Gestern (9. Oktober 2025) fand der Autogipfel im Kanzleramt in Berlin statt. Dabei ging es um Wege aus der Krise der deutschen Autoindustrie. Zwar versprach die Bundesregierung Unterstützung, konkrete Ergebnisse blieben aber laut tagesschau.de weitgehend aus. Zentraler Streitpunkt war das EU-weit geplante Verbrenner-Aus ab 2035.
Bundeskanzler Friedrich Merz will das geplante Verbrenner-Aus nach Angaben der dpa auf europäischer Ebene rückgängig machen, während die SPD grundsätzlich an dem Beschluss festhalten möchte. Eine Änderung der EU-Regeln kann die Bundesregierung jedoch nicht eigenständig vornehmen – dafür müsste die EU-Kommission zunächst eine entsprechende Gesetzesinitiative starten. Es ist laut dpa davon auszugehen, dass die Kommission dies noch bis Jahresende angeht.
Die Verbände begrüßen grundsätzlich die geplanten zusätzlichen Mittel und politischen Signale aus dem Autogipfel, sehen aber weiterhin erheblichen Handlungsbedarf. Zuspruch gibt es für die angekündigte Aufstockung für Autobahnen.
BGL: Angemessene Gegenleistung für Lkw-Maut
Nach Einschätzung des BGL stellt die angekündigte Erhöhung der Mittel um drei Milliarden Euro für Autobahnen und Bundesstraßen einen entscheidenden ersten Schritt dar, um den Finanzierungskreislauf Straße zu schließen. Weitere Maßnahmen müssten jedoch folgen. Mit dieser Entscheidung seien die haushaltsrechtlichen Grundlagen geschaffen, um den geschlossenen Finanzierungskreislauf Straße in die Praxis umzusetzen.
Als nächsten Schritt fordert der Verband eine Anpassung des Bundesfernstraßenmautgesetzes, damit die Einnahmen aus der Lkw-Maut künftig dauerhaft und zweckgebunden in Erhalt, Sanierung und Ausbau der Straßeninfrastruktur fließen.
Prof. Dr. Dirk Engelhardt, Vorstandssprecher des BGL: "Mit den zusätzlichen 3 Milliarden Euro (...) erhalten unsere Unternehmer endlich eine angemessene Gegenleistung für die Lkw-Maut."
VDA: Wettbewerbsfähigkeit sichern, Bürokratie abbauen
VDA-Präsidentin Hildegard Müller äußert sich in einem Pressestatement: „Wir begrüßen, dass die Bundesregierung, aber auch die Ministerpräsidenten den Handlungsbedarf mit Blick auf die CO₂-Flottenregulierungen für PKW, leichte und schwere Nutzfahrzeuge erkannt haben und gemeinsam mit der Automobilindustrie und den Gewerkschaften daran arbeiten wollen, wie die CO₂-Emissionen im Verkehr deutlich gesenkt werden und gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Automobilindustrie erhalten bleiben kann“
Vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen und geopolitischen Herausforderungen, der unzureichenden politischen Rahmenbedingungen für klimaneutrale Mobilität und der Anforderungen der Transformation gilt es laut Müller, Strafzahlungen unbedingt zu vermeiden. Der unzureichende Ausbau von Ladeinfrastruktur und Stromnetzen in Europa – „um nur ein Beispiel zu nennen“ – dürfe nicht der Autoindustrie angelastet werden. Unternehmen sollten in der Transformation „nicht zusätzlich und unnötig noch mehr belastet werden“. Das betreffe „nicht nur Pkw-Hersteller, sondern ausdrücklich auch den Bereich der Nutzfahrzeuge.“
Die sinkende internationale Wettbewerbsfähigkeit von Deutschland und Europa gefährdet zunehmend Wachstum, Wohlstand, Unternehmen und Arbeitsplätze. Hohe Energiepreise, überdurchschnittliche Steuerlasten und Lohnkosten schwächen den Standort zusätzlich. Daher seien „umfassende Reformen und eine starke Agenda für Wirtschaftswachstum“ notwendig, um Deutschlands Attraktivität und Wettbewerbsfähigkeit langfristig zu sichern.
Auch Maßnahmen wie der Bürokratieabbau sollten laut Müller stärker als bisher den industriellen Mittelstand einbeziehen. Für Zulieferer blieben die Finanzierungsbedingungen eine zentrale Hürde. Entscheidend sei es, „das Thema Bankenregulierung und die Transformationsanforderungen zusammenzubringen“, da insbesondere mittelständische Industrieunternehmen dringend Kapital benötigten, „um die Transformation zu finanzieren und Beschäftigung in Deutschland halten zu können.“
„Automatisiertes und autonomes Fahren ist eine Schlüsseltechnologie, die eine zentrale Säule der Mobilität der Zukunft darstellt.“ Die Verfahren dafür müssten „länderübergreifend innerhalb Deutschlands und zwischen EU-Staaten".
DVF sieht Fortschritte, aber anhaltende Finanzierungslücken
Dr. Florian Eck, Sprecher der DVF-Geschäftsführung, sagt: "Zu begrüßen sind das Bekenntnis zu mehr Flexibilität im Sondervermögen Infrastruktur und Klimaneutralität (SVIK) sowie die Kreditfähigkeit der Autobahn GmbH. Die Bereitstellung weiterer 3 Milliarden Euro ist ein wichtiger erster Schritt." "Das sprichwörtliche Glas bleibt aber halb gefüllt. Es fehlen immer noch Vorschläge, wie die Finanzierungslücke insgesamt geschlossen werden soll – ohne andere Investitionsbereiche wie die Mikroelektronik zu beschneiden.
Ebenso findet laut Eck die Flexibilisierung des SVIK jeweils auf jährlicher Basis statt und bietet noch nicht die dringend erforderliche langfristige Mehr- und Überjährigkeit aller Verkehrsinvestitionen. Hier fehlt ein Zeitplan für die Reform der Finanzierungsstrukturen bei den Verkehrswegen." "Und schließlich fehlen nach wie vor Investitionen in Aus- und Neubau von Schiene, Wasserstraße, Hafeninfrastruktur, Digitalisierung oder Resilienz und die Stärkung des Luftverkehrsstandortes Deutschland, die Rücknahme der Luftverkehrssteuererhöhung, den Ausbau- und Modernisierungspakt für den ÖPNV oder die Fahrradmilliarde." "Ein wesentlicher Hebel für die Wirtschaft, Geld zu sparen, ist der Abbau von Bürokratielasten, Berichtspflichten und die Vereinfachung von Verfahren – Stichwort Reform der Einfuhrumsatzsteuer. Damit werden die Unternehmen entlastet, ohne einen einzigen Euro Steuergelder aufzuwenden."
"Auf der Modernisierungsagenda der Bundesregierung vom 1.10. stehen zwar einige Leitlinien für eine Neuaufstellung der Verwaltung und sogenannte Maßnahmen mit Hebelwirkung. Es liegen aber seit April 2023 exakt 442 Vorschläge der Wirtschaft zum Bürokratieabbau auf dem Tisch und harren der Umsetzung. Diese müssen jetzt kurzfristig angepackt werden."