Wechselsystem in der Praxis

Wechselsystem in der PraxisKomplexe Kraft für HochprozentigesDer Unternehmer Markus Wackerle rechnet seine Fuhren nach Kubikmetern ab. Entsprechend ist Zeit Geld. Wer allerdings in den Tiroler Bergen Zeit herausfahren will, braucht dafür Kraft und ein Wechsel-system. Wackerle gewährte einen Einblick in die Praxis.Sechzehn Prozent Steigung hat der Zirler Berg, den Transporteure nur mit Ausnahmegenehmigung befahren dürfen. Die hat Markus Wackerle und orderte aus dem Grund einen Actros mit der 598-PS-Spitzenmotorisierung beim Mercedes-Verkäufer Arno Wünsche. Fast kompakt wirkt darauf die 10,5 Kubik fassende Meiller-Stahlmulde mit 5er-Hardox-Boden und zweischaligen 3-mm-QST-500-Wänden. Lächerliche 28 Tonnen kann der 2860 so fahren, bei Bedarf jedoch viel mehr: „Der 2860 hat ein Wechselsystem mit Sattelplatte. Da hängen wir einen Dreiachs-Tieflader zum Bagger- oder Maschinentransport an, wo es mit 50 Tonnen den Zirler Berg hochgeht“, erklärt Wackerle, der seine Fahrten nach transportiertem Volumen und nicht nach Zeit abrechnet. Den Zirler Berg zieht er auch den Schwarzmüller-Sattel hoch, woraus im Laufe eines Tages durch die höhere Transportgeschwindigkeit eine Tour extra wird. Als dritte Aufgabe müssen Pistenraupen ins Hochgebirge, wozu man ebenfalls Kraft braucht. Im Winter fährt der 2860 mit dem Kipper Schnee. Aufgrund des hohen Gewichtes genügt dafür die kleine Mulde, die Wackerle am liebsten mit Aluwänden bestellt hätte. Als er Meiller-Verkäufer Martin Dorfer verriet, dass er manchmal Abbruch fährt, der auch Eisen enthalten kann, bestand der jedoch auf Stahl, ließ sich aber einen Kniff einfallen: Durch die Konfiguration als verstärkte Zweiachsmulde holte Dorfer wieder 400 Kilo Nutzlast zurück. Außerdem baut er damit acht bis zehn Zentimeter niedriger, was der Standsicherheit zugutekommt. Das freut auch die Fahrer der Minibagger, die im Ernstfall aus eigener Kraft ohne Rampe auf die Ladefläche krabbeln müssen.Der Service als Zünglein an der WaageVorgänger des Daimler war ein Volvo mit 660 PS, den sich Wackerle wegen Lieferproblemen damals schließlich aus Island besorgte. Außerdem befinden sich auch noch Scanias im bis dato nordisch orientierten Wackerle-Fuhrpark. Was den örtlichen Mercedes-Händler, die Pappas-Gruppe und ihren Verkäufer Arno Wünsche natürlich umso mehr motivierte: Er konnte trotz der speziellen Ausstattung einen guten Preis realisieren und – in dem Fall sehr wichtig – drei Jahre Garantie auf den Antriebsstrang geben. Nach dem Dreh am Zündschlüssel fällt der 2860 in das (noch) Daimler-typische V8-Leerlaufgrummeln, bevor der Kipper abgestellt und gegen den 20-Kubik-Schwarzmüller-Sattel getauscht wird. In dem Fall hebt das Wechselsystem nur vorne ein Stempelpaar, während hinten die Luftfederung für genügend Abstellhöhe sorgt. Entsprechend genügen zwei Hebel: Einer für die Stempel, der andere für die Verriegelung. Anschließend nimmt man die Sattelplatte, verriegelt und sattelt den Kipper auf. Unbeladen fährt sich der 60er wie ein PKW: Zwar muss Powershift beim ersten Anfahren noch erkennen, dass praktisch keine Last zu schultern ist und schaltet noch etwas zögerlich hoch. Auch anfahren könnte der 60er einen Gang höher, was nach dem nächsten Stopp auch passiert. Dann „fliegt“ der 60er förmlich durch die Gänge und auf die Bundesstraße hinaus. US-Feeling kommt beim Bremsen auf: Eine Anhängerstreckbremse hilft im Ernstfall, den Zug nicht einknicken zu lassen. Außerdem ist natürlich ein Retarder an Bord. Begeisterung kommt auch beim Schalten auf, wenngleich sich Powershift wegen des Neigungswinkelsensors schon bei leichten Steigungen weigert, den zwölften Gang einzulegen, obwohl das problemlos möglich wäre. Ansonsten das gewohnte Programm: Es lässt sich fein rangieren und bergab sorgt der Neigungswinkelsensor schon bei leichten Gefällen dafür, dass der 60er nicht in den Ecoroll-Modus geht. Denn obwohl der Zirler Berg erst nach zwei Kilometern um 16 Prozent fällt, muss man schon oben auf die Geschwindigkeit achten: „Wer hier schon zu schnell ist, hat weiter unten keine Chance mehr“, wissen Wackerle und seine Kollegen. Und unbeladen ist man mit dem 2860 schnell zu schnell … ❙❚■ Gregor SollerFlexibel: Der Meiller-Wechselrahmen kann gegen den Schwarzmüller-Sattel getauscht werdenNothebel: Griff für die AnhängerstreckbremseVollausstattung: 2860 als Fahrerbelohnungbranchen-spezialSolider Unterbau beim Meiller-RahmenKraftwerk: Der V8 leistet 2800 Nm bei 1080/minKönig Kunde: Martin Dorfer, Markus Wackerle und Arno Wünsche (von links) vor der Maßanfertigung Abfahrt: Der 2860 am Beginn des Zirler BergesWechselsystem in der Praxis

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