Wegfall Kabotage-Verbot

Wegfall Kabotage-VerbotWar die Angst unbegründet?Der Wegfall des Kabotage-Verbots für Osteuropäer bereitete deutschen Transporteuren Sorge. Für Osteuropäer aber ist Kabotage oft unattraktiv. Der Wegfall des Kabotage-Verbots für Transporteure aus östlichen EU-Ländern vor zwei Jahren verschlechterte die Bedingungen für Deutsche – auch Insolvenzen hat es gegeben. Welche Rolle die Freigabe dieser Fahrten dabei aber letztlich gespielt hat, ist nicht ganz klar. Wie aus den Ergebnissen einer Befragung der VerkehrsRundschau hervorgeht, mokieren sich die Osteuropäer über die deutschen Fahrbeschränkungen für ausländische Firmen, die zu restriktiv seien. Konkret: Die EU hat im Mai vergangenen Jahres die Kabotage-Regeln noch einmal modifiziert und eingeschränkt. So erlaubt Brüssel osteuropäischen Transporteuren nur drei Fahrten innerhalb von sieben Tagen, was deutschen Unternehmen sicherlich geholfen hat.„Wir hatten im deutschen Transportgewerbe in den Jahren 2009 und 2010 eine Insolvenzwelle“, sagt Sebastian Lechner, Geschäftsführer des Landesverbandes Bayerischer Transport- und Logistikunternehmen (LBT). Die Ängste vor dem Wegfall des Kabotage-Verbots waren unter den lokalen Transporteuren, die in deutschen Grenzregionen zu den östlichen EU-Staaten ansässig sind, besonders ausgeprägt. Deswegen ist Bayern mit seiner 360 Kilometer langen Grenze zu Tschechien ein Standort, an dem dieses Thema stark diskutiert wird.Insolvenzen durch Wettbewerb„Dieser Anstieg der Insolvenzen war zum einen auf die Wirtschaftskrise und deren Nachwirkungen zurückzuführen, zum anderen jedoch sicher auch auf den gestiegenen Wettbewerbsdruck durch die Unternehmen aus Mittel- und Osteuropa“, sagt Lechner und weist auf die Dominanz der osteuropäischen Transporteure in den aktuellen Statistiken des Bundesamtes für Güterverkehr (BAG) hin: Errechnet man den Anteil, den ausländische Unternehmen an der gesamten Mautkilometerzahl in Deutschland haben, und ordnet sie nach den zehn größten Herkunftsländern, dann befinden sich darunter sämtliche sieben Staaten aus dieser Region. An der Spitze liegen hierbei die Trucker aus Polen. „Hier spielt sicherlich auch die Kabotage eine gewisse Rolle“, fügt Lechner hinzu. Ein direkter Zusammenhang zwischen der Insolvenzstatistik und der Freigabe der Kabotage sei zwar nicht zu erkennen. „Doch hat sich der Preisdruck schon beträchtlich erhöht – und zwar besonders auf den wichtigen innerdeutschen Relationen“, analysiert der Geschäftsführer.Auch Mecklenburg-Vorpommern hat Regionen, die davon stark betroffen sein könnten, weil das Bundesland über eine Grenze zu Polen verfügt. „Solange es genug Transportaufträge für alle gibt, ist die Kabotage, die zusätzlich durch die Osteuropäer gefahren wird, grundsätzlich kein Problem“, erklärt Norbert Voigt, Geschäftsführer vom Verband Spedition und Logistik Mecklenburg-Vorpommern.Seinen Aussagen zufolge wird es nur dann für deutsche Transporteure schwieriger, wenn sich die Marktbedingungen für alle verschlechtern. Wie sich der Wegfall des Kabotage-Verbots konkret ausgewirkt hat, lasse sich nur schwer abschätzen. „Denn wir alle hatten in der Vergangenheit stark mit der Krise zu kämpfen, die alles überdeckt hat“, fügt er hinzu und gibt noch einen deutlichen Hinweis: „Im Übrigen wird die Kabotage von Behörden wie dem BAG kaum kontrolliert und schon gar nicht verfolgt.“ Auch die Polen bewerten die Kabotage weniger dramatisch – nicht zuletzt deswegen, weil es nach wie vor Beschränkungen gebe: „Die Transportunternehmen müssen doch in Deutschland über bestimmte Zertifikate sowie über zusätzliche Versicherungen verfügen“, sagt Marek Pomian-Biesiekierski, zuständiger Direktor fürs operative Geschäft beim polnischen Logistiker Pekaes. Der Manager spielt darauf an, dass dadurch nicht jedes ausländische Unternehmen automatisch Kabotage fahren kann – der Freigabe zum Trotz. Sein Dienstleister gehört mit jährlichen Erlösen von rund 400 Millionen Zloty (100 Millionen Euro) zu den größten Logistikern in Polen.„Wir wollen mit Kabotage weitestgehend Leerfahrten vermeiden“, erklärt Pomian-Biesiekierski. Er betrachtet die Fahrten nicht als gesonderte Dienstleistung im Gesamtangebot.„Aufgrund der restriktiven rechtlichen Vorschriften in Deutschland, die Fahrten ausländischer Unternehmen regeln, kann man sowieso nur schwer von einem neuen gezielten Markt für polnische Transport- und Logistikfirmen sprechen“, sagt er. „Auch wenn die Preise, die man in Deutschland mit Kabotage erzielen kann, natürlich oft besser sind als zu Hause.