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KEP: Lassen sich Pakete auf die Schiene verlagern?

21.04.2023 11:05 Uhr | Lesezeit: 3 min
Paul Wittenbrink, Professor an der dualen Hochschule Baden-Württemberg Lörrach
Logistikexperte Paul Wittenbrink, Professor an der dualen Hochschule Baden-Württemberg Lörrach
© Foto: Privat

Die meisten Pakete werden auf der Straße transportiert – nur ein Bruchteil auf der Schiene. Das soll sich nun ändern. Ob dies funktioniert, sagt Logistikexperte Paul Wittenbrink, Professor an der dualen Hochschule Baden-Württemberg Lörrach, im exklusiven Interview mit der VR.

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Die Politik macht aufgrund des Klimaschutzes Druck, mehr Güter vom Lkw auf die Schiene zu verlagern. Bis 2030 ist ein Modal-Split-Anteil von 25 bis 30 Prozent geplant. Wie realistisch ist dieses Ziel für die Kurier-, Express- und Paketbranche?

Für die KEP-Branche ist dieses Ziel überhaupt nicht realistisch, weil dort die Zuverlässigkeit und die Geschwindigkeit die entscheidende Rolle spielen. Daher gibt es heute kaum KEP-Trasnsporte auf der Schiene in Deutschland, weil die Zuverlässigkeit und Planbarkeit der Schiene hier nicht ausreichen. Denn wir haben in Deutschland aufgrund der vielen Baustellen eine hohe Unzuverlässigkeit auf der Schiene. Gleichzeitig brauchen wir aber diese Baustellen, damit das Schienennetz zuverlässiger wird.

Zudem gibt es im Bahnverkehr heute noch zu viele manuelle Tätigkeiten, etwa die bahntechnische Untersuchung und die Bremsprobe, aber auch Vor- und Nachläufe per Lkw ab/zum Terminal, die das Bahnsystem teurer machen und ausbremsen. Da braucht es dringend Innovationen. Um so wichtiger ist es, dass die Gelder in die Infrastruktur fließen, damit dort die Qualität des Netzes steigt. Wichtig dafür ist aber auch, meine ich,  dass die Gelder nicht – wie bei der Subventionierung der Trassenpreise in 2022 geschehen – maßgeblich nach dem Gießkannenprinzip vergeben werden.

Sprich: zuerst muss der Bund seine Hausaufgaben machen und für ein qualitativ hochwertiges Netz sorgen. Und erst dann sind die KEP-Unternehmen am Zug?

Ja, so ist es. Es bringt also nichts, wenn man jetzt mit günstigen Preisen die KEP-Unternehmen auf die Schiene locken will. Die werden nur dann aufsteigen, wenn das Netz eine hohe Zuverlässigkeit hat.

Ab 2024 steht die Grundsanierung des deutschen Schienennetzes an – mit sehr vielen Baustellen. Wie stark bremst das die Verlagerung vom Lkw auf die Schiene ein?

Sehr stark. Dadurch wird es zumindest in den kommenden Jahren keine substanzielle Verlagerung auf die Schiene geben. Da werden im Moment hohe Erwartungen geschürt, die aber leider nicht erfüllt werden können. Wir haben aber auch keine Alternative. Wir brauchen die Sanierung des Netzes.

Und da hilft es auch nichts, wenn die KEP-Dienste nachbessern?

Zumindest nicht hier im nationalen Verkehr. Im internationalen Verkehr sieht die Welt zum Teil anders aus. So gibt es in der Schweiz mehr Unterstützung für die Schiene, etwa das Nachtfahrverbot für schwere Lkw und die LSVA. Das sind alles Faktoren, die da positive Rolle spielen.

Und ab wann müssen sich Transportunternehmen, die heute für KEP-Dienste Linienverkehre fahren, darauf einstellen, dass ihnen diese Aufträge wegbrechen, weil das Geschäft auf die Schiene wandert?

Ich bezweifle, dass kurz- und mittelfristig die Verlagerung auf die Schiene tatsächlich in einem nennenswerten Umfang kommt. Zumindest im Stückgut- und im KEP-Geschäft. Denn da gibt es einen Zielkonflikt. Einerseits brauchen diese Unternehmen lange Distanzen auf der Schiene, damit für sie die Schiene wirtschaftlich darstellbar ist. Andererseits erlauben die zur Verfügung stehenden Zeitfenster nur kürzere Distanzen. Das ist ein fast nicht lösbarer Zielkonflikt.

Das Interview führte Verkehrsrundschau-Redakteurin Eva Hassa.

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