Containerfrachtraten

ContainerfrachtratenFrachtraten in BewegungDie Containerfrachtraten fallen. Ein Ende der Talfahrt ist vorerst nicht absehbar, weil die Containerreedereien massive Überkapazitäten aufbauen. Die Wende kam schneller als erwartet. Mussten die Linienreedereien im Krisenjahr 2009 noch Rekordverluste ausweisen, so war das abgelaufene Jahr 2010 ebenfalls ein Rekordjahr – allerdings in positiver Hinsicht. Allen voran konnte Marktführer A.P. Møller-Mærsk das beste Ergebnis der über 100-jährigen Firmengeschichte vermelden. Allein im Containergeschäft verwandelte die Reederei ein Minus von 11,4 Milliarden Kronen (1,5 Mrd. Euro) in ein Plus von 14,8 Milliarden Kronen (1,98 Mrd. Euro). Die französische CMA CGM, verbuchte 2010 einen Gewinn von 1,1 Milliarden Euro (Vorjahr rund 1 Mrd. Euro Minus). Und auch Hapag-Lloyd konnte einen Verlust von 603 Millionen Euro in einen Gewinn von 583 Millionen Euro drehen. Der Umsatz stieg um fast 40 Prozent auf 6,2 Milliarden Euro. Höhere Transportpreise verschafften auch Hamburg Süd einen Umsatz von 4,4 Milliarden Euro. Gewinne weist die Reederei, die zum Oetker-Konzern gehört, nicht aus.Grund für die Wende ist die stark gestiegene Nachfrage nach Tonnage und damit deutlich gestiegene Frachtraten. Der Welthandel hat schneller als erwartet wieder Fahrt aufgenommen. „Der globale Containerumschlag dürfte 2010 um mindestens elf Prozent gestiegen sein“, rechnet Schiffsanalyst Eric Heymann von Deutsche Bank Research vor. Reeder investieren in NeubautenVor allem das Transportvolumen auf der Hauptroute zwischen Asien und Europa erholte sich nach der Krise überraschend schnell und deutlich. Nach dem Schifffahrtsmarktbericht des Hamburger Schiffsmanagers Hansa Shipping stiegt das Ladungsaufkommen im Fahrtgebiet Asien-Europa im Jahr 2010 um fast 18 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Rekordergebnisse wurden aber auch auf den innerasiatischen Verkehren erzielt. Und selbst die Transporte zwischen Asien und den USA haben wieder das Vorkrisenniveau erreicht, weil die Händler ihre Lager schneller als erwartet mit Waren aus Fernost füllten. Das hat sich in den Preisen für Containertransporte bemerkbar gemacht. Bei Hapag-Lloyd lag die durchschnittliche Frachtrate im Jahr 2010 mit 1569 US-Dollar pro Standardcontainer (TEU) um 312 Dollar höher als im Vorjahr. Bei Maersk legten die Frachtraten sogar um 29 Prozent zu. Die höchsten Steigerungen konnten jeweils im Fahrtgebiet Fernost durchgesetzt werden. Frachtraten sind wieder auf TalfahrtFür dieses Jahr geben sich die Reedereien jedoch bescheidener. Bei den Frachtraten erwartet zum Beispiel Hapag-Lloyd für die kommenden beiden Jahre einen geringeren Zuwachs. Die Zahlen des Makler- und Analysehauses Clarkson Research Services in London belegen die Vorsicht. Demnach sind die Frachtraten des Shanghai Containerized Freight Index (SCFI) auf der Route Shanghai-Europa seit Sommer letzten Jahres deutlich gefallen. Lagen sie in der Spitze im Juli noch bei fast 1900 Dollar pro TEU, wurden im März nur noch knapp 1080 Dollar bezahlt. Deutlich weniger Rückgänge und teilweise gestiegene Frachtraten verzeichnet Clarkson nur im innerasiatischen Verkehr. Der Gesamtindex, der alle Routen zusammenfasst, liegt derzeit mit rund 1000 Punkten deutlich unter seinem Hoch von 1573 Punkten im Sommer.Aussicht auf Besserung scheint kurzfristig nicht in Sicht. Schiffsbroker erwarten, dass der Frachtraten-Index für die Asien-Europa-Relation in den kommenden Wochen unter die 1000-Punkte-Marke fallen wird. Auch der Branchendienst Alphaliner sieht keine Steigerungen vor der Hauptsaison im Juli dieses Jahres. Laut Deutsche-Bank-Analyst Heymann spreche viel dafür, dass die Frachtraten im zweiten Halbjahr wieder steigen. Zwar kommen in den nächsten Jahren weitere Kapazitäten auf den Markt, gleichwohl dürfte die Nachfrage bis 2015 schneller wachsen als das Angebot. Für den Welthandel rechnen Experten in den kommenden Jahren mit einem Wachstum der Containermengen um durchschnittlich sieben Prozent pro Jahr. Darauf setzen die Reeder. Und auf das wachsende Geschäft zwischen Europa und Asien sowie innerhalb Asiens. Schon heute sind die innerasiatischen Verbindungen mit einem Anteil von etwa einem Drittel an den Schiffsverkehren die mit Abstand wichtigsten Routen, schreibt Heymann in einer aktuellen Studie. Hoffnung hegen die Reeder zudem, dass neue Fahrtrouten nach Afrika oder in den Mittleren Osten und dem indischen Subkontinent Kapazitäten stärker genutzt werden. Zahlreiche Reedereien