“Kabotage nicht immer attraktiv„Selbstverständlich begrüßen wir grundsätzlich den Wegfall dieses Verbots“, macht Jan Medved klar, Sprecher der tschechischen Straßengüter-Verkehrsvereinigung Cesmad Bohemia. „Es sieht aber ganz danach aus, dass es keinen dramatischen Anstieg von Kabotage-Fahrten unserer Unternehmen im Ausland gegeben hat – auch wenn wir keine genauen Zahlen haben“, sagt er. „Diejenigen tschechischen Transporteure, die eine Kabotage-Fahrt in Deutschland von Zeit zu Zeit unternehmen wollten, haben davon oft Abstand genommen, weil die Versicherungspreise dafür zu hoch sind“, erklärt Medved. Es sei auch keine höhere Aktivität ausländischer Firmen in Tschechien zu sehen gewesen.Trotzdem blickt der Geschäftsführer der LBT, Sebastian Lechner, skeptisch in die Zukunft: „Große Sorge bereitet uns die Perspektive 2012, wenn auch die Unternehmer aus Bulgarien und Rumänien in Deutschland Kabotage betreiben dürfen“, sagt er. Im Umfeld einer sehr robusten Wirtschaftskonjunktur möge das noch halbwegs verkraftbar sein. „Wenn jedoch die Wirtschaft im Jahr 2012 nicht mehr mit der jetzigen Dynamik wachsen wird, befürchten wir eine weitere Verschärfung dieses Wettbewerbsdrucks.“ Und auch er gibt wie sein Kollege Norbert Voigt aus Mecklenburg-Vorpommern einen deutlichen Hinweis an das BAG: „Verdachtsfällen illegaler Kabotage muss konsequent nachgegangen werden – auch im Wege von Betriebskontrollen aufseiten der Versender.“ ❙❚■ Sebastian BeckerOsteuropäer dürfen nur drei Kabotage-Fahrten innerhalb von sieben Tagen erbringen„Befürchtungen der Deutschen unbegründet“Wie die Polen die Freigabe der Kabotage sehen, verrät Marek Tarczynski, der Vorstandsvorsitzende vom Spediteursverband PISIL, im Gespräch mit der VerkehrsRundschau.Welche Zwischenbilanz ziehen Sie?Marek Tarczynski: Mit Sicherheit hat sich die Freigabe der Kabotage in Deutschland positiv auf den polnischen Markt ausgewirkt. Doch man sollte nicht vergessen, dass diese Freigabe in beiden Richtungen gilt: nämlich auch für die deutschen Transporteure auf dem polnischen Markt. Wie bewerten Sie die Auswirkungen für Polen in Deutschland? Generell sind die Dienstleistungen der polnischen Transporteure zwar wesentlich kostengünstiger als die der deutschen Firmen. Doch bedeutet das nicht automatisch eine höhere Konkurrenzfähigkeit der polnischen Dienstleistungen. Die Unternehmer aus Deutschland achten sehr genau darauf, dass die Marktführerschaft in den Händen einheimischer Firmen bleibt. Das erschwert es erheblich, von den Deutschen Aufträge zu übernehmen sowie die Dienstleistungen in Deutschland auszuführen. „Die Marktbedingungen werden sich für die Deutschen dadurch erheblich verschärfen“, hieß es aber davor in Deutschland und in Österreich. Diese Befürchtungen waren demnach unbegründet? Wenn wir es aus der zeitlichen Perspektive sehen, lassen sich die Befürchtungen unserer Kollegen aus Deutschland und Österreich nicht begründen. Wie gesagt, diese Länder achten sehr darauf, dass die Einheimischen den Markt beherrschen. Außerdem muss man hohe Umweltanforderungen für seine Fahrzeuge erfüllen, wenn man in Deutschland und Österreich fahren will. Im Mai 2010 hat die EU die Regeln noch einmal modifiziert und die Kabotage auf drei Fahrten innerhalb von sieben Tagen begrenzt. Halten Sie dies für gut?Man sollte das nicht aus der Perspektive der polnischen Firmen sehen, sondern auch im Kontext der anderen EU-Staaten. Diese Grundsätze gelten doch für alle. Deswegen ist die Konkurrenz bei der Kabotage doch für alle gleich. Wie sie sich zukünftig auswirkt, wissen wir heute noch nicht. Und es ist schwer, die Entwicklung vorauszusehen. becInterviewMarek Tarczynski

Northvolt: Scholz verteidigt Förderung von Batteriefabriken

Jungheinrich plant Experience Center in Moosburg

Alternative Antriebe: Craiss nimmt zwei E-Trucks in Betrieb

Wirtschaft: Rezession sorgt für schlechtere Zahlungsmoral

Goodyear und Krone Trailer: Nahtlose Integration von Goodyear TPMS Connect

Alle Schlagzeilen

Wegfall Kabotage-Verbot

MEISTGELESEN

Änderung durch EU-Mobilitätspaket: Mitführungspflicht verdoppelt sich

50 Schmitz Cargobull-Auflieger aus Produktionswerk Manchester für die Lockwood Group

DHL, Zufall Logistics und Co: Die Wachstums-Agenda der Unternehmen für 2025

STELLENANGEBOTE

Stellvertretende Leitung (m/w/d) Einkauf & Materialwirtschaft

Sachgebietsleitung Einkauf (m/w/d)

Leiter Logistik Gruppe / Head of Logistics (m/w/d)

Country Manager, Cameroon

Lagerleiter (m/w/d)

WEITERLESEN

NEWSLETTER