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Absenderhaftung: Gesetzesänderung mit doppeltem Boden

23.08.2013 08:43 Uhr
Absenderhaftung: Gesetzesänderung mit doppeltem Boden
Die Neuerungen beim Seehandelsrecht haben viele Auswirkungen
© Foto: Picture Alliance/dpa/Graeme Brown

Nach der Reform des Seehandelsrechts haften Absender unbegrenzt, wenn dem Frachtführer beim Transport Schäden oder Aufwendungen entstehen. Auftragnehmer sollten deshalb stärker darauf achten, mit wem sie Geschäfte machen.

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München. Ende April ist ein neues Seehandelsrecht in Kraft getreten. Nun werden einige Unternehmer mit den Schultern zucken und sich fragen, was sie das angeht. Da selbst die Beteiligten im Seefrachtgeschäft darauf verweisen, dass auch künftig vorrangig die Konnossement-Bedingungen der internationalen Reedereien gelten, sehen mittelständische Logistiker in Deutschland oft keinen Handlungsbedarf.

Die neue Gesetzeslage zu ignorieren, ist allerdings gefährlich. Denn das modernisierte Seefrachtrecht hat mehrere Änderungen im allgemeinen Frachtrecht notwendig gemacht, die auch deutsche Frachtführer betreffen und für diese verbindlich sind.

Die wichtigste betrifft die nunmehr uneingeschränkte Haftung des Absenders, wenn es beim Frachtführer zu Schäden kommt oder Aufwendungen entstehen, weil der Absender zum Beispiel das Gut nicht genügend verpackt oder gekennzeichnet hat, falsche oder unvollständige Angaben dazu gemacht hat oder nicht über die Gefährlichkeit des Gutes informiert hat (siehe Kasten).

Im Extremfall kann dies bedeuten, dass der Absender statt rund 10 Euro je Kilogramm mehrere 100.000 Euro an Schadensersatz berappen muss, obwohl ihn selbst keine Schuld trifft: Zum Beispiel, wenn er unwissentlich, zum Beispiel durch Einsatz eines Subunternehmers, einem Frachtführer eine gefährliche Substanz zum Transport gegeben hat, es dabei zu einem Unfall kommt und der LKW inklusive Ladung ausbrennt.

Verlader begrenzen ihre Haftung

Nach der neuen Rechtslage bekommen Frachtführer in den eingangs genannten Fällen immer ihren Schaden ersetzt – jedenfalls, sofern der Absender gut versichert ist oder finanziell entsprechend ausgestattet ist. Der Gesetzgeber lässt dem Absender aus der verladenden Wirtschaft aber zwei Hintertüren offen: Er kann zum einen seine Haftung per Individualvertrag ausschließen beziehungsweise der Höhe nach beschränken.

Zum anderen kann er seine Haftung durch Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) wie Lade- und Lieferbedingungen erheblich reduzieren. Hier hat der Gesetzgeber dem Industrie- und Handelsunternehmen anders als dem Frachtführer in Paragraf 449, Absatz 2, Handelsgesetzbuch (HGB) keine Mindesthaftungsstandards gesetzt.

Es ist damit zu rechnen, dass künftig viele Großverlader die Absenderhaftung durch eigene Geschäftsbedingungen begrenzen und vielleicht sogar auf weniger als 8,33 Sonderziehungsrechte je Kilogramm reduzieren werden. Ob dies dann noch AGB-konform ist, bleibt zumindest solange ungeklärt, bis sich das erste Gericht damit beschäftigen muss.

Frachtführer und Spediteure sollten deshalb noch mehr als bisher auf die Bedingungen der Absender achten. So ist es wichtig, dass die Frachtführer bei Aufnahme einer Geschäftsbeziehung sicherstellen, dass die neue gesetzliche Absenderhaftung tatsächlich Bestand hat und nicht ausgeschlossen oder eingeschränkt ist. Je nach Geschäftsrisiko ist es ferner ratsam, die Bonität des neuen Auftraggebers durch eine Auskunftei checken zu lassen. Idealerweise sollte sich der Frachtführer außerdem die Betriebshaftpflichtpolice in Kopie aushändigen lassen, um sicherzustellen, dass er im Schadenfall tatsächlich Ersatz bekommt. (tw)

Autor: VerkehrsRundschau-Experte Thomas Wieske ist Professor an der Hochschule Bremerhaven und leitet dort das Institut für Logistikrecht und Riskmanagement (www.ilrm.de)

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