haben in den letzten Monaten neue Strecken in ihre Fahrpläne aufgenommen. Doch das Wachstum der Weltwirtschaft ist nach wie vor sehr fragil. Sollten sich die Hoffnungen nicht erfüllen, befürchten Experten massive Überkapazitäten, die die Frachtraten weiter sinken lassen würden. Insgesamt stehen bis 2014 über 600 neue Containerschiffe in den Orderbüchern der Werften. Hinzu kommen viele bereits bestellte Schiffe, deren Bau in der Krise nur verschoben wurde. Vor allem die großen Linien bestellen kräftig neue Schiffe. Vorreiter ist Maersk. Die Reederei löste mit der Bestellung von zehn Megaschiffen mit bis zu 18.000 TEU einen neuen Wettlauf der Containerriesen aus. Verdrängungskaskade der TonnageMehr als die Hälfte der Neubauten entfallen auf große Containerschiffe über 5100 TEU. Damit kommen in diesem Segment in den nächsten drei Jahren über 3,35 Millionen Containerstellplätze hinzu. Das bedeutet eine Erhöhung der momentanen Kapazität um stolze 60 Prozent. Die Überkapazitäten könnten für die Reedereien zu einem echten Problem werden. Tariferhöhungen sind nach den Erfahrungen von Alphaliner nur möglich, wenn die Auslastung über 95 Prozent liegt. Derzeit sind zum Beispiel Transpazifik-Schiffe gerade mal zu 85 Prozent ausgelastet. Zwar würden die neuen Riesen hauptsächlich von Asien nach Europa eingesetzt, doch dort werden sie die bisherigen 8000- und 9000-TEU-Schiffe verdrängen, warnt Dirk Visser vom Beratungshaus Dynamar. Die übrigen Schiffe werden die Reeder dann vor allem auf den Pazifik-Routen einsetzen. Damit steige auch hier das Angebot. Auch bei Alphaliner ist man skeptisch. Die Reedereien könnten drohende Überkapazitäten nicht mehr durch Slow- Steaming abfangen. Auch sei keineswegs sicher, dass die Nachfrage die zusätzliche Tonnage ausgleichen könne. „Wir erwarten einen signifikanten Anstieg der Kapazität im Transpazifik“, sagt Tan Hua Joo, Analyst beim Branchendienst Alphaliner. Kleinere Schiffe, die im Verteilerverkehr oder auf weniger starken Routen eingesetzt werden, dürften den Preisdruck dagegen erst später zu spüren bekommen, meint Heymann. Er rechnet hier kurzfristig sogar mit steigenden Preisen. Der Einsatz der Containerriesen ziehe den Bedarf an kleineren Verteilerschiffen nach sich. ❙❚■ Alexander Heintze, freier JournalistEin Containerschiff der Hamburger Linienreederei Hapag-Lloyd auf der Elbe Containerfrachtratenentwicklung der Frachtraten10/0911/0912/091/102/103/104/105/106/107/108/109/1010/1011/1012/101/112/113/1116001500140013001200110010002200200018001600140012001000Shanghai Containerized Freight Index (SCFI): Seit Mitte letzten Jahres fallen die FrachtratenDer Shanghai Containerized Freight Index zeigt die Entwicklung der Frachtraten über alle Fahrtgebieten. Für den Asien-Europa-Verkehr zeigt die Grafik absolute Raten in US-Dollar. diwi Reeder rechnen mit robustem Wachstum Die Reedereien haben aus der Krise nichts gelernt, glaubt Dirk Visser, Senior Shipping Consultant beim Beratungshaus Dynamar.Wie werden sich die Frachtraten für Container in diesem Jahr entwickeln?Dirk Visser: Es ist noch zu früh, hier eine Aussage zu treffen. Dazu ist im Moment zu viel Bewegung in den Raten. Erstaunlich ist aber, dass die Frachtraten schon wieder sinken.Warum?Viele Reedereien haben die Krise nur knapp überlebt. Man sollte meinen, sie haben daraus gelernt und beugen nun einer ähnlichen Situation vor. Daher bin ich erstaunt, dass sie sich schon wieder unterbieten. Aber offensichtlich können die Reeder auch auf diesem Ratenniveau noch Geld verdienen.Können sie das tatsächlich?Die Reedereien haben während der Krise erhebliche Maßnahmen zur Kosteneinsparung durchgesetzt. Sie fahren heute mit größeren Schiffen, die sich wirtschaftlicher betreiben lassen. Zusammen mit dem Slow-Steaming sind die Kosten deutlich und dauerhaft gesunken. Das Problem ist, dass jeder Kostenvorteil gleich in Form von niedrigeren Raten an die Kunden weitergegeben wird. Das Muster ist aus der Vergangenheit so gelernt, kann aber der Anfang neuer Probleme sein. Welche zum Beispiel?Wenn die Raten zu stark sinken, werden die Reedereien wieder Schiffe auflegen müssen. Welche Rolle spielen die vielen neuen Schiffe, die auf den Markt kommen?Das Problem ist, dass die Gesamtkapazität nicht ausgeglichen ist. Vor allem auf der Ost-West-Strecke kann es sein, dass die Kapazität schneller wächst als die Ladung. Die Reedereien rechnen offensichtlich damit, dass der Aufschwung weitergeht. ahInterviewDirk Visser

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