Brüssel/Berlin. Die EU-Kommission misstraut der deutschen Aufsicht über einen fairen Wettbewerb im Güterverkehr auf der Schiene. Die Brüsseler Behörde werde der Bundesregierung deshalb demnächst einen Fragenkatalog vorlegen, kündigte ein Sprecher von Verkehrskommissar Jacques Barrot am Mittwoch in Brüssel an. Barrot bemängelt, dass die Kontrollinstanz zusammen mit der Verwaltung von Schienennetz und Fahrbetrieb unter dem Dach der Deutschen Bahn AG angesiedelt ist. Er bezweifelt deshalb ihre Unabhängigkeit. Der Kommissar befürchtet, die Konstruktion könne private Wettbewerber benachteiligen. Ein Bericht Barrots zum Stand der Bahnreformen in Europa, den die Kommission am Mittwoch annahm, hebt die Bedeutung unabhängiger Kontrollstellen hervor. Diese Einrichtungen müssten bei Streitigkeiten zwischen dem Netzbetreiber und den Bahnunternehmen tätig werden und bräuchten dafür ausreichende Mittel, was nicht überall der Fall sei. Barrot betonte: "In Deutschland ist die Lage am schwierigsten". Die Deutsche Bahn AG begrüßte unterdessen "wesentliche Aussagen" des Kommissionsberichts. Das Unternehmen sah damit seine bestehende Struktur in der Einheit von Schienennetz und Transport bestätigt. Die Kommission habe angekündigt, sich vor allem auf die Gewährleistung eines funktionierenden Wettbewerbs zu konzentrieren. "Dies ist der richtige Ansatz im Sinne eines kunden- und wettbewerbfreundlichen Bahnsystems", sagte der Konzernbevollmächtigte für EU-Fragen sowie Wettbewerb und Regulierung, Joachim Fried, in Berlin. Kommissar Barrot hatte hingegen zuvor für eine Nachbesserung der deutschen Regeln zur Bahnfracht geworben. "Auf dem deutschen System lastet ein Verdacht", sagte der Kommissar. Für ihn gehe es um eine "echte Unabhängigkeit" der Kontrollinstanz. Deutschland sei nicht wirklich in Übereinstimmung mit den Regeln, habe aber in der Praxis eine gewisse Öffnung erreicht, fügte er hinzu. Ohne klare Trennung der Regulierung vom sonstigen Bahnbetrieb liege die "Beweispflicht für Neutralität beim Mitgliedstaat". Freier Wettbewerb im Güterverkehr auf der Schiene ist für Barrot notwendig, damit sich die Bahn besser gegen Transporte auf der Straße behaupten kann. Vom kommenden Jahr an werde dieser Markt vollständig geöffnet. (dpa/stb)
Brüssel befragt Berlin zur Unabhängigkeit der Bahnaufsicht
EU-Kommission misstraut der deutschen Kontrollinstanz über fairen Wettbewerb im Schienengüterverkehr