Berlin. Im Streit um den Börsengang der Deutschen Bahn spielt die Koalition jetzt auf Zeit. Nach der Union erklärte auch die SPD die Absicht, die Teilprivatisierungs-Entscheidung von genauen Vorgaben abhängig zu machen. Dazu beschloss der Parteivorstand am Montag die Einsetzung einer Arbeitsgruppe unter Leitung von Generalsekretär Hubertus Heil. Sie soll einen Kriterienkatalog entwickeln, über den auf dem SPD-Parteitag Ende Oktober in Hamburg entschieden werden solle, sagte der Vize-Vorsitzende der SPD- Bundestagsfraktion, Klaas Hübner. "Die Schlussentscheidung über den Börsengang im Parlament könnte realistisch im März 2008 stattfinden", sagte Hübner der Deutschen Presse-Agentur dpa. Die nächste Runde in der Bahn-Auseinandersetzung findet an diesem Dienstag auf einer Länder-Sonderkonferenz der Verkehrsminister mit Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) statt. Dabei wollen die Länder sicherstellen, dass in Gutachten festgestellte verfassungsrechtliche Lücken der Bahn-Privatisierung beseitigt werden. Auch wollen die Länder für eine ausreichende Schienennetz- Versorgung die Sicherheit, dass sie nicht in Folge von Trassenpreis- Erhöhungen ihre Nahverkehrsleistungen weiter einschränken müssen. Zur Absicherung der Finanzierung liegt jetzt der Gesetzentwurf der Bundesregierung vor, der die Regionalisierungsmittel des Bundes, mit denen die Länder ihren Bahnverkehr bestellen können, im nächsten Jahr auf 6,67 Milliarden erhöht. Danach sollen sie jährlich weiter um 1,5 Prozent ansteigen, so dass 2011 sie knapp 7 Milliarden ausmachen. Laut Heil war sich die Parteispitze einig, dass eine Zerschlagung der DB AG der falsche Weg sei. Beim Gesetzesbeschluss stehe man nicht unter Zeitdruck. Der Arbeitsgruppe gehören Reform-Gegner und - Befürworter wie Bundesverkehrsminister Tiefensee und Hübner an. "Wir wollen eine breite Aktienstreuung", sagte Hübner im dpa-Gespräch. "Außerdem soll es eine besondere Mitarbeiter-Komponente für die Bahn-Beschäftigten geben." Ob es zur Ausgabe stimmrechtsloser Volksaktien komme, wie vom SPD-Linken Hermann Scheer vorgeschlagen, oder sogenannte vinkulierte Namensaktien ausgegeben werden, die nur eingeschränkt weiterverkauft werden dürfen, sei noch offen. Führende Parteilinke bekräftigten ihre Bedenken gegen die Teilprivatisierung der Bahn. "Die Stimmung in der SPD schlägt in eine andere Richtung", sagte der Abgeordnete Niels Annen vor Beginn der Sitzungen. Ähnlich äußerte sich der Parteiratsvorsitzende Claus Möller. Es komme letztlich auf den SPD-Parteitag an. Im Vorstand hatte Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) seinen Bericht über die Vor- und Nachteile von Volksaktien vorgelegt. Er bemängelte nach Angaben von Sitzungsteilnehmern die im vorliegenden Volksaktien-Modell der Parteilinken vorgesehene Ausschüttungs- Garantie von fünf Prozent. Vom Verzicht auf Stimmrechte versprechen sich die SPD-Linken, eine mögliche Übernahme durch Finanzinvestoren zu verhindern. Der Minister übermittelte jetzt dem Verkehrsausschuss des Bundestages und den Verkehrsministern der Länder wichtiges Begleitmaterial zur geplante Teilprivatisierung der Deutschen Bahn. Es handelt sich dabei neben dem Netzzustandsbericht um einen Vorentwurf für die von Abgeordneten mehrfach angemahnte Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung (LuFV) zwischen Bund und Bahn. Mit ihr soll die Bahn zur hochwertigen Netzversorgung und der Bund mit 2,5 Milliarden jährlich zur Finanzierung der Instandhaltung des rund 34.000 Kilometer umfassenden Gleisnetzes herangezogen werden. Tiefensee räumte allerdings ein, dass das Leistungsabkommen erst "in einem frühen Verhandlungsstadium" sei. (dpa)
Bahn-Börsengang: Koalition spielt auf Zeit

Nach der Union will nun auch die SPD die Teilprivatisierungs-Entscheidung von genauen Vorgaben abhängig machen