Bericht aus Berlin

Bericht aus BerlinMehr Geld für marode Straßen und Brücken SPD-Kanzlerkandidat Steinbrück plant ein neues Investitionspaket für die Verkehrswege. Dafür soll die LKW-Maut ausgeweitet werden.Erstmals hat SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück die Verkehrspolitik zum Wahlkampfthema gemacht: Er sprach sich für ein milliardenschweres Investitionsprogramm aus. Zusammen mit den neun SPD-Regierungschefs in den Ländern erklärte er, dass im Falle eines Wahlsiegs zwei Milliarden Euro zusätzlich im Jahr für die Verkehrsinfrastruktur zur Verfügung gestellt werden sollen. Es gebe einen „riesigen Investitionsstau“, heißt es in der gemeinsamen Erklärung.LKW-Maut auf allen Bundesstraßen Der Kanzlerkandidat stützt sich auf die zahlreichen Arbeitspapiere der Bundestagsfraktion, in denen die Notwendigkeit einer nachhaltigen Infrastrukturfinanzierung unterstrichen wird. Allein bei 300 Brücken sei eine umgehende Erneuerung notwendig, sagte Steinbrück. Die schwarzgelbe Bundesregierung treffe eine Mitschuld am Investitionsstau. Die Folge seien marode Straßen, gesperrte Brücken, Staus und Zugausfälle. Damit es mehr Geld für die Behebung der Mängel gibt, will die SPD eine Ausweitung der LKW-Maut auf alle Bundesstraßen durchsetzen. „Die Infrastruktur verfällt zunehmend“, kritisiert Steinbrück. Diese verkehrspolitische Offensive der Bundes-SPD ging einher mit einem Appell der SPD-Länderverkehrsminister an den Bund, den „dramatisch schlechten Zustand der Verkehrswege“ zu thematisieren. In Deutschland fehlten jährlich 7,2 Milliarden Euro, „um unsere Infrastruktur in Schuss zu bringen“, befand Nordrhein-Westfalens Ressortchef Michael Groschek. Um voranzukommen, solle die LKW-Maut schon für LKW ab 3,5 Tonnen gelten, zudem auf allen Bundes- und Landesstraßen sowie auf kommunalen Straßen erhoben werden. Die Mehreinnahmen sollten in den Neu- und Ausbau der Verkehrswege fließen. Schon für Reparaturen fehle das Geld Die Gesellschaft habe die Dringlichkeit des Themas noch gar nicht begriffen, sagte Groschek. Dafür brauche es eine Art Pisa-Schock. „Wir haben in Deutschland die Modernisierung unserer Verkehrsinfrastruktur verschlafen“, assistierte dessen Schleswig-Holsteiner Kollege Reinhard Meyer (SPD), derzeit Vorsitzender der Verkehrsministerkonferenz. Da blieb Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) nur das Eingeständnis: „Zu lange ist zu viel vernachlässigt worden – gerade bei Erhalt und Modernisierung“. Industrie und Gewerkschaften schlossen sich der Sichtweise der SPD an. So monierte der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Eric Schweitzer: „Unsere Straßen verrotten. Uns fehlen 2,5 Milliarden Euro pro Jahr und da rede ich nur über die Ausbesserung von Schlaglöchern und anderen Schäden“. Auch die Eisenbahn- und Verkehrsgesellschaft (EVG) begrüßte die Initiative der SPD. Sie verlangte aber noch eine deutlichere Betonung des Verkehrsträgers Schiene. Einen Kontrapunkt im Vorwahlkampf setzten ausgerechnet Bündnis 90/Die Grünen. Sie stellten die Forderung ihres Wunschkoalitionspartners nach höheren Mitteln auch für den Verkehrsträger Straße infrage (siehe Kasten). Denn der Grünen-Verkehrspolitiker Stephan Kühn stellte ein Gutachten vor, das den häufig behaupteten Zusammenhang zwischen neu gebauten Autobahnen und überdurchschnittlicher regionalwirtschaftlicher Entwicklung infrage stellt. ❙❚■ Jörg Kürschner, VR-Korrespondent in Berlin Analyse Was neu gebaute Autobahnen bewirken können Eine von den Grünen beauftragte „Analyse der regionalwirtschaftlichen Effekte des Fernstraßenbaus“ zeigt keinen direkten statistischen Zusammenhang zwischen neuen Autobahnen und einem wirtschaftlichen Aufschwung der Region. Autobahnen seien ungeeignet, „Erreichbarkeitsdefizite signifikant zu mindern“. In den untersuchten Fällen liegt die prognostizierte Verkehrsnachfrage deutlich über dem tatsächlichen Aufkommen. Die Baukosten lagen hingegen meist deutlich über Plan. hst

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