(Dieser Beitrag wurde am 5. Juni um 15:30 Uhr nach der ersten Lesung im Bundestag unter anderem um die Reaktionen der Abgeordneten während der Debatte aktualisiert)
Am 4. Juni hat das Bundeskabinett den Gesetzentwurf „für ein steuerliches Investitionssofortprogramm für den Wirtschaftsstandort Deutschland“ beschlossen. Der Bundestag hat sich heute (5. Juni) gegen Mittag mit dem Entwurf in erster Lesung beschäftigt. Nach der Debatte wurde er zusammen mit einem Antrag von Bündnis 90/Die Grünen mit dem Titel „Gerechtigkeitslücken im Steuersystem schließen, Steuerbetrug wirksam bekämpfen und Einnahmebasis des Staates stärken“ zur weiteren Beratung an die Ausschüsse überwiesen. Der Finanzausschuss übernimmt die Federführung.
Die Opposition im Bundestag hat das Entlastungspaket für die Wirtschaft während der Debatte scharf als sozial ungerecht kritisiert. Während große Firmen und Investoren sich über Steuergeschenke freuen dürften, kämen viele der geplanten Maßnahmen nicht bei kleineren Betrieben und im Mittelstand an, erklärten Grüne und AfD bei der ersten Lesung des Gesetzes im Bundestag. Die Linke beklagte, die Kommunen trügen die Hauptlast bei der Finanzierung.
Bis zu einer Verabschiedung des Gesetzes muss der Entwurf noch in zweiter und dritter Lesung durch den Bundestag und auch der Bundesrat muss noch zustimmen. Es kann also noch zu Änderungen kommen.
Abschreibungsmöglichkeiten für E-Lkw
Der Gesetzentwurf beinhaltet verschiedene Steuererleichterungen für Unternehmen. Unter anderem ist geplant, eine arithmetische degressive Abschreibung für neu angeschaffte Elektrofahrzeuge einzuführen. Diese gilt auch für Elektro-Lkw und -Busse, die Unternehmen zwischen dem 30. Juni 2025 und vor dem 1. Januar 2028 kaufen.
Über einen Zeitraum von sechs Jahren sinken die Abschreibungssätze gestaffelt ab. Im ersten Jahr der Anschaffung liegt der Satz bei 75 Prozent, im folgenden bei 10 und im fünften Jahr bei zwei Prozent. Der Abschreibungszeitraum von sechs Jahren entspreche der regelmäßigen durchschnittlichen Nutzungsdauer, teilt das Bundesfinanzministerium mit.
Degressive Abschreibung und abgesenkte Körperschaftssteuer
Außerdem soll die degressive Abschreibung (AfA, bedeutet Absetzung für Abnutzung) für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens wieder eingeführt und auf 30 Prozent aufgestockt werden. Sie gilt für Investitionen ab dem 1. Juli 2025 und vor dem 1. Januar 2028.
Ab 2028 soll dann bis 2032 die Körperschaftssteuer schrittweise um je ein Prozentpunkt abgesenkt werden. Sie sinkt damit von derzeit 15 auf 10 Prozent.
„Wir kurbeln mit unserem Wachstumsbooster jetzt die Wirtschaft an. Damit sichern wir Arbeitsplätze und bringen Deutschland wieder auf Wachstumskurs“, erklärt Bundesfinanzminister Lars Klingbeil. Man gebe so der Wirtschaft dringend notwendige Planungssicherheit und schaffe Investitionsanreize.
Ministerpräsidentenkonferenz behandelt „Wachstumsbooster“ ebenfalls
Zudem treffen sich heute die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder in Berlin, so die Deutsche Presseagentur.
Wichtiges Thema der Beratungen ist das von der Bundesregierung geplante Paket zur Ankurbelung der Wirtschaft. Steueranreize sollen Unternehmen motivieren, zu investieren. Die Länder befürchten aber Steuerausfälle. Daneben soll es nach Angaben von Sachsen als Vorsitzland der Ministerpräsidentenkonferenz unter anderem um den künftigen Import des Energieträgers Wasserstoff gehen und den Erhalt des Chemiestandorts Deutschland.
Die Bundesländer fordern vom Bund Kompensation für Steuerausfälle wegen des Entlastungspakets für die Wirtschaft. Länder und Kommunen könnten die enorme Belastung nicht ohne einen Ausgleich schultern, betonten Ministerpräsidenten mehrerer Länder vor Beginn der Konferenz in Berlin. Wenn man den Kommunen mit ihren oft defizitären Haushalten noch mehr Geld wegnehme, "dann hat der ganze Booster keine Wirkung", warnte die Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig.
Das Entlastungspaket enthält vor allem bessere steuerliche Abschreibungsmöglichkeiten für Unternehmen, die Maschinen, Geräte und Elektroautos anschaffen. Ab 2028 soll dann die Körperschaftsteuer sinken. Beides führt zu Einnahmeausfällen, die überproportional stark von den Kommunen getragen werden.
Schweitzer: "Wer bestellt, bezahlt"
"Es ist völlig klar, dass die 48 Milliarden Euro Entlastung für die Wirtschaft - die richtig sind - nicht nur ein Drittel der Bund finanziert und zwei Drittel Länder und Kommunen", sagte Schwesig. Der Regierungschef von Rheinland-Pfalz, Alexander Schweitzer (SPD), betonte: "Wir haben im Koalitionsvertrag festgelegt: Wer bestellt, bezahlt." Da könne man auch nicht gegenrechnen, dass die Länder 100 Milliarden Euro aus dem schuldenfinanzierten Sondertopf für die Infrastruktur und neue Verschuldungsmöglichkeiten bekämen.
Söder: Nicht um jeden Euro feilschen
Der Regierungschef des wirtschaftsstarken und vergleichsweise reichen Bayern, Markus Söder (CSU), dagegen appellierte an seine Kollegen, das Paket mitzubeschließen und keine zusätzlichen Haushaltsverhandlungen zu führen. Auf Dauer seien die Entlastungen gut für den Wirtschaftsstandort und generierten mehr Steuereinnahmen - da dürfe man nicht um jeden Euro feilschen. Außerdem hätten sich die finanziellen Möglichkeiten der Länder durch die 100 Milliarden aus dem Infrastrukturtopf und die neuen Verschuldungsmöglichkeiten dramatisch verbessert. Nun müssten auch die Länder in der Gesamtverantwortung für Deutschland stehen.
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) forderte ein grundlegendes Umdenken - "nicht nur für dieses eine Gesetz". Bundesgesetze entwickelten sich oft zu großen Belastungen für die Kommunen. Das finanzielle Verhältnis zwischen Ländern und Bund müsse grundlegend geklärt werden.