikat bequem und die möglichen Verstellwege des Gestühls erweisen sich als ausreichend, was gleichfalls für die Lenksäule gilt. Gestartet wird der XB - wie alle DAF - noch per Schlüsseldreh. Woraus sich keine Nachteile zu einem Startknopf ergeben, der bei vielen Herstellern zur Mode geworden ist. Um den Kraftschluss herzustellen, greift man zunächst instinktiv an den rechten Lenkstockhebel, der anders als bei XD, XF und Co. aber nur für die Bedienung der Scheiben-wischer zuständig ist. Der Drehschalter für das Getriebe findet sich vielmehr rechts neben dem Fahrer und stammt noch aus dem Vorgängermodell LF. Neues Wandlergetriebe von ZF Das, was er bedient, ist dagegen brandneu und unserer Ansicht nach eine absolut empfehlenswerte Option. Das Testfahrzeug verfügt über die neue "Power-line"-Vollautomatik. Das Achtgang-Wandlergetriebe stammt aus der Feder des Zulieferers ZF und findet sich ebenfalls in den Bestelllisten des MAN TGL. Wie schon in dem (siehe VR 15/2024), zeigt sich die Powerline-Box auch im DAF von ihrer besten Seite. Ungewohnt ist zunächst der wandlertypische Kriechmodus, der an Ampeln zwar den stetigen Tritt des Bremspedals fordert, sich dafür bei Rangiermanövern als überaus hilfreich erweist. Technische Daten Motor Vierzylinder-Reihenmotor (Paccar MX-5) Common-Rail-Einspritzung, Single-Turbolader, Euro 6e mit SCR-Kat, AGR, Partikelfilter, Hubraum: 4500 cm3 Leistung: 208 PS (153 kW) bei 2300/min max. Drehmoment: 795 Nm bei 1300-1600/min Getriebe Wandler-Automatikgetriebe "ZF PowerLine 8AP800 OD" 8 Vorwärtsgänge, 1 Rückwärtsgang, Spreizung: 4,89-0,64 Fahrwerk und Gewichte VA: 4,5-t-Lenkachse, Typ: F48 Parabelfederung HA: 8,5-t-Antriebsachse, Typ: SR8.22 Zweibalg-Luftfederung zul. Gesamtgewicht (Testfahrzeug): 12.000 kg Kaum merkliche Gangwechsel Ebenso schnell lernt man die Schaltpunkte über das Gaspedal einzuleiten. Dieses kurz gelupft, schaltet die Elektronik umgehend eine Fahrstufe höher. Und zwar so schnell und komfortabel, dass automatisierte Schaltgetriebe nicht im Ansatz mithalten können. Ebenso gut funktioniert die Sache andersrum, also wenn man dem im Testfahrzeug verbauten PX-5-Vierzylinder in seiner stärksten lieferbaren Form mit 208 PS und 795 Newtonmeter Drehmoment Leistung abfordert. Ein Tritt aufs Gas und die gewünschte Rückschaltung erfolgt sofort. Manuelle Eingriffe kann man sich so getrost sparen - zumal der kleine, dafür vorgesehene Kippschalter (ein weiteres Relikt des Vorgängers LF) rechts neben der Getriebebedieneinheit keine ergonomische Glanzleistung ist. Gebraucht wird er trotzdem, nämlich wenn die Motorbremse ins Spiel kommen soll. Die gilt es aber vorher erst links am Lenkrad per Taste zu aktivieren, um danach mit der rechten Hand am erwähnten Kippschalter die nötige Drehzahl für die Auspuffklappe zu schaffen. Eine umständliche Prozedur, die zeigt, dass der XB auch in Sachen Bedienkomfort nicht ganz den Stand seiner großen Brüder hält. Was gleichfalls fürs Thema Geräuschentwicklung gilt, besonders wenn die Motorbremse im Einsatz ist. Davon abgesehen sammelt der XB viele Punkte. Lenkung und Fahrwerk stimmte DAF angenehm direkt ab und dank der niedrigen Sitzposition sind die Sichtverhältnisse bestens. Wozu auch die neuen, etwas schlanker bauenden Spiegelgehäuse beitragen. Das bei den großen DAF erhältliche digitale Spiegelersatzsystem samt der hilfreichen Corner-View-Funktion gibt es für den XB aber leider nicht. Umso mehr raten wir zur Option des zusätzlichen Fensters im unteren Bereich der Beifahrertür, das neben dem XB stehende Personen sichtbar macht. Nicht nur in solchen Fällen hilft zudem der radargestützte Seitenassistent, der bis zu sieben Meter vor und bis zu 15 Meter hinter den solo fahrenden XB schaut. Neue Assistenzsysteme an Bord Lediglich die Position des auf der rechten Fahrzeugseite deutlich über die Außenlinie des Aufbaus hinausragenden Radarkästchens erachten wir als bruchgefährdet. Besser geschützt ist das in der Front versteckte Radar für die automatische Einhaltung des Abstands und den Notbremsassistenten. Vom Gesetzgeber gefordert ist außerdem der sogenannte "Drive-Off"-Assistent, der vor dem Anfahren auf Objekte im Nahbereich aufmerksam macht. Weiter oben, genauer im oberen Bereich der Windschutzscheibe hält zudem noch eine Kamera Ausschau nach aktuellen Geschwindigkeitsbeschränkungen, die im digitalen Zentraldisplay angezeigt werden. In Sachen Sicherheit lässt der Niederländer also nichts anbrennen. Und wem der Diesel-XB trotz neuem Getriebe nicht mehr zeitgemäß erscheint, der kann alternativ bald zur batterieelektrischen Variante des 12-Tonners greifen. Die Auslieferung des XB Electric soll noch in diesem Jahr starten.