Antwerpen/Hamburg. Der Hafen Antwerpen bekommt die positiven Auswirkungen der im Dezember 2010 formell abgeschlossenen Scheldevertiefung zu spüren. Gestern steuerte mit dem Containerriesen „MSC Emanuela" mit einer Fassung von 14.000 Standardcontainer (TEU) erstmals ein Frachter mit einem Tiefgang von 15 Metern an. Mehrere hundert Zuschauer verfolgten das Ereignis. Ein Höhepunkt war dabei die Passage des Frachters durch die Berendrechtschleuse auf dem Rechten Scheldeufer. Gemeinsam mit der benachbarten Zandvliet-Schleuse stellt sie den Zugang zur Schelde dar und garantiert in den nachgelagerten Hafenbecken einen stabilen Tiefgang. Die Reederei MSC betreibt im Delwaidedok ihren Heimat-Terminal in Antwerpen.
MSC plant Direktanläufe mit Asien-Schiffen ab Ende April
„Das ist für uns ein bedeutender Meilenstein in der Geschichte des Hafens", freute sich Annik Dirkx, Sprecherin des Städtischen Hafenbetrieb Antwerpen (SHA), gegenüber der VerkehrsRundschau. Die 15 Meter konnten auch deshalb erreicht werden, weil der 366 Meter lange Containerfrachter neben dem neu garantierten, tidenunabhängigen Standardtiefgang von 14,50 Metern auch den zusätzlichen Tiefgangspielraum durch die natürliche Flutwelle ausnutzen konnte. Die „problemlose" Fahrt ist für den Hafen aus mehrfacher Sicht bedeutsam: Zum einen trägt sie aus SHA-Sicht dazu bei, die engen Beziehungen zwischen dem Scheldehafen und der Reederei MSC noch weiter zu festigen. Für MSC gehen die mit dem jetzt erfolgten 15-Meter-Tiefgangs-Anlauf gesammelten Erfahrungen zudem in die Überarbeitung von Fahrplan-Konzepten mit ein. So will der Carrier ab Ende April mit seinen Schiffen Antwerpen direkt anlaufen. Dirkx: „Das wird für unseren Hafen ebenfalls eine Premiere sein."
Wichtig ist das Datum dritter April auch für die weltweiten Akquisitionsbemühungen Antwerpens. „Es ist das Signal, dass wir, als ein vergleichsweise tief im Hinterland gelegener Hafen, dank der Scheldevertiefung jetzt auch diese Schiffsgrößen abfertigen können, und zwar auch im einkommenden Verkehr", ergänzte Dirkx. Zur Erinnerung: Im April 2009 steuerte ein 14.000 TEU-Schiff von MSC erstmals den Hafen an, allerdings mit einem deutlich geringeren Tiefgang. Seitdem steuern den Scheldehafen wöchentlich zwei XXL-Containerschiffe von 14.000 TEU an.
Zunahme des Wettbewerbdrucks in der Hamburg-Le Havre-Range
Mit großer Aufmerksamkeit verfolgt auch die „Permanente Schelde- Überwachungskommission" das Geschehen. In ihr sind Fachleute aus Belgien und den Niederlanden vereint, da die Westerschelde zum größten Teil auf niederländischem Staatsgebiet verläuft. Eine Aufgabe der Kommission besteht unter anderem darin, die Rahmenbedingungen für die nautische Sicherheit auf der Schelde zu überwachen und gegebenenfalls anzupassen. Der jetzt erfolgte 15-Meter-Tiefgangs-Anlauf beweist, dass die Schelde solche Schiffsgrößen tatsächlich verkraften kann.
Das Erfolgsereignis in Antwerpen dürfte den Wettbewerbsdruck in der Hamburg-Le Havre-Range noch erhöhen. So warten die beiden großen deutschen Nordseehäfen Hamburg und Bremerhaven auf die Vertiefung von Elbe und Weser. Hamburgs neuer Hafensenator, Frank Horch, hatte zuletzt in der vergangenen Woche auf einer Veranstaltung der Hamburger Schiffsmakler noch einmal deutlich gemacht, dass die Elb-Vertiefung zu den Themen gehöre, „die auf meiner Prioritätenliste ganz oben an stehen". (eha)