Berlin. Der Wirtschaftsweise Achim Truger befürwortet eine schrittweise Anhebung des Mindestlohns auf 12 Euro bis Anfang 2023. Ein solches Vorgehen lasse sich „sozialpolitisch gut begründen“ und würde „zu unmittelbaren Verbesserungen für zehn Millionen Menschen führen“, sagte Truger dem „Münchner Merkur“ (Online).
Laut Gesetzgeber solle der Mindestlohn „ein armutsfestes, existenzsicherndes Lohnniveau“ gewährleisten. „Davon wären selbst 12 Euro noch ein ganzes Stück entfernt“, sagte das Mitglied des fünfköpfigen Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Der Sachverständigenrat berät die Politik. Die Experten werden umgangssprachlich auch als die „Wirtschaftsweisen“ bezeichnet.
Derzeitiger Mindestlohn noch weit von 12 Euro entfernt
Der Mindestlohn liegt aktuell bei 9,60 Euro pro Stunde. Zum 1. Januar 2022 wird er auf 9,82 und zum 1. Juli 2022 auf 10,45 Euro angehoben. Diese vom Bundeskabinett beschlossenen Stufen hatte eine Mindestlohnkommission empfohlen, die vorrangig aus Vertretern der Arbeitgeber und der Gewerkschaften besteht.
SPD und Grüne fordern in ihren Wahlprogrammen eine Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro. Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, hatte diese Höhe bereits befürwortet. Union und FDP lehnen dies jedoch ab. Die Linke strebt 13 Euro an. Wirtschaftsverbände hatten vor Eingriffen der Politik in die Arbeit der Mindestlohnkommission gewarnt.
Truger wies Kritik zurück, eine Anhebung auf 12 Euro könne Jobs kosten. Zwar gebe es hier „kein sicheres Wissen“. Doch könne man den Mindestlohn wohl „ohne nennenswerte Probleme auf 60 Prozent des mittleren Stundenlohns anheben“. Dies entspräche aktuell „etwa 12 Euro“. Eine vorsichtige Anhebung, etwa in drei Schritten, sei aber empfehlenswert. Bei Problemen könne man „dann immer noch reagieren“, sagte Truger. (dpa/sn)